Keine Teilentbindung bei entgegenstehendem öffentlichen Interesse und Zusicherung

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Während unter der Geltung der alten Rechtslage die Zulässigkeit einer Teilentbindung diskutiert wurde, stellt die Neuregelung dies nun ausdrücklich klar. Die Entbindung von Teilleistungen kann danach nur erfolgen, wenn öffentliche Verkehrsinteressen dem nicht entgegenstehen, keine Entbindung von zugesicherten Bestandteilen vorliegt.
 
​Die öffentlichen Verkehrsinteressen sind im Nahverkehrsplan und ggf. in der Vorausbekanntmachung konkretisiert. Unklar bleibt, warum vom Normgeber nicht unmittelbar der Bezug auf die ausreichende Bedienung gewählt wurde. Da jedoch der Terminus der öffentlichen Verkehrsinteressen weiter gefasst ist, ist die Bezugnahme auf die ausreichende Verkehrsbedienung gem. § 8 Abs. 3 PBefG Teil der öffentlichen Verkehrsinteressen. Mit der Bezugnahme auf entgegenstehende öffentliche Verkehrsinteressen stellt der Gesetzgeber klar, dass das Herauspicken nur lukrativer Linien(-abschnitte), sog. Rosinenpicken, in dem sich der Unternehmer von den weniger lukrativen Linienabschnitten teilentbinden lässt, nicht statthaft ist. Der EuGH hat unter Bezug auf die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 festgestellt, dass kein Anspruch auf eine Teilentbindung besteht. Bislang war es übliche Praxis, dass über eine Teilentbindung die Eigenwirtschaftlichkeit des konkreten Verkehrs gesichert wurde. Öffentliche Belange waren in dieser Abwägung nur nachrangig zu betrachten. Sie gewichtet nun die öffentlichen Verkehrsinteressen höher. Die Regelung trägt damit auch dem Umstand Rechnung, dass bei einer Entbindung von Teilleistungen eine kostengünstige Sicherstellung der ausreichenden Verkehrsbedienung nicht mehr gewährleistet ist. Insoweit ist zu koinzidieren, dass ein Anspruch auf Teilentbindung nicht besteht, im Rahmen der Ermessensausübung durch die Genehmigungsbehörden eine Regelvermutung gegen eine Teilentbindung spricht.
 
Liegt eine Zusicherung nach § 12 Abs. 1a PBefG vor, so soll die Möglichkeit der (Teil)Entbindung noch weiter eingeschränkt werden. Der Normtext stellt die Regelvermutung auf, dass die Erfüllung der zugesicherten Bestandteile des Genehmigungsantrags in der Regel zumutbar bleibt. Als Begründung für diese Änderung wird von der Sondierungsgruppe angeführt, dass die aktuelle Praxis zeige, dass Verkehrsunternehmen insbesondere im Genehmigungswettbewerb ein besseres Verkehrsangebot vorlegen als sie wirtschaftlich leisten können, allein um den Zuschlag zu erhalten. „Diesen Unternehmen sollte nicht die Möglichkeit gegeben werden, im Nachhinein über § 21 Absatz 4 sich von Verkehrsteilen aus betrieblichen Gründen entbinden zu lassen. Denn andere Unternehmen hätten das gesamte Angebot garantieren können. Darüber hinaus hätten im Fall einer nur teilweisen Entbindung die Aufgabenträger kaum die Möglichkeit, die wegfallenden Verkehrsangebote zu vergeben. Durch die Ergänzung wird sichergestellt, dass bei einer angestrebten Reduzierung des Verkehrsangebots durch den Unternehmer unterhalb der ausreichenden Verkehrsbedienung einer solchen teilweisen Entbindung in der Regel nicht zugestimmt werden darf. Der Unternehmer hat nur die Wahlmöglichkeit, den Betrieb im vollen Umfang aufrecht zu erhalten oder alternativ die vollständige Entbindung von der Betriebspflicht zu beantragen. In diesem Fall kann dann der gesamte Verkehr von einem anderen Unternehmer eigenwirtschaftlich oder nach Vergabe durch den Aufgabenträger gemeinwirtschaftlich betrieben werden.”  (Sondierungsrunde aus Bund und Ländern vom 11.09.2012).
 
Obwohl die Neuregelung sich ausschließlich an die Unternehmen richtet, erscheint es für Aufgabenträger sinnvoll, im Rahmen einer Vorabbekanntmachung gem. § 8a Abs. 2 PBefG und im Falle eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens gem. § 8b Abs. 2 Nr. 3 PBefG die Zuschlagskriterien klar zu definieren. Interessierte eigenwirtschaftliche Anbieter können sodann erkennen, welche konkreten Standards vom Aufgabenträger angestrebt werden und die Befolgung dieser Standards ggf. zum Gegenstand einer Zusicherung machen.

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Jörg Niemann

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