Geänderte Voraussetzungen für die Befreiung von der Aufstellungspflicht

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zuletzt aktualisiert am 15. Juni 2016 | Lesedauer ca. 2,5 Minuten
 
Durch das BilRUG wurden die Vorschriften über die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung eines Jahresabschlusses und Lageberichts neugefasst und vereinheitlicht. Die Selbstbefreiung für Personengesellschaften ist weiterhin möglich.
 
 

 

Grundsätze

Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter können von der Verpflichtung befreit werden, einen Jahresabschluss und Lagebericht nach den besonderen Vorschriften für Kapitalgesellschaften aufzustellen, prüfen zu lassen und offen zu legen. In Abhängigkeit von der Rechtsform des zu befreienden Unternehmens müssen hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, die nachfolgend unter Berücksichtigung der aktuellen Vorschrifen des Handelsgesetzbuches dargestellt werden. Bei Inanspruchnahme der Befreiung müssen diese Gesellschaften verpflichtend nur einen vereinfachten Jahresabschluss aufstellen.
 

Befreiungen für Kapitalgesellschaften

Kapitalgesellschaften müssen nach den aktuellen handelsrechtlichen Regelungen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllen, um eine Befreiung zu erreichen:
1. Zustimmung aller Gesellschafter zur Befreiung für das jeweilige Geschäftsjahr;
2. Einstandspflicht des Mutterunternehmens für die von dem Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen aus dem jeweiligen Geschäftsjahr;
3. Konzernabschluss und Konzernlagebericht des Mutterunternehmens wurden im Einklang mit den einschlägigen EU-Richtlinien aufgestellt und geprüft;
4. Angabe der Befreiung des Tochterunternehmens im Anhang des Konzernabschlusses des Mutterunternehmens;
5. Offenlegung der o.g. Beschlüsse und Erklärungen sowie des Konzernabschlusses, des Konzernlageberichts und des Bestätigungs­vermerks über die Konzernabschlussprüfung des Mutterunternehmens.
 
Zur Erfüllung der Einstandspflicht für Verbind­lichkeiten des Tochter­unternehmens muss sich laut der Begründung zum Regierungsentwurf das Mutterunternehmen im Innenverhältnis verpflichten, Verluste des Tochterunternehmens, wie nach § 302 AktG, auszugleichen. Darüber hinaus muss das Mutterunternehmen auch die Liquiditätsengpässe des Tochterunternehmens ausgleichen, selbst wenn dieses einen Jahres­überschuss ausweist. Die Verpflichtung kann bspw. durch eine Nachschusspflicht oder eine (harte) Patronats­erklärung begründet werden; ein unmittelbarer Schuldbei­tritt (Außenhaftung) ist hierfür nicht erforderlich. Im Einzelfall ist zu klären, welche Auswirkungen eine solche Erklärung auf den Jahresabschluss des Mutterunternehmens hat (z.B. Haftungsverhältnis, sonstige finanzielle Ver­­pflichtung, ggf. Rück­stellungs­bildung).
 
Die Einstandspflicht des Mutterunternehmens muss nur solche Ver­pflichtungen abdecken, die bis zum Abschluss­stichtag entstanden sind, für den die Befreiung in Anspruch genommen werden soll. Sie muss nach der Begründung zum Regierungsentwurf zumindest durchgehend für den Zeitraum der gesetzlichen Offenlegungsfrist bestehen; ein späteres Erlöschen ist unschädlich.
 
Ist die Kapitalge­sellschaft zugleich ein Mutter­unternehmen, ist sie wie bisher verpflichtet, einen eigenen Konzern­abschluss aufzustellen. Dieser Konzern­abschluss entfaltet keine Befreiungswirkung für den Jahresabschluss.
 
Durch die Offenlegung des befreienden Konzern­abschlusses und der übrigen Unterlagen des Mutter­unternehmens im Bundes­anzeiger sollen Dritten Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns bereitgestellt werden, dessen Mutterunternehmen für Verbindlichkeiten des Tochterunternehmens haftet.
 

Befreiungen für Personenhandelsgesellschaften

Durch die Neuregelung der Befreiungsvorschrift für Personenhandelsgesellschaften wurden die Voraus­setzungen für die Ausübung des Wahlrechts rechtsform­unabhängig für Kapitalge­sellschaften und Personenhandels­gesellschaften ausgestaltet. Zugleich wurden die beiden Befreiungs­fallgruppen (persönlich haftender Gesellschafter oder Mutter­unternehmen einer größeren Gesamt­heit von Unternehmen) stärker hervorgehoben.
 
Personenhandelsgesellschaften müssen folgende Voraus­setzungen erfüllen, um eine Befreiung zu erreichen: 
1. Einbeziehung der Gesellschaft in einen Konzern­abschluss, entweder eines persönlich haftenden Gesellschafters des Unternehmens oder eines Mutter­unternehmens mit Sitz in der EU, wenn in diesen Konzernabschluss eine größere Gesamtheit von Unter­nehmen einbezogen sind;
2. Einhaltung der obigen Voraussetzungen Nr. 3 bis 5 für die Befreiung von Kapital­gesellschaften zu beachten.
 
Nach der Regierungsbegründung handelt es sich um einen Konzernabschluss mit einer größeren Gesamtheit von Unternehmen, wenn in den Konzern­abschluss mindestens drei Unternehmen einbezogen werden.
 
Ist die Personenhandels­gesellschaft zugleich ein Mutterunternehmen, kann sie wie bisher einen Konzern­abschluss mit befreiender Wirkung (sog. Selbstbefreiung) aufstellen; notwendig ist aber auch in diesem Fall eine größere Gesamtheit von in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen.

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André Nestmann

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, IT-Auditor IDW

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