Pillar 2 – Ein neues „Minenfeld” in der Tax Due Diligence und darüber hinaus

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veröffentlicht am 20. Oktober 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die grenzüberschreitende Unternehmensbesteuerung ist im Wandel. Bislang knüpften Besteuerungsrechte an die Existenz einer physischen Präsenz an. In der zunehmend digitalen Wirtschaft entspricht dieses Konzept jedoch immer weniger der Praxis (man denke nur an Netflix), weshalb eine angemessene Besteuerung von Unternehmen und eine gerechte Verteilung von Besteuerungssubstrat nicht mehr gewährleistet werden kann.

Mit dem Ziel Base Erosion and Profit Shifting zu verhindern, haben die OECD-Staaten nun ein Zwei-Säulen-System entwickelt. Während sich Säule 1 (Pillar 1) mit neuen Gewinnzuteilungsregelungen befasst, beinhaltet Säule 2 (Pillar 2) eine globale Mindestbesteuerung. Die enorme Komplexität der Pillar 2-Regelungen wird nicht nur die Tax Due Diligence, sondern auch alle betroffenen Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen.

Was ist die globale Mindestbesteuerung?

Die globale Mindestbesteuerung trifft Unternehmensgruppen mit mind. 750 Mio. Euro Jahresumsatz. Für diese soll ein effektives Besteuerungsniveau der Unternehmensgewinne von (mindestens) 15 Prozent sichergestellt werden. Dies soll grundsätzlich dadurch erfolgen, dass effektiv niedrig besteuerte Einkommen ausländischer Tochtergesellschaften auf Ebene der obersten Konzerngesellschaft nachversteuert werden. Der Teufel steckt jedoch im Detail.
 
Darüber hinaus bestehen einige Unklarheiten, wozu auch der erstmalige Anwendungszeitpunkt zählt. Nach den ursprünglichen Vorschriften der OECD (sog. GloBE-Rules) und dem Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission aus Dezember 2021 sollten die Regelungen bereits zum 1. Januar 2023 Anwendung finden. Nach den aktuellen Informationen zeichnet sich in der EU jedoch eine zeitliche Verschiebung ab: die Regelungen sollen wahrscheinlich erstmalig Anwendung finden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen. Für die Mehrzahl der betroffenen Unternehmen wären sie damit ab 1. Januar 2024 verpflichtend zu beachten.

Der vermeintlich lange Zeithorizont bis zur erstmaligen Anwendung trügt allerdings. Für betroffene Unternehmen stellt sich die Herausforderung, dieses komplexe Steuerprojekt innerhalb kürzester Zeit verstehen und umsetzen zu müssen. Da die Voraussetzungen für die Anwendung ab 2024 anhand der Vorjahres-Finanzdaten geprüft werden, müssen die Rechenwerke schon heute entsprechende Daten bereitstellen bzw. generieren lassen.

Grundlage für die Anwendung der Pillar 2-Regelungen stellt die Identifizierung von sog. Low-Tax Jurisdictions dar. Hierfür muss grundsätzlich für sämtliche Länder, in denen eine Unternehmensgruppe tätig ist, die effektive Steuerlast je Land ermittelt werden. Da die Ermittlung einem eigenständigen Schema mit verschiedenen Anpassungen folgt, reicht das bestehende Accounting-System meist nicht aus. Unternehmen sind daher gezwungen, schnellstmöglich eine Lösung zu finden.

Was bedeutet dies für die Transaktionsberatung?

Die betroffenen Unternehmen müssen ihre Systeme auf die neuen Compliance-Pflichten durch Pillar 2 einstellen. Die Steuerplanung und -berichterstattung muss umfangreich ausgebaut und die Frage der digitalen Unterstützung durch bisherige Berichtssysteme oder ein eigenes Reporting-Tool geklärt werden. Damit hält Pillar 2 bereits heute Einzug in den neuen Scope einer Tax Due Diligence. Trotz des steuerlichen Bezugs werden aber auch die Financial und die IT Due Diligence nicht unwesentlich von Pillar 2 betroffen sein, da die Qualität, die Generierung und die Verarbeitung der für Pillar 2 relevanten Daten geprüft werden müssen.

Einen erheblichen Einfluss wird Pillar 2 auf Umstrukturierungen haben. So kann es durch Verschmelzungen oder Spaltungen zum Erreichen bzw. Unterschreiten der Umsatzgrenze von 750 Mio. Euro kommen. Auch durch Unternehmenskäufe und -verkäufe können Unternehmensgruppen in oder aus der relevanten Umsatzschwelle hinein- oder hinauswachsen. Darüber hinaus können sich in diesen Fällen Änderungen im Scoping, d.h. der Einordnung von Gruppengesellschaften in die Berechnungsmethodik, und der Höhe der Zusatzsteuer ergeben. All dies ist zukünftig bei Transaktionen, z.B. in Form einer Simulation, zu berücksichtigen.

Da die Anwendung der globalen Mindestbesteuerung über die Prüfung von Vorjahresfinanzdaten bereits auf das laufende Jahr zurückwirkt, sind die Weichen für einen steueroptimalen Set-up von Unternehmensgruppen sowohl aus Sicht der Rechnungslegung und der IT als auch aus Sicht der Steuerplanung bereits heute zu stellen.

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Dr. Susanne Kölbl

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