Die zweijährige Steuervereinbarung: Analyse der aktualisierten italienischen Vorschriften

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​ veröffentlicht am 15. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 7​ Minuten


Mit dem Gesetzesdekret Nr. 108 vom 05.08.2024 wurden die letzten Änderungen an den Regeln der zweijährige Steuervereinbarung vorgenommen, der mit dem Gesetzesdekret Nr. 13 vom 12.02.2024 eingeführt wurde.​




Die im Februar 2024 eingeführte zweijährige Steuervereinbarung hat sich durch die zahlreichen Änderungen des Gesetzesdekrets1​ Nr. 108/2024, die darauf abzielen, diese Einrichtung attraktiver zu machen und ihre Anwendung besser zu regeln, um Missbrauch oder missbräuchliche Anwendungen zu vermeiden, erheblich verändert.

Dem genannten Gesetzesdekret 108/2024 waren auch der Ministerialerlass vom 14.06.2024 und der Ministerialerlass vom 15.07.2024 vorausgegangen, in denen die Mechanismen zur Berechnung des Einkommens und des Produktionswerts, der Gegenstand des Vergleichs sind, sowie die Bedingungen für die Beendigung der Vereinbarung festgelegt wurden. 

In Anbetracht der vorgenannten Vorschriften geben wir im Folgenden einen Überblick darüber, wie das Rechtsinstitut der zweijährige Steuervereinbarung den Steuerpflichtigen bisher präsentiert wird.

Subjektiver Anwendungsbereich​

Der Zugang zur zweijährige Steuervereinbarung ist im Wesentlichen zwei Arten von Steuerpflichtigen mit gewerblichem Einkommen und selbständiger Tätigkeit vorbehalten:
  • Steuerpflichtige, die die synthetischen Indizes der steuerlichen Zuverlässigkeit anwenden können (auch ISA genannt)2​ 3​;
  • Steuerpflichtige, die unter die Pauschalregelung des Gesetzes 190/2014 fallen, für die die Steuervereinbarung jedoch nur versuchsweise für den Steuerzeitraum 2024 gilt.

Die o.g. Steuerpflichtigen können die Inanspruchnahme der Steuervereinbarung in Erwägung ziehen, wenn sie in dem vorausgehenden Steuerzeitraum auf den sich die Vereinbarung (d.h 2023 für Unternehmen, deren Geschäftsjahr einem Kalenderjahr entspricht):
  1. keine Steuerschulden oder Beitragsschulden haben, die durch ein unwiderrufliches Urteil oder durch nicht mehr anfechtbare Steuerbescheide endgültig festgesetzt wurden;
  2. die vorgenannten Schulden, falls vorhanden, innerhalb der Frist für den Abschluss der Vereinbarung beglichen haben, sofern der Gesamtbetrag der Restschuld, einschließlich Zinsen und Strafen, weniger als 5.000,00 Euro beträgt.

Darüber hinaus sind die folgenden Ausschlussgründe zu berücksichtigen, die die Anwendung der Steuervereinbarung verhindern:
  • für Steuerpflichtige mit Pauschalbesteuerung: 
      1. Überschreitung der Grenze der Einkünfte und Vergütungen in Höhe von 85.000,00 € im Steuerzeitraum 2023
  • für ISA- und Pauschalsteuerpflichtige: 
      1. Nichtabgabe einer Steuererklärung für mindestens einen der drei Steuerzeiträume, die dem Zeitraum vorausgehen, in dem die Vereinbarung gilt;
      2. Verurteilung in den drei Steuerzeiträumen, die der Anwendung der Steuervereinbarung vorausgehen, wegen eines der im Gesetzesdekret 74/2000 genannten Steuerdelikte oder wegen falscher Unternehmensangaben, Geldwäsche, Eigengeldwäsche und Verwendung von Geld, Gütern oder Vorteilen unrechtmäßiger Herkunft;
      3. Aufnahme der Geschäftstätigkeit in dem Steuerzeitraum, der dem Zeitraum vorausgeht, auf den sich der Steuervereinbarungsvorschlag bezieht;
  • für ISA-Steuerpflichtige:
      1. Erzielung von (ganz oder teilweise) steuerfreien, ausgeschlossenen oder nicht mit der Steuerbemessungsgrundlage konkurrierenden Einkünften in dem Vergleichsvorschlag vorausgehenden Steuerzeitraum in einem Umfang, der 40 Prozent der Einkünfte aus der Ausübung eines Gewerbes oder von Künste und Berufe übersteigt;
      2. Teilnahme der Pauschalregelung gemäß Gesetz 190/2014 im ersten von der Steuervereinbarung erfassten Steuerzeitraum;
      3. 3. Verschmelzung, Spaltung, Einbringung oder, im Falle von Personengesellschaften / Berufsvereinigungen, Änderung der Unternehmensstruktur im ersten von der Vereinbarung erfassten Steuerzeitraum.

Beitrittsverfahren

Die Steuerbehörde unterbreitet den Steuerpflichtigen Vorschläge zu den Einkünften für Einkommensteuerzwecke und dem Nettoproduktionswert für IRAP-Zwecke4​ anhand von Daten
  • die von den Steuerpflichtigen durch Ausfüllen bereitgestellt werden:
      1. des Bereichs P des ISA-Formulars 2024 für ISA-Subjekte;
      2. des Bereichs LM des Formulars PF 2024 für Steuerpflichtige, die der Pauschalbesteuerung unterliegen;
  • die in den Steuererklärungen und ISA-Formularen der vorangegangenen Zeiträume enthalten sind;
  • in ihren Datenbanken gemeldet.

In jedem Fall können die Vorschläge von den Steuerpflichtigen nicht geändert werden; sie können sich lediglich darauf beschränken, sie bis zum 31.10.2024 anzunehmen oder abzulehnen.

Im Falle der Annahme des von der Steuerbehörde formulierten Vorschlags verpflichtet sich der Steuerpflichtige in den von der Steuervereinbarung erfassten Steuerzeiträumen:
  • die vereinbarten Beträge in seinen Einkommensteuer- und IRAP-Steuererklärungen zu erklären. Er ist nämlich weiterhin verpflichtet, auch für die der Vereinbarung unterliegenden Zeiträume Einkommenssteuererklärungen und IRAP-Steuererklärungen einzureichen sowie die ISA-Daten auf den entsprechenden Formularen zu melden.

Der Steuerpflichtige:
  • ist weiterhin verpflichtet, die ordentlichen Buchführungspflichten zu erfüllen;
  • hat unabhängig von der erreichten steuerlichen Zuverlässigkeit Zugang zu den Bonusleistungen gemäß Artikel 9-bis Absatz 11 des DL 50/2017;
  • darf keiner analytischen, analytisch-induktiven oder mutmaßlichen und rein gegenstandslosen Prüfung unterzogen werden;
  • kann Zugriffen, Kontrollen oder Prüfungen unterzogen werden, deren Ergebnis zur Verwirkung der Steuervereinbarung führen kann (so dass in diesem Fall erneut induktive und analytische Beurteilungen anwendbar sind)
  • hat die Möglichkeit, das vereinbarte höhere Einkommen einer Ersatzsteuer zu unterwerfen, die auf einer Bemessungsgrundlage berechnet wird, die der Differenz, falls positiv, entspricht zwischen:
      1. den vereinbarten Einkünften aus selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb;
      2. den Einkünften aus selbständiger und gewerblicher Tätigkeit des Zeitraums, der vor dem Zeitraum liegt, auf den sich der Vorschlag bezieht (d.h. die Einkünfte des Steuerzeitraums 2023).

Die Ersatzsteuer wird berechnet, indem auf diese Bemessungsgrundlage ein Steuersatz angewandt wird von:
  1. 3 Prozent für Steuerpflichtige, die unter die Pauschalregelung fallen und sich in den ersten 5 Jahren nach der Gründung ihres Unternehmens befinden („Start-up“-Phase);
  2. 10 Prozent für Steuerpflichtige im Rahmen der Pauschalregelung, die die „Start-up“-Phase verlassen haben, und für ISA-Subjekte, die eine steuerliche Zuverlässigkeitseinstufung von 8, 9 oder 10 haben;
  3. 12 Prozent für ISA-Steuerpflichtige mit einer steuerlichen Zuverlässigkeitsklasse von 6 oder 7;
  4. 15 Prozent für ISA-Unternehmen mit einer steuerlichen Zuverlässigkeitsklasse von 5 oder niedriger.

Für Unternehmen, deren Geschäftsjahr einem Kalenderjahr entspricht, muss die Ersatzsteuer ebenso wie die Einkommenssteuer bis zum 30.06 des Folgejahres entrichtet werden.

Die Steuervereinbarung gilt für zwei Jahre für ISA-Subjekte (d.h. sie gilt für die Steuerzeiträume 2024 und 2025) und jährlich für Pauschalsteuerzahler. Nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums formuliert die Steuerbehörde einen weiteren Vorschlag (zweijährlich bzw. einjährig), sofern der Steuerpflichtige weiterhin die Zugangsvoraussetzungen erfüllt und keine Ausschlussgründe vorliegen.

Festsetzung von Steuervorauszahlungen

Für den ersten Besteuerungszeitraum, in dem die Vereinbarung Anwendung findet, ist ein Steuerzuschlag vorgesehen, wenn die Vorauszahlungen nach der historischen Methode berechnet werden.

Insbesondere muss ein Aufschlag von 10 Prozent​5​ der Differenz, falls positiv, zwischen 
  • dem vereinbarten Einkommen und 
  • dem für den vorangegangenen Zeitraum erklärten und um außerordentliche Posten bereinigten Einkommen aus Gewerbe oder selbständiger Tätigkeit, 
hinzugefügt werden.

Es muss ebenso ein Zuschlag in Höhe von 3 Prozent auf die Anzahlung der IRAP berechnet werden falls eine positive Differenz vorliegt zwischen:
  • dem vereinbarten Nettoproduktionswert
  • dem für den vorangegangenen Zeitraum gemeldeten Nettoproduktionswert, bereinigt um die bereits bei den direkten Steuern berücksichtigten Komponenten.

Der vorgenannte Zuschlag muss bis zum Ablauf der Frist für die Zahlung der zweiten oder einzigen Rate der Vorauszahlung, d.h. bis zum 02.12.2024, gezahlt werden.

Für die Steuerzeiträume, die der Vereinbarung unterliegen, wird die Steuervorauszahlung dagegen auf der Grundlage des vereinbarten Einkommens nach den üblichen Regeln berechnet.

Beendigung oder Verwirkung der Steuervereinbarung​

Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass die Vereinbarung ab dem Besteuerungszeitraum unwirksam wird, in dem die folgenden Ereignisse eintreten:
  • Änderung der Tätigkeit während des Zweijahreszeitraums, für den die Vereinbarung gilt, im Vergleich zu der Tätigkeit, die in dem Steuerzeitraum vor dem Zweijahreszeitraum ausgeübt wurde, es sei denn, auf die neue Tätigkeit wird dasselbe ISA angewendet
  • Beendigung der Tätigkeit;
  • Beitritt zur Pauschalregelung gemäß Gesetz 190/2014;
  • Beteiligung an Fusionen, Spaltungen, Einbringungen oder Änderungen in der Gesellschaftsstruktur von Personengesellschaften/Vereinen;
  • die erklärten Einnahmen oder Vergütungen überschreiten die Grenze von 7.746.853,50 € für ISA-Unternehmen oder 150.000 € für Steuerpflichtige im Rahmen der Pauschalregelung;
  • Überprüfung außergewöhnlicher Umstände, die zu einem niedrigeren tatsächlichen Einkommen oder einem niedrigeren tatsächlichen Nettoproduktionswert von mehr als 30 Prozent im Vergleich zu demjenigen führen, der Gegenstand der Vereinbarung ist.

Anders als Beendigungsgründe wirkt sich die Verwirkung auf beide unter die Steuervereinbarung fallenden Steuerzeiträume aus, unabhängig davon, in welchem Zeitraum der Verstoß stattgefunden hat. Folgende Verwirkungsgründe liegen vor:
  • das Auftauchen von nicht deklarierten Vermögenswerten nach Veranlagung oder das Nichtvorhandensein oder die Nichtabzugsfähigkeit von erklärten Verbindlichkeiten in einer Höhe von mehr als 30 Prozent der erklärten Einnahmen für die Steuerzeiträume, die Gegenstand der Vereinbarung sind, oder für den vorhergehenden Steuerzeitraum;
  • die Abgabe einer ergänzenden Erklärung zur Steuererklärung, in der eine andere Quantifizierung der Einkünfte festgelegt wird als die, auf der die Annahme des Steuervereinbarungsvorschlags beruhte;
  • die Angabe von Daten in der Steuererklärung, die nicht mit denen übereinstimmen, die zum Zweck der Festlegung des Steuervereinbarungsvorschlags mitgeteilt wurden; 
  • die Überprüfung eines Ausschlussgrundes;
  • die Nichtzahlung der sich aus der Steuervereinbarung-Mitgliedschaft ergebenden Steuern, die als Ergebnis der automatisierten Kontrollen gemäß Artikel 36-bis des Präsidialerlasses 600/73 festgestellt wurde
  • das Auftreten eines der in Artikel 22 des Gesetzesdekrets Nr. 13 vom 12.02.2024 vorgesehenen Verstöße von nicht geringer Bedeutung.



[1] Italienisch: ​“Decreto Legislativo“.
[2] Mit den ISA-Indizes wird eine Bewertung der steuerlichen Zuverlässigkeit zwischen 1 und 10 ermittelt, wobei 10 die höchste Stufe der Zuverlässigkeit darstellt.
[3] Ausgenommen von der Regelung sind diejenigen Unternehmen, für die ein Ausschlussgrund von der ISA gilt, da der Gesetzesdekret 13/2024 die effektive Anwendung der ISA vorschreibt.
[4] Regionale Steuer auf Produktionstätigkeiten iHv normalerweise 3,9 Prozent.
[5] ​Für Steuerpflichtige, die der Pauschalregelung unterliegen, beträgt der Zuschlag bei der Anwendung der Ersatzsteuer 3 Prozent, der für neue Tätigkeiten auf 5 Prozent reduziert wird.

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Luca Pagani

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