Fishing Expedition der Finanzverwaltung auf Grundlage des BEPS-Aktionsplans

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Einstweilige Unterlassungsanordnung des Finanzgerichts Köln zum Informationsaustausch mit ausländischen Finanzbehörden

Die Möglichkeiten für Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen von international agierenden Konzernen standen wohl in der Vergangenheit nie so hoch in der öffentlichen Wahrnehmung und der politischen Diskussion wie derzeit. Insbesondere der digitalen Wirtschaft wird nachgesagt ‚Base Erosion and Profit Shifting‘ („BEPS“) massiv zu betreiben.


Im zeitlichen Zusammenhang mit der kommenden Verabschiedung des BEPS Aktionsplans am 05.10.2015 ist die einstweilige Anordnung des Finanzgerichts (FG) Köln (Beschluss vom 7.9.2015, 2 V 1375/15) von Brisanz, nach der dem Bundeszentralamt für Steuern („BZSt“) der Informationsaustausch zu internationalen Unternehmen der digitalen Wirtschaft mit ausländischen Finanzverwaltungen (vorläufig) untersagt wurde.

 

Sachverhalt

Im Jahr 2014 vereinbarten das BZSt mit Finanzverwaltungen der Länder Australien, Frankreich, Großbritannien, Japan und Kanada („E6-Staaten“) im Rahmen der BEPS Initiative der OECD/G20 einen Informationsaustausch, um die Geschäftsmodelle der digitalen Wirtschaft und deren Besteuerung zu untersuchen. Der Informationsaustausch zu Strukturen und Geschäftsmodellen sollte hierbei ohne Anonymisierung und unabhängig von der konkreten Besteuerung der einzelnen Gesellschaften erfolgen. Hierdurch sollte Einblick in deren globale Steuerplanung gewonnen werden, um künstliche Gewinnverschiebungen in Niedrigsteuergebiete aufzudecken. Die Finanzverwaltungen hofften beispielsweise durch die erlangten Informationen über die internationale Konzernstruktur Einblicke zu gewinnen, „wie die globale Wertschöpfung im Konzern über die einzelnen Glieder verteilt sei und ob die bislang ermittelten Gewinnanteile zutreffend seien“. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten „der Einführung von Antimissbrauchsregelungen in den gegebenenfalls neu zu verhandelnden Doppelbesteuerungsabkommen und im internationalen Recht dienen.“

 

Entscheidung

Das FG Köln hat dem BZSt nun im Wege einer einstweiligen Anordnung (vorläufig) untersagt, entsprechende Informationen über
  • die Konzernstruktur
  • die Aufgaben, Funktionen und Vergütungen
  • die daraus folgende Besteuerung sowie
  • sonstige Anmerkungen zur tatsächlichen und rechtlichen Besonderheiten

 

den ausländischen Finanzbehörden zu erteilen oder von ihnen einzuholen. Die Besteuerung des betreffenden Unternehmens sei nach geltender Gesetzeslage nicht zu beanstanden. Indem das Auskunftsersuchen dem Wunsch folge, das generelle Geschäftsmodell der digitalen Wirtschaft zu erfassen, und unabhängig von der konkreten Besteuerung der einzelnen Gesellschaften stehe, fehle der Einzelfallbezug. Es steht den Finanzbehörden nicht frei sogenannte „fishing expeditions“ bzw. Anfragen „ins Blaue hinein“ zu stellen. Da der Informationsaustausch „nicht für die Besteuerung erforderlich bzw. voraussichtlich erheblich ist, sondern dass die Erforderlichkeit bzw. voraussichtliche Erheblichkeit für die zukünftige Gesetzgebung besteht“, wurde dem Antrag  des Steuerpflichtigen auf (vorläufige) Unterlassung stattgegeben. Der Informationsaustausch verstoße gegen das in § 30 der Abgabenordnung (AO) geregelte Steuergeheimnis.

 

Ausblick

Das Urteil motiviert insbesondere Unternehmen, die lediglich branchenspezifische Merkmale erfüllen, aber konform mit der aktuellen Steuergesetzgebung gehen, sich zu ihren Einspruchsmöglichkeiten im Hinblick auf Anfragen von Finanzbehörden mit ihren steuerlichen Beratern auszutauschen. Gerade da bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine BEPS Action ins nationale Steuerrecht aufgenommen wurde, ist insbesondere bis zur voraussichtlichen Implementierung ins deutsche Recht – aber sicherlich ebenfalls im Anschluss hieran – zu hinterfragen, ob der Informationsaustausch mit ausländischen Finanzbehörden durch die bestehende Gesetzesgrundlage eindeutig gedeckt ist.

 
Das Urteil lässt erwarten, dass mit Blick auf den internationalen Austausch, die Weitergabe und das Einholen sensibler Gruppen- sowie Unternehmensinformationen zwischen Finanzbehörden zukünftig mit einer steigenden Anzahl von Verfahren zu rechnen ist.

zuletzt aktualisiert am 25. September 2015

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Stefan Bolwerk

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