WTO-Abkommen konkret. Auswirkungen für deutsche Unternehmen

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Die WTO ist mit ihren Beschlüssen auf der Handelskonferenz in Bali schlagartig ins Rampenlicht gerückt. Durch die dort beschlossenen Handelserleichterungen sollen weltweit 15-20 Millionen Arbeitsplätze entstehen und Unternehmen bis zu 15 Prozent der Kosten für den Transport der Waren durch eine vereinfachte Zollabwicklung sparen können. Man verspricht sich dadurch eine Erhöhung des weltweiten Handelsvolumens um bis zu eine Billion Dollar jährlich. Der DIHK geht allein für Deutschland innerhalb der nächsten 5 Jahre von einem steigenden Handelsvolumen von 60 Milliarden Euro aus. 
 
Für die WTO sind die Beschlüsse in Bali vor allem auch deshalb wichtig, weil ein Zeichen für den globalen Handel gesetzt wurde. In den letzten zwölf Jahren nahmen bilaterale Handelsabkommen einen zunehmend wichtigen Platz ein. Diese haben allerdings den Nachteil einer nur sehr begrenzten Wirksamkeit und führen zu zunehmender Komplexität für international tätige Unternehmen. Die WTO-Beschlüsse werden dagegen von allen 159 Mitgliedsstaaten getragen und sind rechtlich für alle Länder bindend. Sie haben deswegen ungleich größere Auswirkungen. 
 
Bei den Beschlüssen selbst sind für die Industriestaaten insbesondere die Übereinkommen zur Reduzierung der Kosten für Einfuhren, der Abbau der nichttarifären Handelshemmnisse und eine größere Transparenz bei den Einfuhrformalitäten von größter Bedeutung. Dies heißt vor allem:
  • Die Länder verpflichten sich, Informationen über die Zollprozeduren, Klassifikation, Wertermittlung, Restriktionen, bilaterale Abkommen, notwendige Zollformulare usw. im Internet zugänglich zu machen; darüber hinaus sollen Unternehmen die Möglichkeit haben, Rückfragen zu stellen (möglichst ohne Gebühr).
  • Die betroffenen Unternehmen erhalten die Möglichkeit, vor dem Inkrafttreten von Bestimmungen den Warenhandel betreffend, Eingaben zu machen.
  • Jeder Mitgliedsstaat führt ein Prozedere für Vorabentscheidungen ein, um spätere Probleme bei der Anwendung von Zollverfahren zu minimieren.
  • Entscheidungen der Zollbehörden können durch Einspruch oder über den Gerichtsweg überprüft werden.
  • Zölle sowie die Gebühren für die Zollabfertigung sollen klar und transparent gestaltet sein, die Gebühren sollen sich nur noch auf die jeweilige Zollprozedur beziehen.
  • Bereits vor Ankunft der Waren soll es möglich sein, die entsprechenden Zolldokumente elektronisch zu übermitteln; die Gebühren sollen bereits vorab überwiesen werden können.
  • Waren können bereits vor der endgültigen Festsetzung von Gebühren etc. in den freien Verkehr überführt werden, um Wartezeiten zu reduzieren.
  • Jeder Mitgliedsstaat führt ein Risk Management ein und richtet seine Audits daran aus.
  • Im Rahmen des Imports von Gütern soll eine zentrale Anlaufstelle für die Einreichung von Unterlagen eingerichtet werden, die Notwendigkeit der Nutzung eines Customs-brokers fällt weg, eine Vorabinspektion zur Wareneinreihung und Bestimmung des Zollwertes fällt ebenfalls weg. Bei Ablehnung des Imports soll es möglich sein, die Güter wieder an den Exporteur zurückzusenden.
  • Die Durchfuhr von Waren wird bis auf z.B. Mautgebühren nicht mit sonstigen Gebühren belegt; etwaige Garantien sind auf den Transport limitiert.
     
Viele Mittelständler werden wie bisher ihre Exporte über Spediteure abwickeln. Diese können dann voraussichtlich wesentlich genauere Informationen über die notwendigen Einfuhr- bzw. Ausfuhrformalitäten geben. Es dürfte dann auch kein spezifisches Insiderwissen mehr notwendig sein, ebenso wenig wie spezielle Kontakte zu Customs-brokers vor Ort, was die Kosten signifikant senken sollte. Gerade für kleinere Unternehmen könnten sich so neue interessante Auslandsmärkte auftun, die sonst durch nicht abschätzbaren finanziellen und zeitlichen Aufwand verschlossen waren. 
 
Wie genau die Beschlüsse umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Gerade in den letzten Jahren konnte man eine zunehmende Tendenz zur Abschottung beobachten, was insbesondere die Einführung und den Ausbau nichttarifärer Handelshemmnisse betraf. Die Beschlüsse sind teilweise sehr tiefgehend, was die geplante Umsetzung bis Mitte 2015 als sehr ambitioniert erscheinen lässt. Hier stellt sich gerade für ärmere Länder auch die Frage der Umsetzbarkeit aus finanziellen Gesichtspunkten heraus. Auch muss zum Teil erst die notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Des Weiteren ist zu beachten, dass viele Entwicklungsländer einen Großteil ihres Budgets aus den Zollgebühren heraus generieren. 
 
Insgesamt wird es auch weiterhin Zollgebühren, Zollformalitäten und Handelsregulierungen geben. Dies ist schon vor dem Hintergrund der Sicherheit der Lieferkette gar nicht zu vermeiden. Allerdings könnte die Transparenz hinsichtlich der Formalitäten und Kosten steigen. Dies wäre schon ein großer Fortschritt. Es bleibt nun zu hoffen, dass die Euphorie der letzten Tage in Tatendrang umschlägt. Für international tätige Familienunternehmen aus Deutschland könnten sich dann tatsächlich spürbare Verbesserungen im internationalen Handel ergeben.
 
zuletzt aktualisiert am 10.12.2013

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Dr. Alexander Kutsch

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