Whistleblowing in Portugal

PrintMailRate-it

 

veröffentlicht am 28. Juni 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

  1. Wie ist der Stand der Umsetzung? »
  2. Welche gesetzlichen Grundlagen gelten aktuell? »
  3. Welche Rolle kommt dem Betriebsrat zu? »
  4. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Meldung abzugeben oder liegt es in seinem Belieben? »
  5. Muss der Hinweisgeber schon heute vorrangig firmenintern nach Abhilfe suchen? »
  6. Wann hat der Hinweisgeber selbst mit Sanktionen zu rechnen oder ist dieser generell geschützt? »
  7. Wie muss sich der Arbeitgeber gegenüber dem Verdächtigen verhalten? »
  8. Gibt es bereits die Pflicht ein Hinweisgebersystem und externe Meldebehörden ein­zu­richten? »

    

1. Wie ist der Stand der Umsetzung?

Das Whistleblowing-Gesetz mit allgemeinen Regelungen zum Schutz von Hinweisgebern wurde am 20. De­zem­ber 2021 in das nationale portugiesische Recht umgesetzt (Gesetz Nr. 93/2021) und tritt 180 Tage nach Veröf­fentlichung, mithin am 18. Juni 2022 in Kraft. In der ersten Hälfte des Jahres 2022 müssen sich die Unter­neh­men folglich auf das neue Gesetz vorbereiten, indem sie einen internen Kanal für die Meldung von Missständen einrichten, um die Grundsätze der Vertraulichkeit, Anonymität und Unabhängigkeit zu gewährleisten.

 

2. Welche Gesetzlichen Grundlagen gelten aktuell?

Mit dem geschaffenen Rechtsrahmen soll die Weitergabe von Informationen über Verstöße gefördert und Re­geln für den Schutz von Hinweisgebern aufgestellt werden. Dies erfolgt durch ein System mit drei Ansätzen: interne, externe und öffentliche Beschwerde. Das Hauptziel ist also der Schutz des Hinweisgebers sowie die Regelung der Umstände, unter denen die Meldung erfolgen muss. Einer der wichtigsten Grundsätze des Geset­zes ist die Vertraulichkeit des gesamten Prozesses. So sind die Identität des Hinweisgebers sowie alle Infor­ma­tionen, die direkt oder indirekt Rückschlüsse auf dessen Identität zulassen, vertraulich, und der Zugang ist auf bestimmte Personen beschränkt.

  

3. Welche Rolle kommt dem Betriebsrat zu?

Obwohl es in Portugal theoretisch zwei Möglichkeiten der Arbeitnehmervertretung gibt, nämlich durch Gewerk­schaftsvertreter und durch Arbeitnehmerausschüsse, sind solche Ausschüsse in der Praxis recht selten und existieren hauptsächlich in großen Unternehmen, in denen die Gewerkschaften stark sind. In beiden Fällen erstreckt sich der Schutz des Gesetzes auf Gewerkschaftsvertreter oder Arbeitnehmervertreter, die den Hin­weis­geber im Whistleblowing-Verfahren unterstützen, und wie in anderen Angelegenheiten beschränken sich deren Rechte auf Unterrichtung und Anhörung, ohne dass sie die Möglichkeit haben, Entscheidungen der Unter­nehmensleitung zu beeinflussen.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Gesetz das Recht der Arbeitnehmer, ihre Vertreter oder Gewerk­schaf­ten zu konsultieren, und die mit der Ausübung dieses Rechts verbundenen Schutzvorschriften nicht berührt. 

 

4. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Meldung abzugeben oder liegt es in seinem Belieben?

Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, Verstöße zu melden. Das Gesetz bietet jedoch entsprechenden Schutz, sodass Arbeitnehmer Verstöße ohne Angst vor Repressalien melden können. Berichte über Verstöße werden vom Whistleblower über die internen oder externen Kanäle für die Meldung von Verstößen eingereicht oder öffentlich bekannt gemacht. Die internen Meldewege erlauben insbesondere die Einreichung von schriftlichen und/oder mündlichen Meldungen durch Mitarbeiter, anonym oder unter Angabe der Identität des Hinweis­ge­bers. In Fällen, in denen eine mündliche Meldung zulässig ist, kann diese über die internen Meldewege per Telefon oder andere Sprachnachrichtensysteme und auf Wunsch auch in einem persönlichen Gespräch erfolgen.

 

5. Muss der Hinweisgeber schon heute vorrangig firmenintern nach Abhilfe suchen?

Derzeit befinden sich die Unternehmen noch im Prozess der Einführung von Meldemechanismen, so dass es hierzu keine gesetzliche Regelung gibt. Ab Juni müssen Meldungen über Verstöße vom Whistleblower über die internen oder externen Meldewege eingereicht oder öffentlich gemacht werden. Der Hinweisgeber kann jedoch nur dann externe Meldewege nutzen, wenn es keinen internen Meldeweg gibt oder der interne Meldeweg nur die Einreichung von Meldungen durch Mitarbeiter erlaubt.
 

6. Wann hat der Hinweisgeber selbst mit Sanktionen zu rechnen oder ist dieser generell geschützt?

Der Whistleblower genießt den Schutz des Gesetzes, sofern er in gutem Glauben handelt und ernsthafte Grün­de für die Annahme hat, dass die Informationen zum Zeitpunkt der Meldung bzw. der öffentlichen Bekanntgabe der Wahrheit entsprechen. In diesem Zusammenhang verbietet das Gesetz ausdrücklich Vergeltungs­maß­nah­men gegen den Hinweisgeber. Darüber hinaus haben Hinweisgeber im Allgemeinen Anspruch auf Rechtsschutz und können Maßnahmen zum Schutz von Zeugen in Strafverfahren in Anspruch nehmen. Die zuständigen Behörden gewähren anderen Behörden die erforderliche Unterstützung und Zusammenarbeit, um den Schutz von Hinweisgebern vor Vergeltungsmaßnahmen sicher zu stellen.

 

7. Wie muss sich der Arbeitgeber gegenüber dem Verdächtigen verhalten?

Die Identität des Hinweisgebers sowie die Informationen, die direkt oder indirekt Rückschlüsse auf dessen Identität zulassen, sind vertraulich und der Zugang ist auf die Personen beschränkt, die für die Entgegennahme oder Weiterverfolgung von Beschwerden zuständig sind. Die Verpflichtung zur Vertraulichkeit erstreckt sich auf alle Personen, die Informationen über Beschwerden erhalten haben, auch wenn diese für deren Entgegen­nah­me und Verarbeitung nicht verantwortlich bzw. unzuständig sind. Dies gilt auch für den Arbeitgeber. Die Iden­tität des Whistleblowers wird also nur aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder einer gerichtlichen Entscheidung offengelegt. 

Interne Meldewege ermöglichen die sichere Übermittlung und Weiterverfolgung von Meldungen, um die Voll­ständigkeit, Integrität und Aufbewahrung der Meldung, die Vertraulichkeit der Identität oder Anonymität der Hinweisgeber und die Vertraulichkeit der Identität der in der Meldung genannten Dritten zu gewährleisten und den Zugriff durch Unbefugte zu verhindern.

   

8. Gibt es bereits die Pflicht ein Hinweisgebersystem und externe Meldebehörden ein­zu­richten?

Erst ab dem 18. Juni 2022 besteht die Verpflichtung, einen internen Meldeweg einzurichten, der allen Arbeit­neh­mern die Möglichkeit bietet, anonym oder mit Identifizierung, schriftlich und/oder mündlich Sachverhalte zu melden. Nach diesem Datum werden externe Meldungen an die Behörden weitergeleitet, die je nach ihren Zuständigkeiten und Befugnissen von der Angelegenheit, um die es in der Meldung geht, Kenntnis haben sollten.
Deutschland Weltweit Search Menu