Geschäftsführer, aufgepasst bei der Ausschüttung von Gewinnanteilen (!)

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​Schnell gelesen:

Die absolute Mehrheit von Gesellschaften ist auf Gewinnerzielung ausgerichtet. Es ist bereits zur Regel geworden, dass Gesellschafter, nachdem die Gesellschaft einen gewissen Gewinn erzielt hat, an diesem Gewinn beteiligt werden. Nicht alle Gesellschafter und Mitglieder der Statutarorgane von Handelsgesellschaften sind sich jedoch der Tatsache bewusst, dass über die Ausschüttung (nicht über die Verteilung) von Gewinnanteilen nicht die Gesellschafter entscheiden und dass diese nicht automatisch erfolgt. Diese Entscheidung obliegt den Mitgliedern der Statutarorgane, wobei dieselben mehrere gesetzliche Pflichten beachten müssen.
​Zur besseren Darstellung werden wir uns nachfolgend mit der Ausschüttung von Gewinnanteilen in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung befassen, die in der Tschechischen Republik die am weitesten verbreitete Form einer Handelsgesellschaft darstellt.

Verteilung und Ausschüttung eines Gewinnanteils – allgemeiner Ablauf

Wie bereits einleitend angedeutet, sind bei der Verteilung und Ausschüttung eines Gewinnanteils der Beschluss über die Gewinnverteilung und der Beschluss über die Ausschüttung eines (bereits verteilten) Gewinnanteils streng voneinander zu unterscheiden. Während die Fassung des Beschlusses über die Gewinnverteilung vollständig der Befugnis der Gesellschafterversammlung obliegt, entscheidet über die Ausschüttung des verteilten Gewinns der Geschäftsführer. Zur Vereinfachung kann der gesamte Ablauf der Gewinnverteilung und -ausschüttung in folgende grundlegende Schritte unterteilt werden:​


  • Erstellung eines Jahresabschlusses bzw. einer Sonderbilanz, in dem/der der zu verteilende Gewinn der Gesellschaft ausgewiesen wird;
  • Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung der Gesellschaft;
  • Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Verteilung des Gewinns;
  • Beschluss des Geschäftsführers über die Ausschüttung eines Gewinnanteils;
  • Ausschüttung eines Gewinnanteils.

Rolle des Geschäftsführers

Über die Ausschüttung des Gewinns entscheidet gemäß dem Gesetz über Handelsgesellschaften Nr. 90/2012 Slg. (nachfolgend nur „Handelsgesellschaftsgesetz”) das Statutarorgan (der Geschäftsführer). Seine Rolle kann jedoch keinesfalls nur darauf beschränkt werden, dass er den Zahlungsauftrag zur Auszahlung des an die Gesellschafter bzw. weitere Personen verteilten Gewinns​ über das Online- Banking der Gesellschaft eingibt. Ein Geschäftsführer als Statutarorgan einer Gesellschaft ist für die Wahrung der Interessen der Gesellschaft und somit auch dafür verantwortlich, dass die Ausschüttung von Gewinnanteilen in Einklang mit dem Handelsgesellschaftsgesetz erfolgt. Falls dies nicht der Fall ist, wird dem Geschäftsführer durch das Gesetz die Gewinnauszahlung ausdrücklich untersagt, und zwar unabhängig davon, welcher Beschluss durch die Gesellschafterversammlung gefasst wurde. Dies bedeutet, dass der Geschäftsführer vor Ausschüttung eines Gewinns zuerst den entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Gewinnverteilung überprüfen muss, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob bei der Gewinnverteilung alle gesetzlichen Bedingungen eingehalten wurden; auf zwei (wahrscheinlich) weniger bekannte Einschränkungen wird nachfolgend hingewiesen. Es müssen jedoch auch weitere Bedingung beachtet werden, einschließlich jener, die im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft festgelegt sind.​


Eine bloße Einhaltung der Frist von 6 Monaten zur Feststellung des Jahresabschlusses genügt nicht

Es dürfte bereits allgemein bekannt sein, dass der Jahresabschluss einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung spätestens innerhalb von sechs Monaten ab dem letzten Tag des abgelaufenen Geschäftsjahres festgestellt werden muss. Es wird jedoch oft vergessen, dass auch der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Gewinnverteilung in derselben Frist gefasst werden muss. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik, die für das Handelsgesellschaftsgesetz anwendbar ist (vgl. das Urteil Aktenzeichen 29 Cdo 4284/2007 vom 30.09.2009), muss spätestens (!) in dieser Frist auch über die Gewinnverteilung entschieden werden. Nach Ablauf dieser Frist kann der Jahresabschluss gemäß der Rechtsprechung des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik den Gesellschaftern kein getreues Bild der Buchhaltung der Gesellschaft mehr vermitteln, um auf dessen Grundlage qualifiziert über die Gewinnverteilung entscheiden zu können. Falls sich die Gesellschafter in der festgelegten Frist nicht auf die Höhe des auszuschüttenden Teils des Gewinns einigen bzw. eine Anforderung auf Auszahlung eines Teils des erzielten Gewinns erst nach Ablauf dieser Frist im Raum steht, kann der Beschluss über die Gewinnverteilung nur auf Grundlage einer neu für diesen Zweck erstellten Sonderbilanz gefasst werden, die nicht älter als sechs Monate sein darf, oder es kann lediglich über die Auszahlung einer Anzahlung auf den Gewinnanteil entschieden werden, und zwar auf Grundlage eines Zwischenabschlusses.​


In der Praxis wird über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Verteilung des Gewinns häufig im Rahmen derselben Gesellschafterversammlung entschieden. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass der Beschluss über die Gewinnverteilung (Ergebnisverwendung) dem Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses nicht vorangehen darf.

Tantieme? Nur nach Vorgabe des Gesellschaftsvertrages

Falls durch die Gesellschaft entschieden wird, dass ein Teil des erzielten Gewinns auch an die Geschäftsführer, oder gegebenenfalls weitere Personen, verteilt werden soll, ist diese Vorgehensweise nur möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich festlegt. Falls der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende Regelung enthält, kann der Gewinn nur auf die Gesellschafter verteilt werden. Dies hindert jedoch nicht daran, die Arbeit der Geschäftsführer anderweitig zu vergüten, z.B. durch Gewährung eines Bonus.

Unterschätzte Insolvenzprüfung

Auch wenn die Gesellschafterversammlung in Einklang mit dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag über die Verteilung des Gewinns entschieden hat, untersagt das Handelsgesellschaftsgesetz den Geschäftsführern, den Gewinn oder finanzielle Mittel aus anderen Eigenmitteln auszuzahlen bzw. auf diese Anzahlungen zu leisten, falls sie dadurch eine Insolvenz nach einer anderen Rechtsvorschrift herbeiführen würden (sog. Insolvenzprüfung erforderlich). Bei der anderen Rechtsvorschrift, auf die verwiesen wird, handelt es sich um das Gesetz Nr. 182/2006 Slg. Der Tschechischen Republik, Insolvenzgesetz, welches zwei Insolvenzarten unterscheidet – eine Zahlungsunfähigkeit und eine Überschuldung. Der Geschäftsführer ist vor jeder Auszahlung eines Gewinnanteils bzw. einer Anzahlung auf den Gewinnanteil verpflichtet, beide gesetzlich vorgesehenen Prüfungen der Insolvenzgründe vorzunehmen, d.h. sowohl die Prüfung der Zahlungsunfähigkeit (die Fähigkeit der Gesellschaft, finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, nachdem sie fällig werden) als auch die Prüfung der Überschuldung (ob der Wert des Vermögens der Gesellschaft die Höhe aller ihrer Schulden, d.h. auch nicht fälliger Schulden, übersteigt, und zwar unter Berücksichtigung des sog. Going Concern). Der Geschäftsführer kann einen Gewinnanteil oder eine Anzahlung auf den Gewinnanteil nur bei Erfüllung beider Insolvenzprüfungen auszahlen.
 
Falls der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft nichts anderes festlegt, ist ein Gewinnanteil innerhalb von drei Monaten ab dem Tag der Fassung des Beschlusses über die Gewinnverteilung fällig.​​


Haftung des Geschäftsführers

Geschäftsführern von Gesellschaften kann nur empfohlen werden, die Gesetzmäßigkeit der Gewinnverteilung zu prüfen und die Prüfung der Insolvenzgründe sorgfältig bzw. in Worten des Gesetzgebers „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns” vorzunehmen. Anderenfalls setzen sie sich einem nicht geringen Risiko aus, für einen Schaden zu haften, der der Gesellschaft gegebenenfalls entstehen kann. Die Position der Geschäftsführer wird umso schwieriger, als das Handelsgesellschaftsgesetz automatisch davon ausgeht, dass jeder Geschäftsführer, der einer Auszahlung eines Gewinnanteils in Widerspruch zu dem Gesetz zustimmte, nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelte. Praktisch bedeutet dies, dass der Geschäftsführer im Falle eines Rechtsstreites selbst nachweisen müsste, dass er bei der Gewinnauszahlung nicht gegen die Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns verstoßen hat und er der Gesellschaft nicht für den entstandenen Schaden haftet (nicht umgekehrt).
 
Abschließend ist hinzuzufügen, dass an den Pflichten eines Geschäftsführers auch die Tatsache nichts ändert, dass die betreffende Gesellschaft einen Alleingesellschafter hat, der in Ausübung der Befugnis der Gesellschafterversammlung entscheidet. Die oben dargelegten Schlussfolgerungen finden entsprechend auch auf Statutarorgane von Aktiengesellschaften oder Genossenschaften Anwendung.​​

Kontakt

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JUDr. Petra Budíková, LL.M.

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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