Pauschalierungen bei der Abwassergebühr? – Genauigkeit geht in Bayern vor

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​​​veröffentlicht am 28. Februar 2020

 

Mit Beschluss vom 18. November 2019 hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) erneut deutlich zu Gunsten einer Erhebung einer gesonderten Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung entschieden und Bedenken gegen den modifizierten Frischwassermaßstab als Maßstab für die Bemessung der Abwassergebühren konkretisiert. Von der Erhebung einer gesonderten Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung darf nach Auffassung des BayVGH unverändert nur abgesehen werden, wenn die durch Gebühren zu deckenden Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung geringfügig sind. Interessant ist dabei allerdings auch die Thematik der Bagatellgrenze der „Gartenwassermengen”.

 

In der Mustersatzung zur BGS-EWS ist in der Variante Einleitungsgebühr (also modifizierter Frischwassermaßstab bei der Abwassergebühr) eine sogenannte Bagatellgrenze vorgesehen, bis zu der ein Abzug von nachweislich nicht in die Kanalisation eingeleiteten Wassermengen bei der Abwassergebühr ausgeschlossen wird. Die Formulierung wird von der Anmerkung in der Mustersatzung begleitet: „Falls eine Bagatellgrenze, bis zu der ein Abzug von nachweislich nicht in die Kanalisation eingeleiteten Wassermengen ausgeschlossen werden soll, in die Satzung aufgenommen werden soll, dürfte ein Wert bis zu 12 m³ je nach den konkreten örtlichen Verhältnissen zulässig sein (vgl. BayVGH, Urteil vom 18. November 1999 Az.: 23 B N 99.1617, BayVBl 2000, 659).”

 

Der BayVGH greift in seinem Beschluss vom 18. November 2019 nun die Thematik von Bagatellgrenzen auf. Dabei kommt der BayVGH zu dem Schluss, dass es im Falle einer Mischung unterschiedlicher baurechtlicher Nutzungsformen beitragspflichtiger Grundstücke nicht mehr möglich sei, von einer pauschal gültigen Bagatellgrenze bei nicht in die Kanalisation eingeleiteten Wassermengen auszugehen. In der Praxis genügt es also bereits, dass ein Nicht-Wohngebiet zwischen reinen Wohngebieten liegt, und eine  pauschale Satzungsregelung wäre nichtig.

 

Der BayVGH vertritt hier die Auffassung, dass diese „Bagatellgrenzen”-Regelung Gartengrundstücke, die Frischwassermengen in der Nähe des Grenzwerts zur Gartenbewässerung verwenden, benachteiligt. Für diese Grundstücke erhöht sich, unter Anwendung des modifizierten Frischwassermaßstabs, die Gebühr für das tatsächlich der Entwässerungsanlage zugeführte Abwasser unangemessen. Demnach seien das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz verletzt. Auch verwies der BayVGH darauf, dass der Kontrollaufwand durch eine Satzungsregelung an den Gebührenpflichtigen „delegiert” werden kann. Abziehbare Wassermengen müssten nachgewiesen werden, wenn auf Kosten des Gebührenpflichtigen ein geeichter und verplombter Gartenwasserzähler verwendet wird (vgl. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern v. 23.7.2009).

 

Aus der Begründung des BayVGH wird deutlich, dass die Rechtsprechung auch in Bayern nun die Verwendung des modifizierten Frischwassermaßstabs an noch höhere Hürden knüpft. Die kommunale Abwasserwirtschaft ist aufgerufen, ihr Satzungswerk auf eine Anpassungsnotwendigkeit hin zu prüfen und – sofern noch nicht geschehen – Vorbereitungen für die Erhebung getrennter Schmutz- und Niederschlagswassergebühren zu treffen.

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Florian Moritz

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