Rückstellungen für Stilllegung und Rückbau von Gasnetzen – Regulatorik und Handelsrecht im Vergleich

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 1. Oktober 2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten

Am 18.06.2025 veröffentlichte die Bundesnetzagentur den Festlegungsentwurf zum Regulierungsrahmen und zur Methode der Anreizregulierung für Gasverteiler- und Fernleitungsnetzbetreiber („RAMEN Gas“) zur Konsultation. Der Entwurf sieht vor, dass Kosten für Rückstellungen im Zusammenhang mit der Stilllegung und dem unvermeidbaren Rückbau von Gasnetzen künftig als nicht-effizienzrelevante Kosten in der Netzentgeltkalkulation berücksichtigt werden dürfen. Die konkreten Voraussetzungen hierfür sollen in einer separaten Festlegung geregelt werden.

Regulatorische und handelsrechtliche Unterschiede

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) weist in seiner Stellungnahme an die Bundesnetzagentur vom 25. Juli 2025 auf mögliche Abweichungen zwischen der regulatorischen und handelsrechtlichen Behandlung solcher Rückstellungen sowie auf daraus ggf. resultierende Finanzierungsprobleme hin. Bilanziell ist für die Verpflichtung zur Stilllegung und gegebenenfalls zum Rückbau identifizierter Netzteile grundsätzlich durch die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Vorsorge zu treffen. Handelsrechtlich sind Rückstellungen bereits dann zu bilden, wenn eine Außenverpflichtung besteht und mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Trotz bestehender Rückbauverpflichtungen (Außenverpflichtungen) wurde bislang häufig auf eine Rückstellungsbildung verzichtet, da die Gaswirtschaft von einer dauerhaften Gasversorgung und einem fortlaufenden Netzausbau ausging („Ewigkeitsvermutung“). Die bisherige „Ewigkeitsvermutung“ der Gasversorgung gilt angesichts der Klimaziele bis zum Jahr 2045 als überholt. Der Bilanzierende muss am Abschlussstichtag im Einzelfall beurteilen, ob mit einer Inanspruchnahme aus Rückbauverpflichtungen ernsthaft zu rechnen ist. Dabei sind auch mögliche Duldungspflichten der Grundstückseigentümer zu berücksichtigen, die eine Inanspruchnahme des Gasnetzbetreibers ausschließen.

Regulatorisch hingegen verlangt der Entwurf „RAMEN Gas“ für die Anerkennung der Rückstellungen zusätzliche Bedingungen: etwa konkrete Hinweise darauf, dass Grundstückseigentümer den Rückbau tatsächlich verlangen. Diese Anforderungen gehen über das handelsrechtlich Erforderliche hinaus. Darüber hinaus wird die handelsrechtliche Bewertung unabhängig von den regulatorischen Vorgaben erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist derzeit nicht auszuschließen, dass Rückstellungen für Stilllegungs- und Rückbaukosten im handelsrechtlichen Abschluss künftig früher und abweichend zur regulierten Netzentgeltkalkulation anzusetzen und zu bewerten sind.

​Fazit

Das IDW weist in seiner Stellungnahme auf die Dringlichkeit einer gesetzlichen Verankerung einer Duldungspflicht der stillgelegten Leitungen hin. In diesem Fall wären nur Rückbauverpflichtungen für solche Einzelfälle zu bilden, in denen ein Verbleib der Leitungen im Boden nicht zumutbar ist. Ohne gesetzliche Klarstellungen zur Duldungspflicht drohen Unsicherheiten in der bilanziellen Behandlung und potenzielle Finanzierungslücken für Gasnetzbetreiber. Eine frühzeitige und konsistente Abstimmung zwischen regulatorischen Vorgaben und handelsrechtlichen Anforderungen ist essenziell und dringend erforderlich. Vor diesem Hintergrund sollten betroffene Unternehmen und deren Berater regulatorische Weiterentwicklung frühzeitig und genau beobachten, um mögliche bilanzielle Auswirkungen rechtzeitig zu analysieren.​​​

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