Arbeitsrechtliche Stolpersteine bei der Post Merger Integration

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zuletzt aktualisiert am 3. Februar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Personalthemen stehen bei vielen Transaktionen zunächst nicht im Mittelpunkt. Umso mehr Wert sollte auf sie bei der Post Merger Integration gelegt werden.


Die Herausforderung, die eine Integration zweier unterschiedlicher Betriebe mit sich bringt, zeigt sich oftmals bereits daran, dass unterschiedliche Regelungen zu Urlaub, Vergütung von Überstunden oder Umfang der Arbeitszeit bestehen. Klassische Arbeitnehmerthemen, die mit viel Leidenschaft verfolgt werden. Unter­schied­liche Regelungen führen dann schnell zu erheblichem Unmut bei der Belegschaft und ggf. in Konsequenz zu Personalschwund. Dasselbe gilt für betriebliche Übungen wie z.B. Betriebsfeiern, die Zahlung von Weih­nachts­geld und Jubiläumsprämien. Auch hier sollte beim Zusammenschluss von zwei Betrieben ein einheit­licher Konsens herbeigeführt werden.


Des Weiteren ist zu prüfen, welche Auswirkungen die Transaktion auf bestehende Gremien, wie z.B. einen Betriebsrat hat. Bleibt er bestehen? Ist eine Neuwahl durchzuführen? Ist künftig ein Gesamt- oder Konzern­betriebsrat zu errichten? Wird ein Wirtschafts­ausschuss benötigt? Zudem sind bestehende Betriebsvereinba­rungen z.B. zur Arbeitszeiterfassung, flexibler Arbeitszeit, IT-Systemen, Nutzung von Internet und E-Mail etc. in Einklang zu bringen. Ebenso ist zu untersuchen, ob freiwillige Betriebs­verein­barungen z.B. zum Gesundheits­schutz, Dienst­fahrrad oder Home-Office bestehen und wie mit den Themen künftig umzugehen ist.


Auch das Tarifrecht spielt oftmals eine zentrale Rolle, insbesondere dann, wenn eine Bindung an unterschied­liche Tarifverträge besteht oder ein Unternehmen tarifgebunden ist und das andere nicht. Es sollte weiterhin geklärt werden, ob eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband beibehalten oder begründet werden soll. Zudem erfolgt der Einsatz von Leiharbeitnehmern, freien Mitarbeitern oder Beratern oftmals nach unterschiedlichen Kriterien. Auch hierzu sollte ein gemeinsames Verständnis bestehen.


Ein Thema, das jüngst viel Aufmerksamkeit erregt und Aufwand erzeugt hat, ist der Beschäftigtendatenschutz. Es gibt immer noch zahlreiche Unternehmen, die sich der Sache trotz der hohen Bußgeldtatbestände nicht angenommen haben. Besteht ein unterschiedliches Schutzniveau, droht ebenfalls Ungemach. Schließlich existieren oftmals auch unterschiedliche Arten der betrieblichen Altersversorgung. Verschiedene Systeme von Pensionskassen, Pensionszusagen, Entgeltumwandlungen und Zuschüssen zu Direktversicherungen sollten harmonisiert werden, um operativ handlungsfähig zu bleiben.

 

Erfolgreiche M&A-Transaktionen lassen Personalthemen nicht außer Acht

Auch wenn Unternehmen M&A-Transaktionen immer erfolgreicher managen, bleiben viele Deals hinter den Ursprungserwartungen zurück, da Themenfelder wie Retention Programme für Schlüsselpersonen, klare Mitarbeiterzuordnung während und nach der Transaktion, kulturelles Alignment, etc. vernachlässigt und hinten angestellt werden. Werden die sog. „people issues” bei M&A-Transaktionen außer Acht gelassen, so leiden langfristig das Engagement und dadurch auch die Produktivität der Mitarbeiter. Essenziell im gesamten Integrationsprozess ist, dass strategische Entscheidungen, die personalwirtschaftliche Veränderungen für die Mitarbeiter mit sich bringen, zügig getroffen und transparent kommuniziert werden. Veränderungsbegleitende Maßnahmen müssen detailliert geplant werden, HR und Führungskräfte als Vorbilder fungieren und über wesentliche Change Management Fähigkeiten verfügen, um den Veränderungsprozess erfolgreich zu steuern und positiv zu begleiten.


Wichtig ist es im ersten Schritt, eine gewisse Akzeptanz auf beiden Unternehmensseiten zu erreichen. Das kann v.a. durch persönlichen Kontakt und gemeinsame Erlebnisse sichergestellt werden. Eine konkrete Maßnahme ist z.B. ein Startworkshop, der unmittelbar nach dem Closing angesetzt werden kann. Ziel ist ein intensives Kennenlernen aller beteiligten Führungskräfte sowie die Erarbeitung der anstehenden gemeinsamen Integra­tionsaufgaben. In solch einem Workshop, der sich über ein bis zwei Tage erstrecken kann, soll verdeutlicht werden, dass die neuen Ziele nur mit allen Beteiligten erreicht werden können und Erfahrung und Wissen von beiden Unternehmensseiten gleichermaßen von Bedeutung sind.


Wie bereits anfangs geschildert, stellt der Zusammenschluss von zwei Betrieben mit unterschiedlichen Arbeits­weisen, Systemen, Regelungen und Prozessen eine große Herausforderung dar. Ein beliebter Ansatz bei der Harmonisierung von HR-Systemen und -Prozessen ist oftmals der „best-of-both”-Weg. Er vereint bestehende Prozesse – die nachweislich funktionieren – und es werden Prozesse aus beiden Unternehmen gleichermaßen übernommen. Je nach Veränderungsbereitschaft der Unternehmen, kann es aber auch förderlicher sein, externe Best Practice Ansätze anzuwenden und im Zweifel Systeme und Prozesse komplett neu aufzusetzen. Eine Orientierung an etwas Neuem ist oftmals einfacher für Mitarbeiter zu akzeptieren, als das vermeintlich „bessere” der anderen Partei.

 

Fazit

Aus der Vielzahl der angesprochenen Aspekte lässt sich erkennen, wie wichtig Personalthemen für eine erfolgreiche Umsetzung der Transaktion sind. Wird sich darum nicht gekümmert, droht Unzufriedenheit in der Belegschaft und operatives Chaos, was den Erfolg der Transaktion nachhaltig gefährden kann. Essenziel für den Transaktions- und Integrationserfolg ist die Steuerung und Involvierung von wichtigen Interessensgruppen (Führungskräfte, Betriebsrat, etc.) und dabei auch die Implementierung eines fortlaufenden Kommunikations­prozesses mit den Mitarbeitern.

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Dr. Christoph Kurzböck, LL.M. (Lyon)

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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