Metadaten als verstecktes Abmahnrisiko: Vorsicht bei der Websitegestaltung

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veröffentlicht am 8. Dezember 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Eine unscheinbare Gesetzesänderung im Urheberrecht aus dem Jahr 2001 führt in der heutigen Informationsgesellschaft zu praktischen Problemen und zur Gefahr von Ab­mah­nun­gen, die teuer werden können.


Das Urheberrecht ist nach deutschem Rechtsverständnis ein unabdingbares Per­sön­lich­keits­recht. Sobald ein Werk geschaffen ist, können die Rechte daran nie mehr vollständig abgegeben werden. In Zeiten des technologischen Fortschritts und des Internets ist es jedoch zunehmend schwieriger geworden, die Urheber­rechte an Werken, die im Internet hochgeladen werden, für den Urheber zu sichern sowie eine unbefugte Verbreitung seines Werkes zu vermeiden.


Entwicklung

Daher haben sich viele Länder weltweit und auch die EU im Rahmen des WIPO-Urheberrechtsvertrages bereits frühzeitig verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um Werke im Internet zu schützen. Die EU hat die Vorgaben 2001 in der sog. „InfoSoc-Richtlinie” [1] festgelegt.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie 2003 mit zahlreichen Änderungen in nationales Urheberrecht umgesetzt. Dabei wurde, als eher unscheinbare Änderung, ein neuer § 95c UrhG eingefügt. Die Norm gibt u.a. vor, dass vom Rechtsinhaber stammende Informationen für die Rechtewahrnehmung nicht wissentlich unbe­fugt entfernt oder verändert werden dürfen. Im Gegensatz zu dem in § 12 Abs. 1 UrhG normierten Namens­nennungsrecht des Urhebers handelt es sich dabei um eine spezielle Vorschrift, die bestimmte Informa­tions­arten schützt.

Unter die Regelung fallen Konstellationen, in denen der Urheber oder ein sonstiger Rechteinhaber Informa­tionen (z.B. Informationen über den Urheber oder Lizenzbedingungen) in den (in einer Bilddatei oder sonstigen Datei enthaltenen) Metadaten abspeichert und ein Dritter die Informationen entfernt oder abändert.

Ziel des Gesetzgebers bei der Einführung des § 95c UrhG war, die Durchsetzung von Urheberrechten in Bezug auf Werke, die digital zur Verfügung stehen, zu vereinfachen. Allerdings brachten die zunehmende Relevanz und Weiterentwicklung des Internets und der Informationsgesellschaft viele Veränderungen mit sich, sodass die Regelung in der heutigen Praxis kaum beachtet wird.


Die gesetzliche Regelung

Die gesetzliche Regelung des § 95c UrhG ist relativ unkompliziert. Elektronische Informationen zur Rechte­wahrnehmung dürfen bei einem Werk, also u.a. Bilddatei, nicht verändert oder entfernt werden (§ 95c Abs. 1 UrhG). Sollten die vorgenannten Informationen dennoch abgeändert oder entfernt worden sein, darf das Werk so nicht verwendet werden (§ 95c Abs. 3 UrhG). Bei einer leichtfertigen Verletzung bestehen auch strafrechtliche Konsequenzen (§ 108b Abs. 1 Nr. 2 UrhG).

Die Vorschrift ist lediglich auf bestimmte Informationsarten anwendbar, nämlich auf Informationen, die das Werk, den Schutz­gegen­stand, den Urheber oder einen anderen Rechtsinhaber identifizieren. Darüber hinaus sind Informationen über die Modalitäten und Bedingungen für die Nutzung der Werke oder Schutzgegenstände sowie Zahlen und Codes, durch die derartige Informationen ausgedrückt werden, geschützt. Bei den meisten Bilddateien werden die Informationen als Metadaten nach einem sog. „EXIF-, IPTC- oder XMP-Standard” abgespeichert.


Das Problem

Das Verbot, Informationen zur Rechtewahrnehmung zu entfernen, bringt für unsere heutige Arbeitsweise zwei Probleme mit sich:


Immer wieder verändern wir Bilder (ob wir das dürfen oder nicht), z.B. für Websiteauftritte und PowerPoint-Präsentationen, ohne uns dabei Gedanken über die enthaltenen Metadaten zu machen. Bekannt ist i.d.R., dass Bilder nicht ohne die Erlaubnis des Rechteinhabers verändert werden dürfen. Aber unterstellt, dass die Erlaubnis z.B. in Form einer Lizenz besteht, greift trotzdem das Verbot, die Informationen zur Rechtewahrneh­mung zu entfernen. Das erweist sich im Hinblick auf typische Arbeitsabläufe jedoch als kontraintuitiv, denn schließlich wurden die Rechte für die Änderung des Werkes erworben.

Dennoch ergibt das Verbot Sinn: Der Urheber soll vor dem unbegrenzten Vertrieb des (ggf. mehr oder weniger abgeänderten) Werkes im Internet geschützt werden. V.a. angesichts des Umstandes, dass ein Werk, sobald es ins Internet gestellt wird, nur schwer wieder zurückgeholt werden kann, ist das auch nach­voll­zieh­bar.

Zudem verwenden viele Websites sog. „Content-Management-Systeme”. Die Systeme skalieren, komprimieren oder verändern die Bilddateien. Oft bedeutet das, dass technische Informationen – wie Metadaten und somit auch die im Sinne von § 95c UrhG gemeinten Informationen für die Rechtewahrnehmung – entfernt werden. Von einer technischen und Website optimierenden Perspektive ist das durchaus sinnvoll, denn Bilddateien mit Metadaten sowie Informationen für die Rechtewahrnehmung sind größer als solche ohne und führen dazu, dass Websites dementsprechend langsamer laden.

Metadaten, wie die in § 95c UrhG genannten Informationen. wurden lange Zeit auch von bekannten Social-Media-Betreibern, wie Facebook, regelmäßig aus hochgeladenen Bildern entfernt. Auch dieses Verhalten haben die Gerichte als eine Verletzung von § 95c Abs. 1 UrhG eingestuft. Das LG Hamburg stufte die Löschpraxis von Facebook als unzulässig ein. Facebook nahm die Löschung der Informationen wissentlich mithin vorsätzlich vor, da es die entsprechende Content-Management-Software unterhält. Das Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 308 O 39/17) ist seit Kurzem – nach Rücknahme der Berufung – rechtskräftig.

Die Konsequenzen der Entfernung der Informationen für die Rechtewahrnehmung sind erheblich. Es drohen Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen, die zunächst durch Abmahnungen, aber auch durch einst­weilige Verfügungsverfahren oder gerichtliche Hauptverfahren durchgesetzt werden können. In leichtfertigen Verletzungsfällen droht zudem eine Strafbarkeit.

In der Konstellation des Content-Management-Systems ist es in der Praxis regelmäßig problematisch, die Wissentlichkeit des Verhaltens nachzuweisen, denn z.T. ist die entsprechende Funktion nicht einmal im Content-Management-System selbst dokumentiert. Das Problem löst sich, spätestens nachdem eine Abmahnung ins Haus geflattert ist, in Luft auf: Denn ab dem Zeitpunkt ist von einer Wissentlichkeit und daher von einem Verwertungsverbot auszugehen. Spätestens dann ist die Umstellung des gesamten Content-Manage­ment-Systems der Website angesagt – und das kann teuer werden.


Fazit und Handlungsempfehlungen

Aus einer scheinbar kleinen Gesetzesänderung von vor fast 20 Jahren ist eine versteckte Falle geworden. Immer mehr Firmen werden aufgrund fehlender Informationen für die Rechtewahrnehmung auf ihren Websites abgemahnt. Die nochmalige Umstellung einer Website im Nachhinein kostet allerdings sehr viel Geld. Oftmals handelt es sich um tausende Bilder, die neu auf einer Website eingepflegt werden müssen. Die Originalbilder sind häufig nicht mehr vorhanden.

Deshalb ist es wichtig, bei der Gestaltung von Internetauftritten darauf zu achten, dass die vorhandenen Informationen für die Rechtewahrnehmung (Metadaten) ebenfalls hochgeladen werden. Das bedeutet zu wissen, welche Informationen für die Rechtewahrnehmung beim Bild- oder Werkerwerb einerseits vorhanden sind und andererseits mit welchen Informationen das Bild oder Werk am Ende des Tages veröffentlicht wird. So lässt sich verhindern in eine unangenehme Abmahnsituation zu geraten, in der die geschäftliche Website vorübergehend lahmgelegt werden muss. Gleichzeitig kann für den Notfall die Grundlage für eine solide Verteidigung aufgebaut werden.

Darüber hinaus lassen sich bereits bei der Lizenzierung des Inhaltes Vorkehrungen treffen. Obwohl es bislang wenig Rechtsprechung gibt, ist zu vermuten, dass über § 95c UrhG disponiert werden kann. Das bedeutet, dass bei der Vertragsgestaltung wohl vom Urheber auf die Geltung der Norm verzichtet werden kann. Allerdings ist ebenfalls Vorsicht geboten: Denn das Recht steht originär wohl ausschließlich dem Urheber zu, sodass sichergestellt werden muss, dass, wenn von einem Dritten eine Lizenz bezogen wird, der Urheber darauf auch tatsächlich verzichtet hat. Der Verzicht sollte bestenfalls separat vom Verzicht auf Namensnennung statt­finden. Obgleich sich die Gerichte zunehmend mit der dargestellten Thematik auseinandersetzen, steht eine höchstrichterliche Klärung der Frage noch offen.


 



[1] Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.
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