Rückforderungen europarechtswidriger Beihilfen vor nationalen Gerichten

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Das Bundesverwaltungsgericht hat am 16. Dezember 2010 ein Urteil (Az.: 3 C 44.09) erlassen, in dem es feststellt, dass die Rückzahlungen von gegen beihilferechtliche Notifizierungsvorgaben verstoßenden Beihilfen auch im Wege des nationalen Rechtsschutzes begehrt werden könne. Die Rückzahlung richte sich dabei indes nach den nationalen Verfahrensvorschriften. In der Sache hatte sich das Gericht mit der Rückzahlung von Beihilfen auseinanderzusetzen, die einem Zweckverband gewährt worden sind. Hierbei ging es um die öffentlich bezuschusste Beseitigung von Tierkörpern. Die Vorgaben des Urteils haben allerdings auch allgemein Einfluss auf die künftige Rückabwicklung von rechtswidrig gewährten Beihilfen. Insofern ist das Urteil für den beihilferechtlich betroffenen Bereich des ÖPNV von besonderem Interesse.

Ein rheinland-pfälzischer Zweckverband, dessen Mitglieder Landkreise und kreisfreie Städte sind, war mit der Beseitigung von Tierkörpern befasst, wobei er Beseitigungskapazitäten für den Fall von Tierseuchen (sog. Seuchenreserve) vorhielt. Neben privatrechtlichen Entgelten für die Beseitigung finanzierte sich der Zweckverband durch die Erhebung einer Umlage von seinen Mitgliedern. Die Klägerinnen – die in Konkurrenz zu dem Zweckverband tätig waren – hielten die erhobene Umlage für eine gemeinschaftsrechtliche Beihilfe, die rechtswidrig sei, da die Notifizierungspflicht des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag (nunmehr: Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nicht beachtet worden wäre. Vor dem Verwaltungsgericht hatten die Klägerinnen Klage auf Rückzahlung der rechtswidrig gewährten Beihilfe erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerinnen im Ergebnis zurückgewiesen und eine Rückzahlungspflicht verneint.
 
Festzustellen ist zunächst, dass das Bundesverwaltungsgericht Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag (nunmehr: Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) drittschützende Wirkung zumisst, so dass ein Verstoß gegen das Verbot, eine Beihilfe vor einer Entscheidung der Kommission auszubezahlen (sog. Durchführungsverbot), einen Konkurrenten grundsätzlich dazu berechtigt, die verzinste Rückzahlung vor einem nationalen Gericht zu verlangen. Dieser Rückzahlungsverpflichtung können keine nationalen Bestimmungen entgegengehalten werden.
 
Das Bundesverwaltungsgericht hebt allerdings – im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes – hervor, dass sich die verfahrenstechnische Umsetzung der Rückzahlung, mangels gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben, nach nationalem Recht richte. Maßgeblich seien daher die Verfahrensvoraussetzungen, die das nationale Recht vorsehe. An dieser Stelle sieht das Bundesverwaltungsgericht den entscheidenden Punkt für die Erfolglosigkeit des Rückzahlungsbegehrens. Das Gericht stützt sich zur Begründung einer fehlenden Rückzahlungsverpflichtung auf den Umstand, dass die Klägerinnen es versäumt hatten, die der Umlage zu Grunde liegenden Bescheide anzufechten. Diese seien bestandskräftig geworden. Eine auf der Grundlage eines Verwaltungsaktes gewährte Leistung könne nach deutschem Recht – sofern dieser nicht nichtig sei – lediglich dann zurückgefordert werden, wenn der Bescheid beseitigt werde. Insofern stünde einer Rückzahlungsverpflichtung die nationale Ausgestaltung des Rückzahlungsverfahrens entgegen, dass es verlange, zunächst die einer öffentlichen Leistung zu Grunde liegenden Verwaltungsakte anzufechten. Diese Hürde hatten die Klägerinnen versäumt auszuräumen.
 

Obwohl sich die beihilferechtliche Prüfung im ÖPNV künftig allein an der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu orientieren hat, gibt das Urteil wichtige Maßstäbe für die Behandlung von rechtswidrig gewährten Ausgleichsleistungen an die Hand. So ist relevant, dass Konkurrenten die Rückzahlung rechtswidrig gewährter Zahlungen vor den nationalen Gerichten fordern können. Stehen indes aus dem nationalen Recht resultierende Verfahrenshindernisse entgegen, etwa die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes, kann dies eine Rückzahlung verhindern.

 
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