Bundeskartellamt veröffentlicht Sektorenbericht Wasser – Benchmarking spielt (auch hier) eine Rolle

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veröffentlicht am 1. Juli 2016

 

​Am gestrigen 30.06. veröffentlichte das Bundeskartellamt den lange angekündigten „Bericht über die großstädtische Trinkwasserversorgung in Deutschland (Sektorenbericht). Entgegen der vielerorts vorherrschenden Erwartungen setzt sich die Behörde darin nicht nur mit den Entgelten der 38 größten deutschen Wasserversorger auseinander. Vielmehr nimmt sie auch eine Beurteilung der Rahmenbedingungen der deutschen Wasserversorgung, der Tarife und Kostenwirkungen unterschiedlicher Versorgungsbedingungen und der Qualität von Versorgung und Instandhaltung der Netze vor und macht Vorschläge für eine aus ihrer Sicht sachgerechten Kontrolle von Wasserentgelten. Benchmarkingprojekte der Wasserversorgung können nach Auffassung der Behörde neben dem Lernen von den Besten auch eine Rolle bei der Darlegung der Angemessenheit von Wasserentgelten spielen und sollten konsequent weiter entwickelt werden.

 

Das 135 Seiten umfassende Werk basiert auf den Erfahrungen der Behörde aus ihren Verfahren gegen die Wasserversorgungsunternehmen (WVU) in Mainz, Wuppertal und Berlin und bietet eine Übersicht der dazu erhobenen Daten der 38 größten WVU in Deutschland.
  
Die Behörde macht deutlich, dass eine angemessene Beurteilung von Wasserentgelten eine komplexe Aufgabe ist. Bei einer entsprechenden Weiterentwicklung der bestehenden Landesprojekte könne Benchmarking zu einer Vereinfachung beitragen und eine Versachlichung der Diskussion um die Leistung der Wasserversorgung ermöglichen. Genau diese Erfahrung kann Rödl & Partner an Hand von inzwischen zahlreichen Beispielfällen ausdrücklich bestätigen. Neben der Einführung einer Teilnahmeverpflichtung und einer bundesweit einheitlichen Erhebungssystematik schlägt die Behörde auch vor, die Ergebnisse und Berichte aus Benchmarkingprojekten Behörden und Gerichten zur Verfügung zu stellen.
  
Rödl & Partner lehnt eine verpflichtende Teilnahme am Benchmarking nach wie vor ab. Nur mit der freiwilligen Teilnahme am Kennzahlenvergleich kann eine aktive Mitwirkung der Unternehmen, wie sie heute bei vielen Wasserversorgern gute Praxis ist, sichergestellt werden. Eine Verpflichtung zur Teilnahme würde Benchmarking mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren bloßen Statistik abwerten.
  
Der Vorschlag zu einer einheitlichen Erhebungssystematik liegt mit der Veröffentlichung der Haupt- und Branchenkennzahlen von DVGW und BDEW inzwischen vor. Hier sind die Landesprojekte aufgerufen, zu entscheiden, welche dieser Kennzahlen künftig bundesweit einheitlich zum Einsatz kommen sollen. Eine Bereitstellung der Ergebnisse und Berichte für Behörden und Gerichte ist aus Sicht von Rödl & Partner nur im konkreten Einzelfall hilfreich und wird so auch bereits praktiziert.
  
Ein weiteres Thema, das im Vorfeld der Veröffentlichung des Berichts für einen angeregten Austausch gesorgt hatte, sind die für die Darstellung der Wasserentgelte gewählten Tariffälle (auch sog. Typfälle). Die Behörde stellt nun klar, dass kein Tariffall repräsentativ für das gesamte Tarifgefüge sein kann. Deshalb ist es auch konsequent, dass beim Tarif- und Entgeltvergleich der 38 größten Wasserversorger in Deutschland darauf verwiesen wird, dass die gewählten Tariffälle eine gewillkürte Auswahl abbilden. „Ein vergleichsweise teurer Tariffall bedeutet also nicht unbedingt, dass andere Tariffälle oder das Preisniveau des Wasserversorgers für Endkunden ebenso vergleichsweise teuer sind“ (S. 114 des Berichts).
   
Es ist nachvollziehbar, dass ein Bericht über die 38 großen Wasserversorger in Deutschland nicht ohne eine Gegenüberstellung der Wasserentgelte auskommen kann. Eine „gewillkürte“ Auswahl von Tariffällen ist deshalb wohl ein „notwendiges Übel“. Es bleibt aber zu hoffen, dass die Medien, die diesen Bericht zum Anlass für eine Berichterstattung nehmen, dies ebenfalls erkennen.
   
Unbeschadet dessen wird es auch in Zukunft Diskussionsbedarf zu Wasserentgelten geben. Erfreulich wäre, wenn in diesen Diskussionen verstärkt auch die überwiegend ausgezeichnete Leistung der Wasserversorgung in Deutschland ein Rolle spielen würde. Dies rückte „Studien“ wie den kürzlich erschienenen Vergleich von Wasserentgelten durch einen Dienstleister, der für seine Preisvergleiche im Konsumgüterbereich bekannt ist, ins richtige Licht. Gerade bei der Trinkwasserversorgung darf es nämlich gerade nicht darum gehen, den entgeltniedrigsten Versorger herauszustellen und den entgelthöchsten zu brandmarken, sondern vielmehr darum, zu ergründen, welches Wasserentgelt beim jeweiligen WVU gerechtfertigt ist.  
   
Wasserversorger sind in jedem Fall gut beraten, ein abgestimmtes Konzept zur Kommunikation ihrer Leistungen und der damit in Verbindung stehenden Entgelte vorzuhalten. Gut ist dieses Konzept dann, wenn es nicht nur der Behörde, sondern in erster Linie dem Endverbraucher erklären kann, was er von seiner örtlichen Wasserversorgung erwarten darf. Erst wenn es gelingt, abstrakte Begriffe wie Effizienzreserven, Kostendeckung, Entgeltkalkulation oder Tarifmodellierung nachvollziehbar zu erläutern, wird die großartige Leistung der örtlichen Wasserversorgung und das Entgelt, das der Endkunde dafür zu entrichten hat, nachvollziehbar.
  
Sie tun Gutes, reden Sie auch darüber! 
   

Ein Wasser Kompass zu den Überlegungen des BKartA zu neuen Tarifmodellen folgt in Kürze.

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