Destatis korrigiert Erdgaspreisindex nachträglich – Anwender von Preisgleitklauseln sind schon wieder gefordert!

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​Das Statistische Bundesamt hat Indexwerte eines in Fernwärmepreisanpassungsformeln häufig verwendeten Erdgaspreisindex rückwirkend korrigiert. Fernwärmeversorger müssen deshalb jetzt die Auswirkungen des Fehlers auf ihre Preisanpassungs- und Abrechnungspraxis prüfen und gegebenenfalls eine Korrektur- und Kommunikationsstrategie festlegen.

 

Das Problem: Werte des Erdgasindex rückwirkend berichtigt

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht regelmäßig die aktuellen Monatsindexwerte, welche in Vielzahl für die Anpassung von Preisen durch die Ziehung der Preisgleitformel bei Fernwärmeversorgern Verwendung finden. Bei der Berechnung der Indexwerte sind nun nach einer Pressemeldung des AGFW (Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V.) Fehler aufgetreten. Der Rechenfehler bezieht sich auf Werte des Index „Erdgas, Börsennotierung”, welcher in der Fachserie 17 Reihe 2 laufende Nummer 641 (Basis 2015=100) veröffentlicht wird. Konkret betroffen sind dabei die Indexwerte September 2018 bis Mai 2019!

 

Die unrichtigen Indexwerte führen nach unserer Einschätzung dazu, dass der Wärmepreis um ca. 0,1 bis 0,2 Ct/kWh höher ausgewiesen wurde, als mit einer Preisanpassung unter Verwendung der jetzigen, korrigierten Werte tatsächlich richtig ist. In der nachfolgenden Abbildung sind beide Indexverläufe gegenüber gestellt.

 

 Indexentwicklung vom Erdgas Börsennotierung.png

Indexentwicklung vom Erdgas Börsennotierung, Fachserie 17, Reihe 2, lfd. Nr. 641 von Januar 2018 bis Juni 2019 (destatis)

 

Die Ermittlung des Index erfolgt über die Preise des Future- und Spotmarkts der Erdgasbörse Powernext. An dieser werden für die Markgebiete NCG und Gaspool Day-Ahead Spotmarktpreise und die Terminpreise für Monats-, Quartals-, Saison-, und Jahreskontrakte (für Folgeperiode) ermittelt.

 

Wer ist betroffen?

Alle Fernwärmeversorger die ihre Preise aufgrund von Preisgleitformeln anpassen und den Index für „Erdgas, Börsennotierung” verwenden, können von der rückwirkenden Berichtigung betroffen sein.
Ganz konkret geht es um die Versorger, welche im Zeitraum vom 01.10.2018 bis 31.05.2019 ihre Preise angepasst UND für die Berechnung Indexwerte (Erdgas, Börsennotierung) vom September 2018 bis Mai 2019 verwendet haben.

 

Für Fernwärmekunden wirkt sich der Fehler nur geringfügig aus. Preisanpassungen finden in der Fernwärmewirtschaft in der Regel zum 01.10. oder 01.01. eines Jahres statt. Dabei werden zunächst Abschläge gezahlt, die erst im Nachgang zum folgenden Anpassungszeitpunkt endabgerechnet werden. In diesen Fällen besteht deshalb die Möglichkeit, den Fehler mit der Endabrechnung zu korrigieren. Selbst für den in der Praxis seltenen Fall einer Jahresabrechnung auf der Grundlage rückwirkender Preisanpassungen oder der monatlichen Rechnungstellung ohne Abschlagszahlung wirkt sich der Fehler kaum aus: Bei einem durchschnittlichen Haushalts-Fernwärmekunden betragen die Mehrkosten ausgehend von relativen Mehrkosten von 0,1 ct/kWh in dem von dem Fehler betroffenen 9-Monatszeitraum rechnerisch ca. 4,- €/je Kunde. In der Praxis weichen allerdings einige Versorgungssituationen teilweise deutlich von dem „Standard-Kunden” ab. Daher sollten alle betroffenen Versorger spezifische Analysen der Auswirkung auf ihre Kunden vornehmen.
 

Handlungsoptionen

In jedem Fall haben Fernwärmepreise und die Fernwärmepreisanpassung, auch wenn es sich für den einzelnen Kunden oft nur um geringe Beträge handelt, in der Vertriebskommunikation eine hohe Bedeutung. Aufgrund der hohen Risiken aus Preiswiderspruchs-Bürgerinitiativen, Klagen von Verbraucherschutzverbänden und kartellbehördlichen Verfahren, ist gerade der Umgang mit Fehlern – unabhängig ob diese dem Fernwärmeversorger oder Dritten zuzurechnen ist – von überragender Bedeutung für den Unternehmenserfolg.

 

Dabei muss ein Fernwärmeversorgungsunternehmen zunächst den Umfang eines möglichen Fehlers bestimmen. Neben der konkreten Fehlerhöhe ist hier insbesondere die Bestimmung der rechtlichen Risiken aus dem Bestehen möglicher bereicherungs- oder vertragsrechtlicher Rückforderungsansprüche maßgeblich.

 

Weiterhin müssen alle betroffenen Versorger das Vorliegen möglicher Regressansprüche prüfen. Will das Versorgungsunternehmen Regressansprüche verfolgen, sind die eigenen Kosten für die Fehlerkorrektur und Kundenkommunikation sorgfältig zu dokumentieren. Dies erfolgt z. B. durch eine externe Vergabe der Korrekturberechnungen und Geltendmachung von Regressforderungen.

 

Bei der Kundenkommunikation ist Vorsicht in Bezug auf die voreilige Zurückweisung möglicher Rückforderungsansprüche geboten: Öffentliche Aussagen über das Bestehen oder Nicht-Bestehen möglicher Ansprüche unterliegen grundsätzlich dem wettbewerbsrechtlichen Irreführungsverbot. Eine eindeutig falsche Darstellung ist eine irreführende Angabe im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und kann deshalb Abmahnungskostenerstattungs- und Unterlassungsansprüche von Verbraucherverbänden zur Folge haben.

 

Wir verfügen über ein interdisziplinäres Expertenteam aus Betriebswirten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten, die über eine langjährige und breite Expertise zur Kalkulationen von Wärmepreisen, Berechnung und Gestaltung von Preisgleitklauseln und im Bereich wärmevertragsrechtlicher Um- und Durchsetzung von Preis- und Preisanpassungsansprüchen verfügen. Gerne stehen wir kurzfristig zur betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Prüfung der Auswirkung des Destatis-Fehlers auf konkrete Fernwärmepreisanpassungen zur Verfügung.

 

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