Neue Genehmigungsvoraussetzungen – eine Geschichte unbestimmter Rechtsbegriffe?*

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Die Neugestaltung des PBefG hat im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen (§ 13 PBefG) mehrere neue Gründe gebracht, die einem Genehmigungsantrag entgegengehalten werden können. Ob diese neuen Ablehnungsgründe die Anwendung des Gesetzes einfacher werden lassen, steht eher zu bezweifeln. Viele neue unbestimmte Rechtsbegriffe öffnen Tür und Tor für eine unterschiedliche Anwendung durch die Genehmigungsbehörden in Deutschland.
 
​Wie bereits in der ursprünglichen Fassung des PBefG ist eine Linienverkehrsgenehmigung auch künftig zu versagen, wenn der beantragte Verkehr die öffentlichen Verkehrsinteressen beeinträchtigt. Neu ist dabei, dass die öffentlichen Verkehrsinteressen nunmehr beeinträchtigt sein sollen, wenn der beantragte Verkehr einzelne ertragreiche Linien oder ein Teilnetz aus einem vorhandenen Verkehrsnetz oder aus einem im Nahverkehrsplan im Sinne des § 8 Abs. 3 PBefG festgelegten Linienbündel herauslöst. Die Neuregelung soll verhindern, dass Unternehmer sich ertragreiche Verkehre aus einem vorhandenen Netz oder Linienbündel heraussuchen können, während die übrigen Verkehre von der öffentlichen Hand finanziert werden müssen. Die Anwendung der neuen Voraussetzungen birgt Auslegungsschwierigkeiten. So wird sich die Frage, wann ein Teilnetz vorliegt, nicht immer einheitlich beantworten lassen. Abzugrenzen wäre etwa das Teilnetz von mehreren einzelnen Linien aus einem vorhandenen Netz. Fraglich ist dabei auch, ob ein solches Verkehrsnetz auch aus mehreren Verkehrsarten (etwa Bus-, Straßenbahnverkehr, etc.) gebildet werden kann. Ferner kann die Frage gestellt werden, ob von einem Herauslösen gesprochen werden kann, wenn der Antragssteller die Verkehrsleistungen eines Altunternehmers vollständig in den vorhandenen Verkehrsstrukturen weiter erbringen würde. Hier würde im Ergebnis keine Verkehrsleistung aus den Strukturen herausgelöst, sondern lediglich der Altunternehmer insgesamt ersetzt.
 
Ein weiterer unbestimmter Ablehnungsgrund findet sich in § 13 Abs. 2a Satz 2 PBefG, wonach die Genehmigung zu versagen ist, wenn ein in der Frist nach § 12 Abs. 6 PBefG (eigenwirtschaftlicher Antrag trotz beabsichtigter Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags) gestellter Antrag die in der Vorabbekanntmachung beschriebenen Anforderungen nicht erfüllt oder sich nur auf Teilleistungen bezieht. Der Versagungsgrund zielt darauf ab, dass sich an einer eigenwirtschaftlichen Erbringung interessierte Unternehmer bei der Antragsstellung grundsätzlich in den Grenzen der für die Vergabe vorgesehenen Verkehrsleistung halten. Der Genehmigungsantrag ist hingegen trotz einer Abweichung von der Vorabbekanntmachung positiv zu bescheiden, wenn der beantragte Verkehr mindestens dem bisherigen Verkehrsangebot entspricht und darüber hinaus von den in der Vorabbekanntmachung beschriebenen weitergehenden Anforderungen zur Sicherstellung der ausreichenden Verkehrsbedienung nur unwesentlich abweicht. Auch hier stellen sich zwei grundlegende Fragen, nämlich, wann eine Abweichung wesentlich ist, und wann die in der Vorabbekanntmachung normierten Standards einer ausreichenden Verkehrsbedienung dienen. Für die letztere Frage könnte etwa der Nahverkehrsplan des Aufgabenträgers einen wichtigen Anhaltspunkt bieten. Fraglich ist allerdings, wie mit überzogenen und möglicherweise sachlich nicht gerechtfertigten Anforderungen in der Vorabbekanntmachung umgegangen wird, die sich indes auch im Nahverkehrsplan wiederfinden.
  
Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass sich das Tauziehen um das Gesetzgebungsvorhaben „Novellierung des PBefG” gewissermaßen im Gesetzestext wiederfinden lässt. Viele unbestimmte Rechtsbegriffe deuten auf Kompromisslösungen hin, die allerdings im Ergebnis zu einer gewissen Portion Rechtsunsicherheit führen, solange noch keine gesicherten gerichtlichen Entscheidungen über die Auslegung der neuen Begrifflichkeiten existieren.

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Jörg Niemann

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