Verbandsstrafrecht ante portas – Argentinien nun auch im Kreise der Staaten mit Unternehmensstrafrecht

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veröffentlicht am 28. Mai 2018
  

Mit Unterzeichnung des Koalitionsvertrags zur 19. Legislaturperiode der Bundesrepublik Deutschland hat sich die neue Regierungskoalition unter anderem darauf verständigt, deutlich schärfere Sanktionen gegen Unternehmen gesetzlich zu regeln. Ein Unternehmensstrafrecht an sich existiert bislang aber noch nicht. Deutschland wäre in puncto Unternehmensstrafrecht zwischen­zeitlich allerdings eher ein Nachzügler, betrachtet man sich die Liste an Staaten, die bereits eine solche Strafbarkeit von Unternehmen kennen. Exemplarisch sind hier Frankreich und Spanien genannt. Den jüngsten Vorstoß in diesem Kontext hat nun die Republik Argentinien gemacht. Dort gilt seit 1. März 2018 ein neu geschaffenes Verbandsstrafrecht.

   


  
Wesentliche Regelungen des argentinischen Verbandsstrafrechts und Hintergründe

Das argentinische Verbandsstrafrecht ist in seinem Anwendungs- und Regelungsbereich zunächst lediglich auf Korruptionstaten beschränkt. Sanktionen gegen Unternehmen kannte das argentinische Recht bereits vor den Neuregelungen, allerdings waren die bestehenden Regelungen lediglich als Bußgeldtatbestände ausgestaltet – ähnlich dem noch geltenden Modell in Deutschland.
 

Das bestehende Sanktionssystem gegen Unternehmen hatte nach Ansicht des argentinischen Parlaments keine ausreichende Abschreckungswirkung für Unternehmen gezeigt, sodass man nun die Notwendigkeit eines neuen Gesetzes sah.


Einschneidende Sanktionen bei Korruptionstaten

Die Neuregelungen sehen vor, dass alle Korruptionsstraftaten von Unternehmen auf argentinischem Terrain erfasst sind, ungeachtet dessen, ob es sich um ein in- oder ausländisches Unternehmen handelt. Werden ausländische Amtsträger bestochen, bedarf es jedoch entweder eines inländischen Unternehmens oder eines ausländischen Unternehmens mit einer Tochtergesellschaft oder Niederlassung in Argentinien.
 

Auch deutsche Unternehmen, die Gesellschaften oder auch nur Geschäftsbeziehungen in Argentinien unterhalten, könnten demnach dort als Täter einer Straftat qualifiziert werden. Bereits eine Tatbegehung unmittelbar oder mittelbar im Namen, Interesse oder eines sonstigen wirtschaft­lichen Vorteils des Unternehmens genügt bereits für eine Strafbarkeit in Argentinien. Selbst bereits ein stillschweigendes Dulden von Handlungen Dritter durch das Unternehmen wird als ausreichend erachtet.
 

Einzig und allein, wenn die die Tat ausführende Person im ausschließlich eigenen Interesse handelt, ist das Unternehmen „aus dem Schneider”. Erfahrungsgemäß ist das jedoch eher selten der Fall, da nahezu in jeder denkbaren Fallkonstellation auch ein wirtschaftlicher Vorteil des Unternehmens konstruiert werden kann.
 

Bei den Sanktionen schöpfen die Argentinier aus der vollen Palette sehr einschneidender Strafen:
  • Geldstrafen, die den Wert der mit der Bestechung erlangten Bevorzugung um das Zwei- bis Fünffache übersteigen,
  • teilweise oder vollständige Untersagung der weiteren Geschäftstätigkeit,
  • Zwangsauflösung des Unternehmens sowie auch
  • Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren oder der Verlust staatlicher Beihilfen.

 
„Integritätsprogramme” als Schutz vor strafrechtlicher Verurteilung

Einen höchst interessanten Ansatz bilden die sog. Integritätsprogramme, die man als eine Art Compliance-Programme einstufen kann. Die Integritätsprogramme dienen vor allem dazu, eine mögliche Verurteilung zu vermeiden. Die argentinischen Strafgerichte sind von Gesetzes wegen dazu gezwungen, von einer Verur­teilung abzusehen, wenn infolge einer internen Untersuchung eine Selbstanzeige durch das Unternehmen erstattet wird, ein Integritätsprogramm bereits im Unternehmen vorherrscht und der Wert, der infolge der Bestechung erlangt wurde, zurückerstattet wird.
 

Die Freiheit bei der Auswahl und Implementierung derart notwendiger Compliance-Maßnahmen, die hierzulande herrscht, kennt man in Argentinien allerdings nicht: gesetzlich geregelt sind die Mindest­anforderungen, die an ein solches Integritätsprogramm gestellt werden.

  

Fazit

Argentinien reiht sich in die immer länger werdende Liste von Staaten ein, die mit einem Unternehmens- oder Verbandsstrafrecht Unternehmen künftig deutlich energischer bei Straftaten begegnen. Im Koalitionsvertrag deutlich angesprochen, wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in Deutschland das erste derartige Gesetz zur Verbands- oder Unternehmensstrafbarkeit in Kraft tritt. 

 

Aus diesem Grund ist es für Unternehmen mehr denn je geboten, ihr Unternehmen  auf den Prüfstand zu stellen und ggf. erste bzw. weitere Maßnahmen zu treffen, um Straftaten im Unternehmensgefüge zumindest zu erschweren.
 

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