Die Betriebsprüfungen gehen in die nächste Runde – worauf sich Unternehmen einstellen sollten

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veröffentlicht am 7. Dezember 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Das Jahr neigt sich dem Ende zu und in Kürze ist mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse aus den im Jahr 2022 durchgeführten Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung Bund zu rechnen. Allein diese führten im Jahr 2021 zu einer Nacherhebung von rund 681 Mio. Euro an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagen (für Entgeltfortzahlung, Mutterschaftsgeld, Insolvenzgeld) einschließlich darauf entfallender Säumniszuschläge. Ein beachtliches Ergebnis, das nur vom Mehrergebnis von rund 13,1 Mrd. Euro bei steuerlichen Prüfungen in den Schatten gestellt wird.



Doch nicht nur die monetäre Seite der Auswirkungen von Betriebsprüfungen, die teilweise existenzvernich­tende Ausmaße annehmen können, sind für die betroffenen Unternehmen belastend. Insbesondere die straf­recht­lichen Konsequenzen aus einer dann auch häufig durch die Finanzbehörden unterstellten Steuer­hin­ter­ziehung und Nichtabführung von Beiträgen zur Sozialversicherung sind ein bedrohliches Damoklesschwert.

Natürlich muss es das Ziel eines jeden Unternehmens sein, es aufgrund gesetzestreuen Verhaltens gar nicht so weit kommen zu lassen, dass ein Betriebsprüfer auf strafrechtlich relevantes Verhalten stößt. Verhindern lässt sich das im Falle der Lohnsteuer insbesondere dadurch, die bisherige Lohnabrechnung noch einmal im Vorfeld einer anstehenden Außenprüfung kritisch zu bewerten, etwaige Fehler noch vor der Ankündigung einer Be­triebs­prü­fung aufzuarbeiten und die notwendigen Korrekturen durchzuführen. Stichwort: „Nach der Prüfung ist vor der Prüfung!“

Das gilt umso mehr, da die Prüfung von Lohnsteuer und Sozialversicherung als Prüfungsschwerpunkt gesetzt wurde. Die Erfahrung der letzten zwei Jahre zeigt, dass nicht nur immer häufiger Lohnsteuer- und Sozialver­sicherungsprüfungen bei Unternehmen angeordnet werden, sondern auch intensiv bestimmte Prü­fungs­­schwer­punk­te, z.B. Scheinselbständigkeit und geringfügige Beschäftigungen, unter die Lupe genommen werden. Das Ergebnis sind nicht nur „teure“ Prüfungsfeststellungen, sondern auch (steuer-)strafrechtliche Er­mitt­lungs­ver­fahren gegen die Unternehmensführung und ggf. verantwortlich handelnde Mitarbeiter. Dem gilt es unbedingt vorzubeugen!


Worauf sich Unternehmen in den anstehenden Betriebsprüfungen einstellen müssen

Neu ist, dass die elektronische Betriebsprüfung ab dem 1. Januar 2023 verpflichtend ist. Was die Prüffelder anbelangt, wird es im Schwerpunkt bei denjenigen Themen bleiben, die die Betriebsprüfer auch in der Ver­gang­en­heit schon beschäftigt haben.

Hinzukommen wird aber beispielsweise die Frage, ob gezahlte Corona-Prämien den gesetzlichen Anforde­rungen entsprechen. Fehlerquelle kann hier zum Beispiel sein, dass die Prämie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gezahlt wurde, sondern vielmehr eine verdeckte Lohnerhöhung darstellen sollte, so dass die rechtlichen Begünstigungen gerade keine Anwendung finden. Auch Auslandssachverhalte sind nach wie vor im Fokus der Prüfung und dürften mit dem ersten zu prüfenden Pandemiejahr auch ein Er­folgs­ga­rant für Feststellungen falscher Handhabungen sein.

Ein echter Klassiker der Betriebsprüfung ist die Frage nach dem sozialversicherungsrechtlichen bzw. un­ter­neh­mer­ischen Status. Gemeint sind hierbei insbesondere die Fälle der sog. Scheinselbständigkeit – entweder bei der Beauftragung externer Dritter oder aber der Gesellschafter-Geschäftsführer. Für die Sozialversicherung gilt ein Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann als selbständig, wenn er mindestens 50 Prozent der Ge­sell­schafts­an­tei­le hält. Die sogenannten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer bedürfen hingegen einer echten und umfassenden Sperrminorität, um als selbständig zu gelten. Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu insbesondere seine Rechtsprechung aus 2019 konkretisiert (BSG Urteile vom 1. Februar 2022 – B 12 KR 37/19R, B 12 R 19/19 R, B 12 R 20/19 R) und erneut eine klare Absage an Konstellationen erteilt, in welchen nicht uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit von der Sperrminorität erfasst wird.

Ein Prüfungsschwerpunkt sind immer wieder auch die sog. „Minijobber“, da sich hier das Fehlerpotenzial häuft. Von offensichtlichen Falschbehandlungen, wie z.B. der unterbliebenen Anpassung des Mindestlohns (der auch im Jahr 2022 in zwei Schritten erhöht wurde), Unrichtigkeiten in den Aufzeichnungen oder Fehlvorstellungen darüber, ob und wie Überstunden angehäuft und ausgeglichen werden können, weiß jeder Betriebsprüfer aus­gie­big zu berichten. Auch hier kann Phantomlohn entstehen. Phantomlohnthemen werden erfahrungsgemäß immer wieder unterschätzt: Die Sozialversicherung kennt das sog. Entstehungsprinzip. Im Gegensatz zur Lohn­steuer muss einem Arbeitnehmer also nicht erst etwas zufließen, damit eine Besteuerung vorgenommen wird, sondern es reicht, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch hat, auch wenn er diesen gar nicht kennt.

Kritisch werden hier insbesondere Konstellationen, bei denen der Arbeitnehmer für bestimmte Tätigkeiten Zuschläge erhält, nämlich Sonn-, Feiertags-, oder Nachtzuschläge. Erkrankt ein Mitarbeiter oder tritt seinen Urlaub an, so hat er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe des Durchschnitts seiner letzten drei Ver­diens­te. Steuerliche Privilegierungen greifen aber nicht für diese Zuschläge, denn die gesetzliche Steu­er­frei­stellung meint nur solche, die für tatsächlich geleistet Arbeit gezahlt werden. In der Konsequenz werden dann auch zu wenig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Gerne vernachlässigt wird die Künstlersozialversicherung im laufenden Betrieb, was immer wieder zu Nach­for­der­ungen in der Betriebsprüfung führt. Hier gilt es zu beachten, dass z.B. jemand, der Bilder für seine Home­page anfertigen lässt, bereits einen künstlersozialkassenpflichtigen Sachverhalt verwirklicht haben kann.

Aus steuerlicher Sicht waren und bleiben Dienstwägen ein Dauerbrenner in der Prüfung.
Gleiches gilt auch im neuen Jahr für:

  • Drittbezogene Personaleinsätze, beispielsweise verdeckte Arbeitnehmerüberlassung
  • Reisekosten sowie
  • Wertguthabenvereinbarungen


Ungeachtet der genannten Beispiele verbleibt zudem die Spielwiese der typischen Fragestellungen. Eine Außenprüfung, auch die in den oftmals als abseitig betrachteten Abgabenarten wie der Lohnsteuer, kann sich zum Strohfeuer entwickeln, weil auch andere Steuerarten wie die Umsatzsteuer durch Sachbezüge betroffen sein können.


Fazit

Aus diesem Grunde sollte man sich den Leitsatz „nach der Prüfung ist vor der Prüfung“ unbedingt zu Herzen nehmen. Insbesondere ist dringend anzuraten, den Betriebsprüfungsbericht im Nachgang im Detail durch­zu­ge­hen und gefundene Feststellungen auch für die Folgejahre zu prüfen und ggf. zu korrigieren. Nicht selten wird die durchgeführte Betriebsprüfung mit Abheften des Bescheides gedanklich abgehakt. Ein schwerer Fehler, denn jetzt gilt es umzusetzen, was außerhalb des Betriebsprüfungszeitraumes noch keiner Korrektur zugeführt wurde.

Manchmal genügt hier eine einfache Umstellung in der Lohnabrechnung, andere Fälle sind komplizierter und verlangen von den betroffenen Unternehmen umfangreichere Reorganisation. Das gilt vor allem in Fällen der sog. Scheinselbständigkeit, in denen dann unter anderem auch der bestehende Prozess für die Auswahl und Zusammenarbeit mit Externen zu überarbeiten ist.  

Für den Umgang mit Betriebsprüfungen an sich wäre es daher auch wünschenswert, eine Art „Anleitung“ für die Mitarbeiter zu etablieren – ein kleiner Beitrag zur erforderlichen (Tax-) Compliance.

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