Ab 1. Januar 2015 geplant: die bezahlte Pflegeauszeit

PrintMailRate-it

​Schnell gelesen

  • Ab 2015 dürfen Arbeitnehmer mit plötzlichem Pflegefall in der Familie bis zu 10 Tage von der Arbeit fernbleiben und erhalten in dieser Zeit bis zu 90 Prozent des Nettolohns. 
Der Bundestag hat am 4. Dezember 2014 das Gesetz zur Pflegeauszeit verabschiedet. Danach wird Arbeitnehmern bis zu 10 Tage bezahlte Auszeit gewährt, um sich um einen Pflegefall in der Familie kümmern zu können.
 
Aufgrund der steigenden Lebenserwartungen wird es künftig immer mehr pflegebedürftige Angehörige geben. Zum heutigen Zeitpunkt sind laut Angaben des Familienministeriums in Deutschland 2,6 Millionen Menschen pflegebedürftig, 1,8 Millionen von ihnen werden ambulant betreut – davon zwei Drittel von Familienangehörigen. 
 
Nach der bisherigen Gesetzeslage durften Arbeitnehmer mit einem plötzlichen Pflegefall in der Familie auch schon bis zu 10 Tage von der Arbeit fernbleiben, um die notwendige Pflege zu organisieren – allerdings ohne Bezahlung (Pflegezeitgesetz – PflegeZG vom 28. Mai 2008). 
 
Des Weiteren war es auch nach bisheriger Gesetzeslage möglich, die Arbeitszeit im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber über einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren bis auf ein Minimum von durchschnittlich 15 Wochenstunden zu reduzieren (sog. Familienpflegezeit). Die Möglichkeiten, die das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) und das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) bieten, wurden nun gemeinsam durch den Gesetzgeber weiterentwickelt.
 
Die neuen Regelungen zur Pflegeauszeit sehen vor, dass die Pflegekassen für maximal 10 Arbeitstage bis zu 90 Prozent des Nettoverdienstausfalls erstatten (Pflegeunterstützungsgeld). Die Kosten für die neue Pflegeauszeit werden auf ca. 100 Millionen Euro geschätzt, welche zum Jahreswechsel durch Anhebung der Beiträge zur Pflegeversicherung (von 2,05% (2014) auf 2,35% (2015)) finanziert werden sollen.
 
Durch die Änderungen der Gesetzeslage soll die Pflege in den Familien besser mit dem Beruf vereinbart werden, indem es dem Arbeitnehmer eine bezahlte „Auszeit” von 10 Tagen gewährt, unabhängig vom Alter der zu pflegenden Person. Das deutsche Sozialversicherungsgesetz sieht bereits vor, dass Arbeitnehmer bis zu 10 Arbeitstage pro Kalenderjahr zu Hause bleiben können und Krankengeld erhalten, wenn das Kind krank ist (Kinderkrankengeld).
 
 

Wissenswertes zur Pflegeauszeit  

  • Das Pflegeunterstützungsgeld wird auf Antrag, der unverzüglich zu stellen ist, unter Vorlage der ärztlichen Bescheinigung von der Pflegekasse oder dem Versicherungsunternehmen des pflegebedürftigen nahen Angehörigen gewährt.
  • Der Arbeitgeber muss unverzüglich informiert werden. Auf der sichersten Seite sind Arbeitnehmer, wenn Sie dem Arbeitgeber die Pflegeauszeit schriftlich mitteilen. Der Arbeitgeber kann für den kurzfristigen Ausfall eine ärztliche Bescheinigung verlangen.
  • Die Regelung berechtigt nicht nur nahe Angehörige wie Ehepartner, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Großeltern, Eltern, Geschwister, Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder, Enkelkinder, Schwiegereltern und Schwiegerkinder, sondern auch Stiefmutter, Schwager und unverheiratete Partner.
 

Kritik

Kritik an diesem Modell kommt nicht nur aus den Reihen der Arbeitgeber, die die geplante Gesetzesänderung für zu bürokratielastig halten. Denn viele Arbeitgeber helfen Arbeitnehmern mit pflegebedürftigen Angehörigen schon heute durch individuelle Regelungen.
 
Zudem wird kritisiert, dass 10 Tage bei Weitem nicht ausreichen, um Angehörige zu pflegen.
 
Die Gesetzesänderung sieht auch vor, die Pflegezeit zu verlängern. So können Arbeitnehmer ein halbes Jahr ganz von der Arbeit fernbleiben oder 2 Jahre in Teilzeit (mindestens 15 Wochenstunden) arbeiten (Familienpflegezeit). Soweit sie in Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten (der Gesetzesentwurf sah 15 Beschäftigte vor) arbeiten, haben die Arbeitnehmer künftig sogar einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit, sie müssen also nicht mehr auf die Einwilligung des Arbeitgebers hoffen. Die Anhebung der Beschäftigtenzahl im Gesetzesentwurferfolgte auf Druck der Wirtschaft – und erntete massive Kritik aus der Opposition.
 
Pflegezeit und Familienpflegezeit dürfen gemeinsam die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht überschreiten.
 
Um während der monatelangen Pflegezeiten das fehlende Einkommen auszugleichen, erhält der pflegende Angehörige außerdem einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Dass das Darlehen nach der finanziellen Durststrecke des Arbeitnehmers zurückgezahlt werden muss, stößt jedoch auf Kritik.
 
zuletzt aktualisiert am 05.12.2014

 Themenspecial

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Simona Markert

Rechtsanwältin

Associate

+49 911 9193 1611

Anfrage senden

Profil

Deutschland Weltweit Search Menu