Fehlende Zumutbarkeit als Voraussetzung von Entbindungsanträgen

PrintMailRate-it

​Schnell gelesen:

Nach § 21 Abs. 4 PBefG kann die Entbindung räumlich vollständig oder teilweise erfolgen und sie kann zeitlich vorübergehend oder dauerhaft ausgesprochen werden. Maßstab ist der betriebene Verkehr, wie er sich in der Genehmigung gem. § 15ff. PBefG und durch die Betriebs-, Beförderungs-, Fahrplan- und Tarifpflicht darstellt.
​Ob dem Antrag des Unternehmens entsprochen wird, richtet sich zunächst nach dem Grundtatbestand § 21 Abs. 4 Satz 1PBefG. Dieser ist erfüllt, wenn die Erfüllung der Betriebspflicht nicht mehr möglich ist (erste Alternative) oder dem Unternehmen, unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage, eine ausreichende Verzinsung und Tilgung des Anlagenkapitals und der notwendigen technischen Entwicklung nicht mehr zugemutet werden kann (zweite Alternative).
     
Während die erste Alternative den Fall der Unmöglichkeit regelt, stellt die zweite Alternative auf die wirtschaftliche Situation des konkreten Unternehmens ab. Insoweit wird diskutiert, ob für die Feststellung der Unzumutbarkeit abzustellen ist auf eine Betrachtung der konkreten Linie, für die die Entbindung beantragt wird, oder eine linienübergreifende Wirtschaftlichkeitsanalyse auf den Linienverkehrsbereich des Unternehmens bzw. das gesamte Unternehmen betrachtet werden muss.
  
Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine linienübergreifende Wirtschaftlichkeitsanalyse des Unternehmens erforderlich. Hierfür spricht auch, dass es dem Unternehmen erschwert wird, sich auf lukrative Linien, Linienteile oder Betriebszeiten zurückzuziehen und die defizitären Leistungen der Finanzierung der öffentlichen Hand zu überlassen. Zudem würde eine solche Regelung nicht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens im Falle der Antragskonkurrenz (sog. Genehmigungswettbewerb) entsprechen. Der Betreiber könnte in der Genehmigungssituation ein umfassendes verkehrliches Angebot unterbreiten und nach Genehmigungserteilung sich von diesem soweit entbinden lassen, bis nur noch die lukrativen Linien betrieben würden.
 
Als Maßstab der Zumutbarkeit kommt es sodann darauf an, ob dem Unternehmen eine ausreichende Verzinsung und Tilgung des Anlagenkapitals vor dem Hintergrund der notwendigen technischen Entwicklung noch zugemutet werden kann. Dieser Maßstab ist erfüllt, wenn der Linienverkehr des Unternehmens bislang kostendeckend betrieben werden konnte und auch eine angemessene Verzinsung des Anlagenkapitals gegeben war. Eine Entbindung hätte bei diesem Unternehmen bereits dann Erfolg, wenn das Unternehmen nur noch kostendeckend tätig ist, da es sodann an der Verzinsung des Anlagenkapitals fehlen würde.
   

Jenseits dieses Grundtatbestandes bestehen verschiedene Fallgruppen mit unterschiedlichen Anforderungen:

  • Fallgruppe 1 Entbindung bei gesetzlicher Betriebspflicht:
    Eine Entbindung kann auf Antrag erfolgen. Sie ist auf die Fälle der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit beschränkt, gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 PBefG.
      
  • Fallgruppe 2 Teilentbindung: Die Anforderungen ergeben sich aus Satz 1 und 2. Eine Teilentbindung darf in der Regel nur vorgenommen werden, wenn öffentliche Verkehrsinteressen der (Teil)Entbindung nicht entgegenstehen.
     
  • Fallgruppe 3 Entbindung bei Zusicherung: Wird ein Entbindungsantrag von Zugesicherten für Betriebsleistungen gestellt, so richten sich die Anforderungen nach Satz 1 in Verbindung mit Satz 3. Die Voraussetzungen des Satzes 1 müssen danach zunächst geprüft werden, um die Zumutbarkeit bewerten zu können. Hierfür spricht die gesetzliche Regelvermutung.
     
  • Fallgruppe 4 Teilentbindung von zugesicherten Bestandteilen: In dieser Konstellation richten sich die Anforderungen an die Zumutbarkeit, die in Abwägung der ökonomischen Betrachtung des Unternehmens und dem öffentlichen Verkehrsinteresse ermittelt werden muss. Zudem greift sodann die Regelvermutung in Bezug auf die Zumutbarkeit.

Kontakt

Contact Person Picture

Jörg Niemann

Diplom-Jurist

Partner

+49 40 2292 977 33

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu