Digitalisierung der Buchhaltung in Brasilien: Mögliche Vorbildfunktion für Deutschland

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veröffentlicht am 17. Juni 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Das Thema Digitalisierung steht weltweit bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Agenda. Nach einer Schätzung des Beratungsunternehmens Gartner wird z.B. der Markt für RPA (Robotic Process Automation) im Jahr 2021 um 19,5 Prozent und in den folgenden Jahren bis 2024 in zweistelliger Größenordnung wachsen.


Die Entwicklung ist auch in Brasilien zu beobachten: Nachdem die Digitalisierung der Buchhaltung in Brasilien, insbesondere durch Automatisierung mithilfe von RPA bis vor gut zwei Jahren überwiegend ein Thema für Großunternehmen gewesen ist, haben sich in der letzten Zeit zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen dazu entschieden, ihre administrativen Prozesse zu automatisieren. Viele international tätige Mittelständler haben dafür Brasilien als weltweiten Piloten für RPA in der Verwaltung gewählt.

  

Digitalisierung der Steuerbuchhaltung in Brasilien

Das liegt v.a. daran, dass in Brasilien die Digitalisierung der Verwaltung (insbesondere im Steuerbereich) schon sehr weit fortgeschritten ist. Viele Unternehmen sind bereits papierlos unterwegs und nutzen Daten nur noch in elektronischer Form.

 

Ein gutes Beispiel sind Ausgangsrechnungen: Unternehmen übermitteln per Schnittstelle die Rech­nungs­daten direkt an das Finanzamt. Anhand der übermittelten Informationen wird dann automatisch und in Sekunden­schnelle vom Finanzamt die offizielle elektronische Rechnung erstellt. Der standardisierte Prozess hat zur Folge, dass die elektronische Rechnung ein festes Format hat und sich immer die gleiche Information (z.B. Steuernummer des Ausstellers/Empfängers, Steuernummer des Ausgangsmaterials etc.) an derselben Stelle befinden. Das erleichtert die Automatisierung ungemein, da der Roboter genau weiß, wo sich eine bestimmte Information befindet. Zu beachten ist dabei jedoch, dass Rechnungen für Warenbe­we­gungen vom Finanzamt des jeweiligen Bundeslandes erstellt werden, Rechnungen für Dienstleistungen dagegen vom Finanzamt der jeweiligen Gemeinde, in der das Unternehmen ansässig ist. Insbesondere bei Dienstleistungen können daher die Formate der einzelnen Gemeinden voneinander abweichen.

 

Zu beachten ist auch, dass der Kongress im Mai eine von Wirtschaftsminister Paulo Guedes geplante Steuer­reform diskutiert. Sie soll im Idealfall noch 2021 verabschiedet werden. U.a. soll die hoch­komplexe Umsatz­steuer harmonisiert werden. Sollte das umgesetzt werden, würde es auch die Digitali­sierung vereinfachen und die Entwicklung zu RPA dadurch weiter und schneller vorangetrieben.

 

Vorteile RPA

Die Vorteile von RPA sind vielfältig: Einerseits lassen sich Prozesse schneller abwickeln – nicht nur, da die Roboter eine einzelne Tätigkeit schneller erledigen, sondern auch dadurch, dass sie 365 Tage im Jahr 24 Stunden verfügbar sind. Allerdings ist bei der Implementierung zu beachten, dass die Prozesse aufeinander abgestimmt sein müssen, damit der oder die Roboter auch wirklich effizient, d.h. 24/7, eingesetzt werden können.

 

Ein weiterer Aspekt ist sicherlich die Erhöhung der Qualität. Die brasilianischen Steuerregeln sind sehr komplex. Da quasi alle Informationen elektronisch eingereicht werden müssen und das brasilianische Finanz­amt hohe Investitionen in seine IT-Infrastruktur vornimmt, werden alle eingereichten Infor­mationen auto­matisch miteinander abgeglichen. Bei Differenzen generiert die Software automatisch Steuerbescheide und das Unternehmen muss dann ggf. Nachzahlungen vornehmen oder beweisen, dass die Zahlungen korrekt vorgenommen worden sind. Beides ist mit Aufwand verbunden. Durch die Einführung eines RPA kann das Risiko dann minimiert werden. Auch dabei ist allerdings zu beachten, dass Änderungen in der Steuergesetz­gebung in den automatisierten Prozess einzuspielen sind. D.h., die Unternehmen müssen einen gewissen Wartungsaufwand mit einplanen.

 

Durch die Automatisierung wird außerdem sichergestellt, dass die definierten Geschäftsprozesse durch­gängig eingehalten werden. Allerdings liegt an dieser Stelle auch eine der großen Herausforderungen der Automati­sierung: Sie wird nur erfolgreich sein, wenn die Prozesse vernünftig strukturiert sind. Eine Automatisierung fehler- oder lückenhafter Prozesse wird dagegen zu massiven Problemen führen. Deshalb ist eine Automati­sierung auch immer eine gute Gelegenheit, die bestehenden Prozesse zu überprüfen und zu optimieren.
 

Häufig bietet es sich an, zunächst einige Schlüsselprozesse zu automatisieren. Das kann i.d.R. in recht kurzer Zeit (zwei bis drei Monate) erfolgen, da viele RPA-Plattformen leicht verständlich und erlernbar sind. Sobald die Mitarbeiter mit Prozessautomatisierung und der RPA-Plattform vertraut sind, übernehmen sie dann häufig in der Folge die Automatisierung immer weiterer administrativer Prozesse.
 

Fazit

Gerade in Brasilien ist die Automatisierung der Buchhaltung auf dem Vormarsch. Es bietet sich für weltweit agierende Unternehmen an, ein Pilotprojekt zu starten, das dann ggf. gruppenweit ausgerollt werden kann. Dadurch lässt sich die Digitalisierung der Unternehmen auch und gerade in Deutschland weiter beschleunigen, um sicherzustellen, dass die gesamte Gruppe gut auf die neue „Buchhaltung 4.0” vorbereitet ist.

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