Stufenweise Absenkung des Körperschaftsteuersatzes – Latente Steuern im Fokus

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 4. September 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten 

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Im Rahmen des Koalitionsvertrags 2025 haben CDU/CSU und SPD eine umfassende Unternehmenssteuerreform angekündigt. Ein zentrales Element dieser Reform ist die schrittweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes von derzeit 15 % auf 10 % bis zum Jahr 2032. Die Reduktion erfolgt in fünf jährlichen Schritten ab dem Veranla­​gungs­zeitraum 2028 und ist in § 23 Abs. 1 KStG geregelt. Für Unternehmen stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, was dies für die Bewertung latenter Steuern nach HGB und IFRS bedeutet.
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Gesetzesänderung zur Körperschaftsteuer

​​Zur Umsetzung der Senkung der Körperschaftsteuer hat das Bundeskabinett am 4. Juni 2025 den Entwurf für ein „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ beschlossen. Nach der Zustimmung durch den Bundestag am 16. Juni 2025 und den Bundesrat am 11. Juli 2025 trat das Gesetz am 19. Juli 2025 in Kraft. Durch die Reduzierung der Unternehmens­steuer­belastung soll die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gestärkt werden.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Körperschaftsteuersätze, die sich aus der stufenweisen Reduktion ergeben:
 
​VERANLAGUNGSZEITRAUM
​KÖRPERSCHAFTSTEUERSATZ
​VZ 2027
​15 %
​VZ 2028
​14 %
​VZ 2029
​13 %
​VZ 2030
​12 %
​VZ 2031
​11 % 
​Ab VZ 2032
​10 %


​Durch die Kopplung des Solidaritätszuschlags an die festgesetzte Körperschaftsteuer (§ 3 SolZG) fällt die steuerliche Gesamtentlastung für Unternehmen ab dem Jahr 2032 sogar etwas höher aus – insgesamt rund 5,3 % statt der ursprünglich angenommenen 5 %. Dies ergibt sich aus der proportionalen Reduktion des Solidaritätszuschlags infolge der gesenkten Körperschaftsteuer.

Auswirkungen auf die Bewertung latenter Steuern

Die geplante Steuersenkung hat direkte Auswirkungen auf die Bewertung latenter Steuerpositionen nach HGB und IFRS. Nach § 274 Abs. 2 S. 1 HGB sowie nach IAS 12.47 sind latente Steueransprüche und -schulden mit den Steuersätzen zu bewerten, die im Zeitpunkt der Umkehr der Differenz gelten. Diese Regelung stellt sicher, dass die Bewertung latenter Steuern die zukünftige steuerliche Realität widerspiegelt.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur künftigen Senkung des Körperschaftsteuersatzes sind daher die bilanzierten latenten Steuern neu zu bewerten. Die Berücksichtigung der zukünftigen Steuersätze ist nach IFRS dann erforderlich, wenn das Gesetzgebungsverfahren als „substantively enacted“, d. h. als im Wesentlichen abgeschlossen, gilt (vgl. IAS 12.47 f.). Dies ist in Deutschland mit dem Beschluss durch den Bundesrat der Fall. Die Zustimmung des Bundesra-tes ist auch nach DRS 18.48 für handelsrechtliche (Konzern-)Abschlüsse maßgeblich, sodass sich hier keine Unterschiede zwischen HGB und IFRS ergeben. Dementsprechend sind die reduzierten Körperschaftsteuersätze für alle Bewertungsstichtage nach diesem Datum anzuwenden. Für Unternehmen mit einem Bilanzstichtag zum 31. Dezember 2025 bedeutet dies, dass die Bewertung der latenten Steuern bereits im Abschluss zum Geschäftsjahr 2025 an die künftig geltenden Steuersätze angepasst werden muss. Die latenten Steuerposten sind somit unter Berücksichtigung der stufenweisen Körperschaftsteuer­senkung neu zu ermitteln, um die zukünftige steuerliche Realität korrekt abzubilden.

Dies stellt für deutsche Unternehmen einen Paradigmenwechsel dar. Während bislang aufgrund des einheitlichen Steuersatzes auf eine Detailanalyse zum Zeitpunkt der Umkehr der temporären Differenzen verzichtet werden konnte, wird nun eine entsprechende Prognose erforderlich. 

Praktische Herausforderungen und Lösungsansätze

Die praktische Schwierigkeit besteht für Unternehmen darin, dass die eingesetzte Software und die IT-Systeme möglicherweise nicht darauf ausgelegt sind, unterschiedliche Umkehrungszeitpunkte der temporären Differenzen zu berücksichtigen und in Abhängigkeit davon unterschiedliche Steuersätze zu verwenden. Neben der inhaltlichen Herausforderung der Schätzung der erwarteten Umkehrzeitpunkte, geht mit der Gesetzes­änderung somit auch die technische Herausforderung der Umsetzung einher. Unternehmen müssen ggf. entweder Systemanpassungen implementieren oder manuell aufwendige Nebenrechnungen durchführen.

Die pauschale Verwendung eines Durchschnittssteuersatzes gemäß IAS 12.49 bzw. DRS 18.44 über mehrere Jahre ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, da es sich nicht um einen progressiven Tarif innerhalb eines Jahres handelt, sondern um eine zeitlich gestaffelte Änderung des Steuersatzes. Die Nutzung von Durchschnitten ist daher allenfalls unter Wesentlichkeitsaspekten möglich und bedarf einer sorgfältigen Analyse im Einzelfall. Es ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen detailliertere Ermittlungen erforderlich werden, z. B. über Segmentierungen anhand der betroffenen Bilanzposten. Im Fall von unterschiedlichen Abschreibungssätzen beispielsweise wird dies jedoch nicht genügen, da sich die entsprechenden temporären Differenzen über einen Zeitraum auflösen. So können präzise Berechnungen erforderlich werden, was in vielen Fällen die Notwendig­keit für eine Erweiterung bestehender Software- und IT-Lösungen mit sich bringt.

Fazit

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Herausforderungen sollten Unternehmen  die Auswirkungen der Körperschaftssteuerreform auf die Bewertung latenter Steuern frühzeitig analysieren und das Ausmaß der erforderlichen Anpassungen bestimmen. Dies ermöglicht es, rechtzeitig passgenaue Lösungen für eine effiziente Datengenerierung zu finden und umzusetzen. ​

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