Rechtzeitig rügen bei Unterschwellenvergaben

PrintMailRate-it
veröffentlicht am 8. November 2012
 
Der weit überwiegende Teil öffentlicher Aufträge wird unterhalb der jeweils geltenden europäischen Schwellenwerte vergeben. Die Praxisrelevanz solcher Unterschwellenvergaben ist daher sehr hoch.
 
Ein besonderer (primärer) Rechtsschutz, wie das Nachprüfungsverfahren bei EU-Vergaben, fehlt hingegen. Gleichwohl ist allgemein anerkannt, dass mit der Durchführung eines Vergabeverfahrens ein so genanntes vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen öffentlichem Auftraggeber und Unternehmen entsteht. Dabei führt die tatsächliche Vergabepraxis regelmäßig zu einer Selbstbindung der Verwaltung, so dass den Wettbewerbsteilnehmern ein Recht auf Beachtung der jeweils angewandten Vertrags- und Vergabeordnungen (z.B. VOB/A) zusteht. Auf dieser (primären) Ebene kann ein Unternehmer bspw. im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens einen Anspruch auf Unterlassung der Zuschlagserteilung an einen Konkurrenten vor den ordentlichen Gerichten geltend machen. Unklar war bisher, ob ein einstweiliges Verfügungsverfahren auch die unverzügliche Rüge der monierten Vergabeverstöße durch den Unternehmer erfordert. Das Landgericht Wiesbaden (12.7.2012 – Az.: 4 O 17/12) und Landgericht Berlin (5.12.2011 – Az.: 52 O 254/11) haben ein solches Rügeerfordernis nunmehr als Verfahrensvoraussetzung anerkannt. Ein Vergabeverfahren dürfe nur dann durch eine einstweilige Verfügung gestoppt werden, wenn ohne eine rechtzeitige Rüge der Verfahrensverstöße die Rechte des Unternehmers nicht gewahrt werden können.
 

Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis sind:

  • Unternehmen können bei Unterschwellenvergaben ihre Rechte gegenüber öffentlichen Auftraggebern, insbesondere durch einstweilige Verfügungsverfahren zivilgerichtlich wahren.
  • Ein Unternehmen muss sich bei der Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich rasch positionieren und etwaige Verstöße im Vergabeverfahren unverzüglich gegenüber der ausschreibenden Stelle geltend machen.
  • Rügen im Unterschwellenbereich sind ohne schuldhaftes Zögern des Unternehmens, d.h. in der Regel binnen ein bis drei Kalendertagen nach Kenntnis zu erheben.
 

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Holger Schröder

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

Partner

+49 911 9193 3556

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu