BGH zur Berechnung des Entschädigungsanspruchs aus § 642 BGB

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​veröffentlicht am 15. April 2020

 

Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Auftraggebers erforderlich, so kann der Unternehmer eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn der Auftraggeber durch das Unterlassen dieser Handlung in Verzug der Annahme kommt. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich – ausweislich des Gesetzeswortlauts – einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits aber auch nach dem, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann. All dies regelt § 642 BGB. Die Vorschrift kann insbesondere dann zur Anwendung kommen, wenn dem Unternehmer Mehrkosten infolge von Bauzeitverschiebungen entstehen. Der Bundesgerichtshof äußerte sich in seiner Entscheidung vom 30.1.2020 (Az.: VII ZR 33/19) zu der Frage, wie die Höhe der Entschädigung im Einzelnen zu ermitteln ist.

 

Wichtige Hinweise für die Praxis:

Ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB wird wie folgt berechnet:

 

  • Dem Wortlaut des § 642 BGB ist der Inhalt des Entschädigungsanspruchs nicht eindeutig zu entnehmen.

 

  • Dem Wortlaut des § 642 Abs. 2 BGB kann insbesondere nicht entnommen werden, dass eine Berechnung in Anlehnung an § 649 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 648 Satz 2 BGB (Vergütung bei freier Kündigung) zu erfolgen hat.

 

  • Dem Wortlaut des § 642 BGB kann ebenso wenig entnommen werden, dass der Maßstab für die Bemessung der Entschädigung die tatsächlichen Kosten für die Bereithaltung von Produktionsmitteln sein sollen. Vielmehr bestimmt § 642 Abs. 2 BGB, dass bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung unter anderem die vereinbarte Vergütung für die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel zu berücksichtigen ist.

 

  • Die angemessene Entschädigung gemäß § 642 BGB ist deshalb im Ausgangspunkt daran zu orientieren, welche Anteile der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich Wagnis, Gewinn und allgemeinen Geschäftskosten auf die vom Unternehmer während des Annahmeverzugs unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallen.

 

  • Im Hinblick auf das Kriterium des anderweitigen Erwerbs ist zu prüfen, ob der Unternehmer seine Produktionsmittel während des Annahmeverzugs anderweitig - produktiv - eingesetzt hat oder einsetzen konnte. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die anderweitige Einsatzmöglichkeit auf einem sogenannten „echten Füllauftrag” beruht, also auf einem Auftrag, der nur wegen des Annahmeverzugs angenommen und ausgeführt werden kann, oder nicht.

 

 

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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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