Employee Shareholder – Einführung zum 1. September 2013 in Großbritannien

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Bereits in der Sonderausgabe des Auslandsbriefs im Juni wurde in dem Artikel „Shares for rights – Verlieren britische Arbeitnehmer ihre Rechte?” die geplante Gesetzesänderung, die vorsieht, dass Arbeitnehmer gewisse Rechte als Gegenleistung für Anteile an der Gesellschaft aufgeben, diskutiert. Der Gesetzesvorschlag wurde im März 2013 im House of Lords mit großer Mehrheit abgelehnt. Jedoch kann das House of Commons derlei Entscheidungen überstimmen, was im Folgenden auch geschehen ist. Bereits vor der Abstimmung der Lords war politisch ersichtlich, dass das House of Commons nicht von dem Vorschlag abweichen und diesbezüglich nicht seine Meinung ändern wird, wie schlagend die Argumente der Lords in diesem Fall auch waren. Nunmehr trat die Gesetzesänderung des Employment Rights Act 1996 zum 1. September 2013 in Kraft. Durch diese Änderung wurde eine dritte Form des Angestellten eingeführt. Damit besteht neben den im Englischen Recht bekannten „employee” und „worker” nunmehr der „employee shareholder”. Ein Unternehmen kann nun mit jedem neuen oder auch bereits für das Unternehmen tätigen Angestellten einen Vertrag dahingehend abschließen, dass dem Angestellten Anteile an der Gesellschaft gegeben werden und er im Gegenzug auf seine Rechte verzichtet wie z. B. auf 
  • den Anspruch auf flexible Arbeitszeiten,
  • den Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht aufgrund von Weiterbildung,
  • den Anspruch auf eine Zahlung bei betriebsbedingter Kündigung und
  • das Klagerecht im Falle einer rechtswidrigen Kündigung (unfair dismissal).
 
Dies kann einem Arbeitnehmer oder Bewerber jedoch nicht aufgezwungen werden. Erhalten bleibt das Klagerecht bei einer automatisch unfairen Kündigung (automatically unfair dismissal). Eine solche liegt immer vor, wenn die Kündigung im Zusammenhang mit einer Diskriminierung, Schwangerschaft, Behinderung oder mit Whistleblowing steht.
 
Die Anteile müssen dabei vollständig bezahlt sein und einen Wert von 2.000 bis 50.000 britischen Pfund haben. 
 
Der Gesetzesentwurf wurde nochmals dahingehend geändert, dass man nur dann ein „employee shareholder” wird, wenn man als Angestellter oder Bewerber von einem unabhängigen Rechtsanwalt über die Auswirkungen des Rechtsverzichts beraten wird. Die Gebühren für die Beratung müssen vom Arbeitgeber getragen werden, unabhängig davon, ob der Angestellte oder Bewerber dem neuen Status des „employee shareholders” zustimmt oder nicht. Die Beratungskosten dürfen dabei ein „reasonable level” nicht übersteigen. Es muss daher noch abgewartet werden, was in der Praxis als angemessen angesehen wird. Nachdem der Arbeitnehmer bzw. Bewerber über die Auswirkungen seines Verzichtes beraten wurde, ist zusätzlich eine „cooling off period” von sieben Tagen eingeführt worden, innerhalb derer der Angestellte oder der Bewerber die angestrebte Vereinbarung ablehnen kann. Arbeitgeber können den Bewerber dann sofort ablehnen. Sollte der Arbeitnehmer oder Bewerber der Vereinbarung zustimmen, ist diese nur wirksam, wenn der Arbeitgeber ihm ein „statement of particulars” ausgehändigt hat, das die folgenden Punkte enthält:
  • die Rechte, die der Arbeitnehmer bzw. Bewerber aufgibt;
  • die Rechte, die mit den Anteilen verbunden sind, beispielsweise Stimmrechte und Dividenden;
  • ob Beschränkungen betreffend der Übertragbarkeit der Anteile bestehen und
  • ob die Arbeitnehmeranteile den „drag-along rights” oder den „tag-along rights” unterliegen.
     
Zudem darf ein Arbeitnehmer bei Ablehnung nicht benachteiligt, diskriminiert oder gekündigt werden. Unklar bleibt, was im Falle eines Betriebsüberganges geschieht, wenn der neue Arbeitgeber ein solches „employee shareholder scheme” nicht anbietet oder kein Stammkapital hat. Weiterhin ist unklar, was im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die genauen Konditionen des Rückkaufs der Anteile durch die Gesellschaft sind. Was passiert beispielsweise, wenn die Gesellschaft insolvent wird? Wie oben bereits erwähnt, kann dieser neue Status keinem aufgezwungen werden. Dies muss auch bei arbeitsuchenden Personen beachtet werden. Daher wurde der Gesetzesentwurf dahingehend ergänzt, dass Arbeitsuchenden, die ein solches Stellenangebot ablehnen oder sich erst gar nicht dafür bewerben, die staatlichen Zahlungen (jobseeker allowance) nicht gekürzt oder verweigert werden dürfen. 
 
Es bleibt weiterhin spannend, wie die Gesetzesänderung ab September angenommen und umgesetzt wird. Bis dato bestehen noch zu viele offene Fragen, um hier eine Prognose abgeben zu können.

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Jan Eberhardt

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