Wege zur Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten in Schwellen- und Entwicklungsländern

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Das zunehmende Wachstum von Erneuerbaren Energien außerhalb Europas und die politische Neuausrichtung vieler Länder lassen Projektentwickler und Investoren gleichermaßen auf neue Expansionschancen hoffen. Durch die vielfältigen lokalen Herausforderungen und ihren Einfluss auf die Projektfinanzierung kommt dem Risikomanagement eine wichtige Rolle zu. Die sorgfältige Auswahl und Kombination verschiedener Finanzinstrumente kann ein Engagement in aufstrebenden Regionen ermöglichen und den Projekterfolg entscheidend beeinflussen.

 

Das Jahr 2015 stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der Erneuerbaren Energien (EE) dar: Zum ersten Mal wurde in Schwellen- und Entwicklungsländern mehr in diesen Sektor investiert als in Industrieländern. Die Ursachen lassen sich zunächst an der kurzfristigen Entwicklung der Gesamtinvestitionen in Erneuerbare Energien auf einigen Schlüsselmärkten festmachen: Während sie von 2014 bis 2015 in Europa stark um 21 Prozent gesunken sind, konnten vor allem in China, Brasilien und Indien ein starkes Wachstum verzeichnet werden.

 

Gesamtinvestitionen in EE nach Länderkategorien, in Mrd. EUR1 

Abbildung 1: Gesamtinvestitionen in EE nach Länderkategorien, in Mrd. EUR 

 

Langfristig erkennt man, dass das jährliche Investitionsvolumen für Erneuerbare Energien in Schwellen- und Entwicklungsländern von 2004 bis 2015 weitestgehend konstant von damals 9 Mrd. USD auf 156 Mrd. USD im vergangenen Jahr zugenommen hat. Viele der dort zum Teil vergleichsweise höher wahrgenommenen Risiken führen jedoch oft zu beträchtlichen Risikoaufschlägen bei Kapitalgebern, was die Konkurrenzfähigkeit bzw. Realisierbarkeit von EE-Projekten beeinträchtigt.


Besondere Risiken und Folgen für die Wirtschaftlichkeit

Für Investoren stellt die stärkere Ausprägung politischer und finanzieller Risiken in Schwellen- und Entwicklungsländern eine erhebliche Herausforderung dar. Folgende Risiken werden für Schwellen- und Entwicklungsländer besonders häufig genannt und sollen einen ersten Überblick über dortige Besonderheiten geben:

 

 

 Besondere Risiken in Schwellen- und Entwicklungsländern  

Abbildung 2: Besondere Risiken in Schwellen- und Entwicklungsländern

 

Die Wettbewerbsfähigkeit von Erneuerbaren Energien ggü. konventionellen Erzeugungstechnologien in Bezug auf die Stromgestehungskosten (Levelized Costs of Electricity = LCOE) haben bereits viele Studien belegt. Verschiedene Parameter beeinflussen die LCOE. Neben den Anschaffungskosten, Standortbedingungen, Betriebskosten und der Lebensdauer der Anlagen haben besonders die Finanzierungsbedingungen erhebliche Auswirkungen auf die Marktpotenziale von EE.

 

Die zusätzlichen Risiken in Schwellen- und Entwicklungsländern (s. Abb. 2) belasten die Kapitalkosten für EE-Projekte in besonderem Maß. Wegen der meist hohen Anfangsinvestitionen leidet die Wettbewerbsfähigkeit von EE unter den dort deutlich höheren Kapitalkosten, was deren Akzeptanz bei der lokalen Wirtschaft und Bevölkerung mindert. Die Bankability bzw. die Finanzierung von EE-Projekten stellt somit eine der Haupthürden für den Erfolg von EE in Schwellen- und Entwicklungsländern dar und erfordert verstärktes Risikomanagement. Zur Verbesserung der Finanzierbarkeit finden in Industrieländern üblicherweise privatwirtschaftliche Instrumente wie etwa Versicherungen oder ein umfassender und klar geregelter Stromabnahmevertrag (Power Purchasing Agreement = PPA), ggfs. auch gesetzlich geregelt als Einspeisevergütung zwischen Projektgesellschaft und Energieversorgungsunternehmen (EVU) Anwendung. Aufgrund der relativ weitreichenden Auswirkungen von politischen und finanziellen Risiken lässt sich jedoch feststellen, dass Versicherungen für die Besonderheiten in Schwellen- und Entwicklungsländern entweder zu teuer, nicht verfügbar oder schlicht nicht geeignet sind. Beide Risikogruppen verlangen daher zusätzliche Lösungen.  

 

Lösungsansätze für politische Risiken

Hinsichtlich politischer Risiken muss die Initiative zur Beseitigung der Hürden für Investoren klar von der nationalen Regierung und den Institutionen ausgehen. IFIs (International Financial Institutions, z.B. Weltbank) können dabei nur beratend tätig werden. Zu den wesentlichen Maßnahmen der Politik zählen eine klare und langfristig ausgerichtete Regulierung des Energie- und Strommarkts, eine eindeutige Verteilung der Zuständigkeiten unter den Institutionen bei Fragen zu EE und die Verbreitung von Leitfäden und Good Practices auf allen Ebenen der Behörden. Daneben finden sog. „One-stop-shop”-Lösungen bereits praktische Anwendung: Klar strukturierte Bewerbungs- und Genehmigungsprozesse sowie standardisierte Dokumente sollen zu einer reibungslosen Projektabwicklung in den Behörden führen und die Erreichung nationaler Energieziele transparenter machen.


Maßnahmen und Instrumente für finanzielle Risiken

Für Investoren spielen bei der Anlageentscheidung v.a. die finanziellen Risiken in den Zielländern eine Rolle. Bevor die dafür verfügbaren Finanzinstrumente genauer beschrieben werden, sollen zunächst einige der grundlegenden Maßnahmen und Empfehlungen sowohl für IFIs und Geschäftsbanken als auch für Projektentwickler (Engineering, Procurement and Construction = EPC) und Investoren aufgezeigt werden.


Durch die langfristige Orientierung von EE-Projekten kann die teilweise extreme Inflation in Schwellen- und Entwicklungsländern die Höhe der Cashflows von Projektgesellschaften erheblich beeinflussen. Die inflationsbedingten Risiken hängen von verschiedenen Faktoren ab (z. B. Regelungen zum Inflationsausgleich im PPA und in langfristigen Verträgen mit Dritten, kurz- und langfristige Korrelationen zwischen Inflation, Wechselkursen und Zinsänderungen etc.). Um starke Schwankungen der Cashflows zu vermeiden, sollte die Projektgesellschaft (d.h. der Independent Power Producer = IPP) jedoch auf folgende zwei Grundsätze achten:

  • Der Inflationsausgleich im PPA und in langfristigen Verträgen mit Dritten erfolgt in ähnlicher Form.
  • Die Währungen für die Vergütung und für die Finanzierung sind identisch.

 

Die in anderen Märkten von Dritten verfügbaren Hedging-Instrumente zur Erreichung dieser Ziele aus Sicht des Investors stehen in Schwellen- und Entwicklungsländern wie oben erwähnt nicht ausreichend zur Verfügung.


Viele Investoren meiden Schwellen- und Entwicklungsländer oft auch aufgrund des geringen Volumens einzelner Projekte und unverhältnismäßig hoher Transaktionskosten. Mittlerweile bieten jedoch verschiedene Online-Plattformen eine gute Übersicht über potenzielle EE-Projekte, mit denen die Transaktionskosten überschaubar bleiben und die Vermittlung von EPC und Mittelgeber gefördert wird.

Hinsichtlich Kreditfinanzierung bestehen in Schwellen- und Entwicklungsländern zwei große Problemfelder. Auch bei ausreichenden Refinanzierungsmöglichkeiten sind lokale Banken im EE-Sektor zurückhaltend („Kreditbremse”). Hintergrund ist oft fehlendes Know-how oder mangelnde Erfahrung. Technical-Assistance-Leistungen von IFIs widmen sich dieser Problematik. Außerdem besteht oft ein großer Mangel an lokalen langfristigen Krediten. Die Ursachen hierfür liegen u.a. in der nationalen und internationalen Finanzmarktregulierung. Um diesen Hemmnissen entgegenzuwirken, vergeben IFIs oft verschiedene Darlehensformen (z. B. Nachrangdarlehen oder Convertible Loans) mit längeren Laufzeiten mittels Hausbankprinzip (sog. „On-lending”) über Geschäftsbanken an den Endkreditnehmer.

 

 Grundlegende Maßnahmen für ausgewählte Risiken bei EE-Projekten

 

Abbildung 3: Grundlegende Maßnahmen für ausgewählte Risiken bei EE-Projekten

 

Vor dem Hintergrund der Bankability von EE-Projekten sei auch auf den hohen Eigenkapitalbedarf in Schwellen- und Entwicklungsländern hingewiesen. So fordern Banken teilweise über 40 Prozent Eigenkapitalanteil. IFIs setzen anstelle der Direktfinanzierung jedoch vermehrt auf z.B. Garantien oder Liquiditätsfazilitäten, welche die Risiken von Projektgesellschaften auf die IFIs transferieren, die Finanzierung selbst aber lokalen Banken und Privatinvestoren überlassen. Auf diese Weise wird durch die begrenzten Mittel der IFIs zusätzliches Kapital mobilisiert und dem vorherrschenden Eigenkapitalmangel in Schwellen- und Entwicklungsländern auf breiterer Front entgegengewirkt. Welche Finanzinstrumente im Rahmen des Risikomanagements für EE-Projekte infrage kommen, stellt Abbildung 4 dar. 

 

 

Finanzinstrumente für das Risikomanagement in Schwellen- und Entwicklungsländern 

Abbildung 4: Finanzinstrumente für das Risikomanagement in Schwellen- und Entwicklungsländern

 

Zinsänderungs- und Währungsrisiken können in Industrieländern grundsätzlich über Derivate wie Forwards oder Swaps abgesichert werden. In Schwellen- und Entwicklungsländern liegen solche Produkte jedoch oft nur mit kurzer Laufzeit und geringer Liquidität vor. Spezialfonds wie der Currency Exchange Fund (TCX) sollen durch Währungsswaps zu einer besseren Refinanzierung der lokalen Geschäftsbanken führen. Ob diese dadurch tatsächlich vermehrt langfristige Kredite in inländischer Währung anbieten, von denen wiederum Projektgesellschaften profitieren würden, ist im Einzelfall zu prüfen.


Beispiele für Finanzinstrumente von deutschen Anbietern

Ausgehend von Produkten des deutschsprachigen Raums bieten die Lösungspakete der DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft) gute Möglichkeiten, den teilweise vorherrschenden Kapitalmangel in ausländischen Märkten zu mindern. Neben langfristigen Darlehen zwischen vier und zehn Jahren, die auch in Lokalwährung angeboten werden, bietet die KfW-Tochtergesellschaft verschiedene Förderprogramme:

   

1. Klimapartnerschaften mit der Wirtschaft

Das Programm unterstützt Klimaschutzmaßnahmen von deutschen, europäischen und lokalen Unternehmen durch die Übernahme von 50 Prozent der Kosten, z. B. für die Einführung innovativer Klimaschutztechnologien.


2. develoPPP

Das Kofinanzierungsinstrument für Projekte mit einem entwicklungspolitisch und wirtschaftlich besonderen Mehrwert richtet sich an deutsche und europäische Unternehmen und übernimmt 50 Prozent der Kosten.


3. Up-Scaling

Mit dem Programm werden innovative Pionierinvestitionen von deutschen, europäischen und lokalen KMUs in Entwicklungsländern gefördert, welche kurz vor der Kommerzialisierung stehen (z.B. Solar-Home-Systeme). Up-Scaling übernimmt bis zu 500.000 Euro der Gesamtinvestition, welche im Erfolgsfall wieder zurückzuzahlen sind.


4. Zuschüsse für Machbarkeitsstudien

Für Machbarkeits- und Marktstudien im Rahmen der Vorbereitung von weiteren Investitionsmaßnahmen, wie etwa Windmessungen für Windparks, kann die DEG 50 Prozent der Kosten übernehmen.
Förderprogramme stellen zwar diverse Anforderungen an Projektgesellschaften, etwa einen besonderen entwicklungspolitischen Nutzen, honorieren das jedoch mit einem Zuschuss von bis zu 200.000 Euro.
   

Beispiele für Finanzinstrumente von internationalen Anbietern

Auf Ebene der internationalen Produktanbieter sind drei weitere Programme beispielhaft erwähnenswert: GuarantCo, der Global Climate Partnership Fund (GCPF) und die Regional Liquidity Support Facility (RLSF).


1. GuarantCo

Ziel des Programms der niederländischen Entwicklungsbank FMO ist die lokale Bereitstellung von Krediten für Infrastrukturprojekte. Die Vergabe von Teilkreditgarantien an lokale Banken soll dafür einen Anreiz zur Vergabe von Darlehen mit dem notwendigen Volumen und mit ausreichender Laufzeit schaffen. Die Teilkreditgarantie schützt die Bank vor möglichen Zahlungsausfällen der Projektgesellschaft. Die Ausgestaltung ist zwar sehr flexibel, erfordert jedoch umfangreiche Abstimmung zwischen Projektgesellschaft, lokaler Bank und GuarantCo. Zudem liegt die Initiative beim Projektentwickler, der bei der lokalen Bank für die Einbeziehung von GuarantCo werben muss.


2. Global Climate Partnership Fund

Der Global Climate Partnership Fund (GCPF) versteht sich als öffentlich-private Partnerschaft (public private partnership = PPP) und wurde u.a. von der KfW Bankengruppe ins Leben gerufen. Die Mittelverwaltung übernimmt die responsAbility Investments AG. Einerseits dienen die Fondsmittel der Refinanzierung von „Öko-Krediten” (Green lending programmes) lokaler Banken in Schwellen- und Entwicklungsländern, wovon deutsche Projektentwickler je nach Projektstruktur auch profitieren können. Andererseits finanziert der GCPF auch direkt EE-Projekte, welche aufgrund ihrer Komplexität keine lokale langfristige Kreditfinanzierung erhalten.


Die Finanzierung erfolgt i.d.R. über Darlehen i.H.v. fünf bis zehn Mio. USD mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren, wodurch der Mangel an langfristigen Krediten direkt angegangen wird. Es kann auch auf Eigenkapital und Mezzanine-Kapital zurückgegriffen werden. Der Nachweis der Förderfähigkeit und das folgende Reporting verursachen zwar Aufwand auf Projektfinanzierungsebene, trotzdem ist der GCPF gerade in risikoreicheren Ländern eine weitere Alternative.


3. Regional Liquidity Support Facility

Die Regional Liquidity Support Facility (RLSF) adressiert Liquiditätsprobleme von EVUs in Schwellen- und Entwicklungsländern. Sie gelten als Ursache für Abnehmerrisiken und verhindern oft das Financial Closing für EE-Projekte von IPPs. Deswegen hat die KfW zusammen mit der Africa Trade Insurance Agency (ATI) für Ghana, Kenia, Sambia, Malawi und Ruanda die RLSF eingerichtet. Diese soll potenzielle kurzfristige Zahlungsausfälle der EVUs ggü. den IPPs überbrücken und somit deren geplante Projektgesellschaft zum Financial Closing führen. Zusätzlich kann der IPP mit der ATI eine Versicherung gegen politische Risiken abschließen. Die KfW hat bereits weitere Mittel dieser regionalen Liquiditätsfazilität beim Green Climate Fund beantragt, um eine Fortführung der Initiative sicherzustellen.

 

 Funktionsweise Regional Liquidity Support Facility (RLSF)

 

Abbildung 5: Funktionsweise Regional Liquidity Support Facility (RLSF)

 

Die Finanzierung von EE-Projekten in Schwellen- und Entwicklungsländern bleibt komplex. Dies liegt auch daran, dass Risikomanagement dort teils die Einbindung anderer Anbieter und anderer Produkte erfordert. Dennoch lässt sich durch die geschickte Auswahl und Kombination der Instrumente effektives Risikomanagement betreiben.

 

Rödl & Partner verfügt nicht zuletzt aufgrund der federführenden Konzeptionierung des Geothermal Development Fund (GDF) und durch das Fondsmanagement der Geothermal Risk Mitigation Facility (GRMF) über umfangreiche Expertise im Risikomanagement von EE-Technologien. Eine solide Rechts-, Steuer- und Finanzierungsberatung sowie eine sorgfältige Auswahl und Kombination verschiedener Fördermittel können den Erfolg maßgeblich beeinflussen. Die Potenziale in Schwellen- und Entwicklungsländern, wie etwa mittelgroße Projekte zur Stromversorgung lokaler Unternehmen oder dezentrale Systeme
(Mini-Grids), sind noch lange nicht ausgeschöpft.

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Maria Ueltzen

Europäische Dipl.-Verwaltungsmanagerin (FH)

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