Die neue Lizenzschranke – Schutz vor schädlichen Steuerpraktiken

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zuletzt aktualisiert am 4. Oktober 2022 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

 

Seit 1. Januar 2018 gilt die sog. „Lizenzschranke”. Dabei wird unter bestimmten Vor­aussetzungen der Betriebsausgabenabzug für Lizenzzahlungen an Konzernge­sell­schaf­ten untersagt. Die Regelung dient der Bekämpfung von schädlichen Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Lizenzzahlungen, die insbesondere von multinationalen Kon­zernen, aber auch von mittelständischen Unternehmen praktiziert werden. 
 
Mit seinem Schreiben vom 19. Februar 2020 äußerte sich das BMF erstmals zur Lizenzschranke. Am 5. und 6. Januar 2022 wurden zwei BMF-Schreiben veröffentlicht, die mehr Rechtssicherheit bei der Verwaltungsmeinung bringen sollen. 


 

 

Seit 2018 ist die Abzugsfähigkeit von Lizenzzahlungen in Deutschland von der steuerlichen Behandlung beim Empfänger abhängig. Das Teilabzugsverbot in Abhängigkeit von der tatsächlichen steuerlichen Belastung im Empfängerstaat soll eine effektive Besteuerung ungefähr auf dem deutschen Steuerniveau gewährleisten.
 

Wirkungsweise der Lizenzschranke

Nach § 4j EStG wird der Betriebsausgabenabzug für Lizenzaufwendungen und andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen beschränkt, soweit sie an nahestehende Personen im Ausland gezahlt werden und dort aufgrund einer Präferenzregelung einer niedrigen Besteuerung unterliegen. Nahestehend sind Personen dann, wenn eine Beteiligung (mittelbar oder unmittelbar) von mind. 25 Prozent besteht. Rechteüberlassungen von fremden Dritten fallen daher nicht unter § 4j EStG.
 
Weitere Voraussetzung ist, dass die Einnahmen entweder keiner Besteuerung oder einer niedrigen aufgrund einer Präferenzregelung unterliegen. Sie liegt vor, wenn die Einnahmen abweichend von der Regelbesteuerung mit weniger als 25 Prozent besteuert werden. 
 
Unter Präferenzregelungen sind im Wesentlichen Patent- oder Lizenzboxen zu verstehen, nach denen Lizenzeinnahmen steuerlich begünstigt werden. In der EU haben viele Staaten eine Lizenzbox, z.B. Belgien, Frankreich, Irland, Italien, die Niederlande oder Zypern. 
 
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Anwendungsbereich des § 4j EstG nicht nur auf reine Lizenz-, Patent- und IP-Boxen beschränkt. Anknüpfungspunkt der Präferenzregelung muss dabei nicht das Erzielen einer bestimmten Einkunftsart sein, sondern kann z.B. auch eine Einkunftsquelle sowie die Rechtsform oder der Ort der Geschäftsleitung oder der Sitz des Gläubigers sein. Zwingende Voraussetzung ist jedoch, dass auch die Einnahmen aus Rechteüberlassungen von der Präferenzregelung umfasst werden.
   
Ein generell niedriger ausländischer Steuersatz löst dagegen noch keine Anwendung der Lizenzschranke aus. Rechtsfolge ist, dass sich das zu versteuernde Einkommen beim Lizenzschuldner um die Lizenzzahlungen erhöht und damit eine indirekte Besteuerung in Deutschland erfolgt. 
 
Die Regelung sanktioniert somit nicht den Eigentümer der Patentbox, sondern den Lizenznehmer. 
 
Mit dem BMF Schreiben vom 6. Januar 2022 wurden die jeweiligen Präferenzregelungen aktualisiert. 
 

Ausnahmen von der Lizenzschranke

Ausnahmen gelten beim sog. „Nexus-Ansatz”, der auf OECD-Ebene entwickelt wurde. Er besagt, dass die Lizenzgesellschaft selbst über ein hinreichendes Maß an eigener Substanz und Tätigkeit auf dem jeweiligen Forschungsgebiet verfügen muss. Soweit die Lizenzbox dem Nexus-Ansatz entspricht, greift § 4j EStG nicht. Ziel des Nexus-Ansatzes ist es, die Vergünstigungen nur noch für solche Lizenzeinnahmen zu gewähren, bei denen die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit von der Lizenzgesellschaft selbst oder als Auftragsforschung durch fremde Dritte erbracht wurde.
 
Mit dem BMF-Schreiben vom 5. Januar 2022 wird auf Anwendungsfragen in Zusammenhang mit der Nexus-Konformität eingegangen. Das „Forum on Harmful Tax Practices” (FHTP) der OECD analysiert international bestehende Präferenzregime und prüft ihre Nexus-Konformität. Soweit Präferenzregelungen i.S.d. Lizenzschranke nicht vom FHTP auf ihre Nexus-Konformität geprüft wurden, muss diese Prüfung im Rahmen des inländischen Besteuerungsverfahrens vorgenommen werden. Die Mitgliedstaaten der OECD haben sich bei der als schädlich eingestuften IP-Regime zu einer Abschaffung oder Nexus-konformen Anpassung der Regelungen bis zum 30. Juni 2021 verpflichtet. 
 
Das BMF hat am 27. Januar 2022 eine Liste veröffentlicht, in der die Präferenzregelungen aufgeführt sind, die nach Ansicht des BMF in den Veranlagungszeiträumen 2018, 2019 und 2020 nicht dem Nexus-Ansatz (vergleiche nachfolgend) entsprechen und für Zwecke des § 4j EstG schädliche Präferenzregime darstellen.

Auswirkungen auf die Praxis

Ziel des § 4j EStG ist die Bekämpfung von Gewinnverlagerungen ins Ausland durch Lizenzboxen, die nicht den OECD-Grundsätzen entsprechen. 
 
Äußerst kritisch ist aus Sicht des Steuerpflichtigen, dass er in Zukunft stets die steuerliche Behandlung des Lizenzgebers im Ausland kennen muss, um seinen eigenen steuerlichen Pflichten nachkommen zu können. Das BMF hat dafür detaillierte Vorschriften zum Nachweis der Regelbesteuerung erlassen. Bei  einer durch das FHTP bestätigten Nexus-Konformität einer Präferenzregelung sind dagegen die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes erfüllt und es bedarf insoweit keines weiteren Nachweises durch den Steuerpflichtigen mehr.
 
Zu beachten ist, dass die Mehrheit der OECD-Staaten die nicht Nexus-konformen Regelungen bereits aufgehoben haben. Aufgrund der Anpassungen vieler Präferenzregelungen dürfte der Anwendungsbereich der Lizenzschranke in der Zukunft deutlich geringer sein.

 Bitte beachten Sie:

  • Achten Sie auf das künftige Monitoring der steuerlichen Behandlung des Lizenzgebers im Ausland.
  • Prüfen Sie bei Lizenzstrukturen in Ihrem Unternehmensverbund die Nexus-Konformität anhand der FHTP-Bewertung und der dazu veröffentlichten, aktuellen Listen.
  • Beachten Sie die detaillierten Dokumentations- und Nachweisanforderungen für den Fall, dass ein nicht FHTP-geprüftes Präferenzregime vorliegen sollte. 
  • Konzerninterne Lizenzstrukturen unter einem nicht-Nexus-konformen Regime sollten kritisch hinterfragt und ggf. umstrukturiert werden. 
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