Umsatzsteuer: Abbildung in Verträgen und Preisen

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zuletzt aktualisiert am 29. November 2017


In die Preiskalkulation für eine Leistung sollten nicht nur die wirtschaftlichen Komponenten einbe­zogen werden, sondern auch die (umsatz-)steuerlichen. Je nach (vertraglicher) Preisvereinbarung mit dem Kunden kann es bei irrtümlich gewürdigten Geschäftsvorfällen für den leistenden Unter­nehmer zu einer Definitivbelastung (ggf. mit einem Zinsrisiko) in Höhe nachzuzahlender Umsatz­steuer kommen und damit nachträglich zu einem Margenverlust.



Risiken fehlender Preisvereinbarungen in Bezug auf Umsatzsteuer

Nicht selten erweisen sich in der Praxis Leistungen, die für nicht steuerbar oder steuerfrei gehalten und entsprechend „netto” abgerechnet werden, nachträglich als steuerpflichtig. Oftmals wird bei der Preis­kalkulation nicht an eine auf die Leistung entfallende Umsatzsteuer gedacht, die dem Kunden in Rechnung zu stellen ist.
 
Ob der Leistende in solchen Fällen die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger nachfordern kann, hängt neben etwaigen zivilrechtlichen Verjährungsfristen maßgeblich davon ab, ob zwischen den Vertrags­parteien eine sog. Bruttopreis- oder Nettopreisvereinbarung getroffen wurde. Eine Nachforderung der Umsatzsteuer ist dem Leistenden grundsätzlich nur im Fall einer Nettopreisvereinbarung mit der Bezeichnung des Entgelts als Nettobetrag, z.B. „zzgl. (etwaig) gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer”, möglich. Auch können andere Steuern im Drittland anfallen, die vor Vertragsabschluss/Auftragserteilung identifiziert sein sollten.
 
Die Möglichkeit zur Nachforderung der Umsatzsteuer beim Leistungsempfänger ist dabei nicht fakultativ und hängt – rein zivilrechtlich – von den kaufvertraglichen Vereinbarungen ab.
 
Die Rechtsprechung in Deutschland und auf europäischer Ebene geht konform, dass die vom Leistungs­empfänger gezahlte Gegenleistung aus dem Kaufpreis und der gezahlten Umsatzsteuer besteht, also bereits einen Bruttobetrag darstellen würde. Das gilt, sofern zivilrechtlich die Umsatzsteuer nicht vom leistenden Unternehmer nachgefordert werden kann, da es an einer entsprechenden vertraglichen Abrede – Nettopreisvereinbarung – zwischen den Vertragsparteien fehlt. Soweit keine explizite Nettopreisver­einbarung erfolgt ist, trägt der leistende Unternehmer bei der Bruttopreisvereinbarung, die auch zwischen Unternehmern als Vertragsparteien unterstellt wird, also das Risiko der nicht möglichen Nachfakturierung von Umsatzsteuer an den Kunden. Die Umsatzsteuer wird in diesem Fall aus dem gezahlten Kaufpreis „herausgerechnet”.
 

Praxishinweise

Um diesem Kalkulationsrisiko entgegenzuwirken, ist es ratsam, in betroffenen Verträgen oder Angeboten eine Nettopreisvereinbarung anzudenken und aufzunehmen.
 
Das sollte bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer Geschäftsanbahnung erfolgen. Wir empfehlen in dem Zusammenhang, die Vertriebs- und/oder Einkaufsabteilung über steuerliche Auswirkungen und Risiken der jeweiligen Leistungsbeziehungen zu informieren bzw. sie zu schulen.
 

Hinweise

Für eine Nettopreisvereinbarung kann neben der ausdrücklichen Vereinbarung eines „Nettopreises” aus­nahmsweise auch ein Handelsbrauch (§ 346 HGB) oder eine Verkehrssitte (§ 157 BGB) nach Auffassung des BFH maßgebend sein.
 
Sind die Vertragsparteien gemeinsam rechtsirrtümlich davon ausgegangen, dass keine Umsatzsteuer anfällt (z.B. bei beidseitig angenommener Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers „Reverse Charge”), liegt nach BFH eine Regelungslücke im Vertrag vor, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ebenfalls zur Annahme einer Nettopreisvereinbarung führen kann.
 
Die in Deutschland schon lange vorherrschende Auffassung, dass bei fehlender Abrede der Vertragspar­teien auch zwischen Unternehmern von einem vereinbarten Bruttopreis („inklusive Umsatzsteuer”) auszugehen ist, womit die Umsatzsteuer einen unselbständigen Bestandteil des vereinbarten Preises darstellt, wurde auch in einem Urteil des EuGH (vom 7.11.2013, Rs. C-249/12) zu einem rumänischen Sachverhalt bestätigt.
 
Inwiefern durch landesspezifisch vorgesehene Verjährungsfristen zur Geltendmachung von Vorsteuer­beträgen ohnehin keine Umsatzsteuer mehr nachfakturiert werden kann oder sich der Kunde infolgedessen zur Zahlung dieser „weigern” würde, ist ein weiteres Thema, das im Umsatzsteuerbereich derzeit heiß diskutiert wird und in dem Zusammenhang zu beachten ist. Hierzu liegen dem EuGH mehrere Rechtssachen (z.B. C-533/16 und C-8/17) zur Entscheidung vor.
   

Fazit

Das Risiko, dass eine Erst- oder Nachforderung des zusätzlichen Steueraufwands beim Kunden (Leistungs­empfänger) nicht möglich ist, kann der Leistende durch Nettopreisvereinbarungen vermeiden, da das Kalkulationsrisiko in diesem Fall (nur) den Nettopreis betrifft.

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Dr. Heidi Friedrich-Vache

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin, Umsatzsteuerberatung | VAT Services

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