Die Organschaft: Neues Konzept für organschaftliche Mehr- bzw. Minderabführungen durch das KöMoG

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veröffentlicht am 21. Februar 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Das Gesetz zur Modernisierung der Körperschaftsteuer (KöMoG) beinhaltet eine wichtige Neuerung für die Behandlung organschaftlicher Mehr- und Minderab­führungen. Das Gesetz sieht eine Abkehr von der bisherigen Ausgleichspostenlösung beim Organträger vor. Diese bisher geltende Methode wird ersetzt durch die sog. Einlagelösung. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick, welche konkreten Konsequenzen und mögliche drohende Steuerbelastungen damit einhergehen können.
  

  

Die Organgesellschaft ist durch den mit dem Organträger abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrag verpflichtet, ihren gesamten Handelsbilanzgewinn abzuführen. Wie hoch der steuerliche Bilanzgewinn und damit das dem Organträger zuzurechnende steuerpflichtige Ergebnis der Organgesellschaft ausfällt, ist dabei unerheblich.
 
Um eine Einmalbesteuerung aller organschaftlichen Erträge beim Organträger sicherzustellen, bedarf es der Regelungen zu den sog. Mehr- bzw. Minderabführungen. Sofern der abgeführte handelsbilanzielle Gewinn das steuerlich relevante Ergebnis übersteigt, spricht man von einer Mehrabführung. Ist der Steuerbilanzgewinn hingegen höher als das handelsbilanzielle Ergebnis, so liegt eine Minderabführung vor.
 
Die Mehr- oder Minderabführungen sind nach deren zeitlicher Entstehung in vororganschaftlich  bzw. organ­schaftlich bedingt zu differenzieren. Hinsichtlich der vororganschaftlichen Abweichungen ergeben sich durch das KöMoG keine Änderungen. Sie gelten wie bisher als Gewinnausschüttung bzw. Einlage zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft. Dagegen haben sich bei der Behandlung organschaftlicher Mehr- oder Minderabführungen durch den neuen Gesetzesentwurf weitreichende Änderungen ergeben. 
 

Bisherige Rechtslage

Nach der bisherigen Rechtslage hat der Organträger in seiner Steuerbilanz im Falle organschaftlicher Minder­abführungen einen aktiven und im Falle organschaftlicher Mehrabführungen einen passiven steuerlichen Ausgleichsposten  zu bilden. Der organschaftliche Ausgleichsposten ist in Höhe des Betrags zu bilden, der dem Verhältnis der Beteiligung des Organträgers am Nennkapital der Organgesellschaft entspricht. Die Bildung der Ausgleichsposten erfolgt mittels außerbilanzieller Korrektur einkommensneutral. Der Beteiligungsbuchwert in der Steuerbilanz des Organträgers wird dabei grundsätzlich nicht unmittelbar berührt. Auf Ebene der Organgesellschaft führen organschaftliche Mehr- bzw. Minderabführungen zu einem Abgang bzw. Zugang zum steuerlichen Einlagekonto nach § 27 Abs. 6 KStG. Dabei kann der Bestand des steuerlichen Einlagekontos auch negativ werden.
 
Erst bei der Veräußerung der Organbeteiligung oder vergleichbaren Sachverhalten sind die organschaftlichen Ausgleichsposten ertragswirksam aufzulösen.
 

Neue Rechtslage

Für organschaftliche Mehr- oder Minderabführungen, die nach dem 31. Dezember 2021 erfolgen, gilt die neu eingeführte Einlagelösung. Sie bewirkt im Gegensatz zur bisherigen Ausgleichspostenbildung eine direkte Verringerung oder Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts in der Steuerbilanz.
 
Nach dieser Methode gelten Mehrabführungen der Organgesellschaft künftig als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger. Neben der Minderung des steuerlichen Einlagekontos als Direktzugriff bewirkt die Mehrabführung eine unmittelbare, erfolgsneutrale Herabsetzung des Beteiligungsbuchwerts an der Organgesellschaft. Soweit die Mehrabführung jedoch den Beteiligungsbuchwert übersteigt, kommt es – im Gegensatz zur alten Rechtslage – sofort zu einem steuerpflichtigen Beteiligungsertrag (da der Beteiligungs­buchwert nicht negativ werden darf). Der Beteiligungsertrag unterliegt den Regelungen des Teileinkünfte­ver­fahrens bzw. des § 8b KStG.
 
Minderabführungen der Organgesellschaft sind wie bisher als Ein¬lage durch den Organträger in die Organ­gesellschaft zu behandeln. Hierdurch wird das steuerliche Einlagekonto erhöht. Daneben erhöhen Minder­ab­führungen unmittelbar den Beteiligungsbuchwert an der Organgesellschaft. Inwieweit bzw. auf welchem Wege die grundsätzlich steuerbilanziell ertragswirksame Beteiligungsbuchwerterhöhung korrigiert wird, ist bislang noch ungeklärt (in Frage kommen ein innerbilanzieller oder ein außerbilanzieller Korrekturmecha­nis­mus).
 
Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage sieht die Einlagelösung zudem vor, dass die Mehr- oder Minder­ab­führungen in voller Höhe berücksichtigt werden, d.h. unabhängig von der tatsächlichen prozentualen Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft. Zudem mindern organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto künftig vorrangig vor anderen Leistungen.
 
Der Übergang von der bisherigen Ausgleichspostenmethode zur Einlagelösung dürfte in vielen Fällen eine Steuerbelastung bewirken, und zwar dann, wenn passive Ausgleichsposten auf Ebene des Organträgers gebildet wurden. Nach dem bisherigen Ausgleichspostensystem mussten diese erst bei der Veräußerung der Organschaftsbeteiligung (oder gleichgestellten Vorgängen) erfolgswirksam aufgelöst werden. Dem Steuerpflichtigen wurde insoweit eine Steuerstundung gewährt.
 
Durch die Neureglung sind gebildete aktive und passive Ausgleichsposten in dem Wirtschaftsjahr, das nach dem 31. Dezember 2021 endet, zwingend aufzulösen (sog. Zwangsauflösung). Während aktive Ausgleichsposten den Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft erhöhen, führt die Auflösung von passiven Ausgleichsposten zu einer Minderung des Beteiligungsbuchwerts. Übersteigen passive Ausgleichsposten die Summe aus Betei­ligungsbuchwert und aktiven Ausgleichsposten, führt das grundsätzlich zur sofortigen Gewinnver­wirklichung (unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bzw. des § 8b KStG). Der Gesetzgeber räumt dem Steuer­pflichtigen für den überschießenden Betrag jedoch ein Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage ein, die im Jahr der Bildung und in den darauffolgenden neun Jahren jeweils zu einem Zehntel gewinnwirksam aufzulösen ist. Sofern die Beteiligung veräußert oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang eintritt (z.B. Umwandlung oder verdeckte Einlage), hat das die vollständige gewinnwirksame Auflösung der dann noch bestehenden Rücklage zur Folge. Auch bei der Auflösung der Rücklage gelangen das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG zur Anwendung.
 

Fazit und Praxishinweise

Insgesamt ist der beabsichtigte Systemwechsel von der Ausgleichsposten- zur Einlagelösung vor dem Hintergrund einer Komplexitätsreduktion zu begrüßen. Die im Zuge des Wechsels durch die Zwangsauflösung im Falle hoher passiver Ausgleichsposten entstehende, ggf. nicht unerhebliche Steuerbelastung sowie die künftige Sofortbesteuerung von Mehrabführungen, die den Beteiligungsbuchwert übersteigen, stellen jedoch einen großen Nachteil dar. Weiterhin bedarf es noch einer Klarstellung, wie die Erhöhung des Beteiligungs­buch­werts der Organbeteiligung aufgrund organschaftlicher Minderabführungen steuerneutral abgebildet werden soll.
 
Betroffene Organschaftsstrukturen müssen in dem Wirtschaftsjahr, das nach dem 31. Dezember 2021 endet, die Auflösung der Ausgleichsposten korrekt und fristgerecht vornehmen. In der Praxis sollte nun insbesondere geprüft werden, ob die bisher bilanzierten Ausgleichsposten dem Grunde und der Höhe nach korrekt ermittelt wurden. In dem Zuge sollte vor dem Hintergrund der Steuer- und Liquiditätsplanung außerdem ermittelt werden, ob und in welchem Maße passive Ausgleichsposten die Aktivbeträge übersteigen. Sollte sich ein wesentlicher steuerpflichtiger Gewinn durch die Zwangsauflösung ergeben, wäre im Einzelfall zu prüfen, ob ggf. proaktive Maßnahmen, wie beispielsweise frühzeitige Einlagen in die Kapitalrücklage der Organgesell­schaft zur Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts auf Ebene des Organträgers, Abhilfe schaffen könnten.

 

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Maike Plan

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