Internationale Entwicklungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung – der ISSB im Fokus

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Juli 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

​Während die Europäische Union derzeit mit der Omnibus-Initiative eine Vereinfachung bestehender Offenlegungspflichten in der Nachhaltigkeits­bericht­erstat­​tung anstrebt, schreitet die internationale Pflicht zur Berichterstattung, getrieben von den ISSB Standards, weiter voran.
Ein wichtiger Treiber in der aktuellen internationalen Nachhaltigkeitsberichterstattung ist das Interna­tional Sustainability Standards Board (ISSB), welches im Jahr 2021 auf der 26. UN-Klimakonferenz COP26 von der International Financial Reporting Standards (IFRS) Foundation ins Leben gerufen wurde. Ziel dieses Gremiums ist es, einen weltweit einheitlichen Mindeststandard für die Nachhaltigkeits­bericht­erstattung zu schaffen, der von einzelnen Ländern ergänzt, jedoch nicht unterschritten werden darf. Im Fokus stehen dabei transparente und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen, welche sich insbeson­dere an den Bedürfnissen von Investoren und dem Finanzsektor orientieren. 

Die inhaltliche Grundlage für die ISSB Standards bilden unter anderem die Standards des Sustainability Accounting Standards Board (SASB), die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) sowie der Leitfaden des Climate Disclosure Standards Board (CDSB). Mit der Veröffentlichung der ersten beiden Standards im Juni 2023 – IFRS S1 („General Requirements for Disclosure of Sustainability-related Financial Information“) und IFRS S2 („Climate-related Disclosure”) – wurde der Grundstein für eine globale Berichtsarchitektur gelegt. 

IFRS S1 und S2 im Überblick  

Der Standard IFRS S1 enthält Anforderungen zur Offenlegung nachhaltigkeitsbezogener Risiken und Chancen, während IFRS S2 spezifisch klimabezogene Aspekte adressiert. Beide Standards legen den Fokus auf die Auswirkungen dieser Faktoren auf Zahlungsströme, den Zugang zu Finanzmitteln sowie die Kapitalkosten eines Unternehmens – und das über kurzfristige, mittelfristige und langfristige Zeithorizonte hinweg. 

Nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen, die im IFRS S1 gefordert sind, beziehen sich auf Wechselwirkungen und Abhängigkeiten eines Unternehmens mit verschiedenen Stakeholdern, der Gesellschaft, der Wirtschaft sowie natürlichen Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die im IFRS S2 beschriebenen klimabezogenen Risiken und Chancen umfassen sowohl physische Risiken – etwa akute wetterbedingte Ereignisse wie Stürme, Überschwemmungen oder Dürren sowie langfristige klimatische Veränderungen – als auch Übergangsrisiken und -chancen. Diese entstehen im Zuge des Wandels hin zu einer CO₂-ärmeren Wirtschaft und umfassen beispielsweise Marktveränderungen, regulatorische Anforderungen oder Reputationsschäden.  

Für alle wesentlichen Themen müssen Angaben in vier inhaltlichen Berichtsbereichen gemacht werden:  
  • ​Governance: Prozesse, Kontrollen oder Vorgehen, um Risiken und Chancen zu steuern und überwachen  
  • Strategie: Effekte von Risiken und Chancen auf die Unternehmensstrategie 
  • Risikomanagement: Prozesse zur Identifikation, Bewertung und Steuerung von Risiken 
  • Kennzahlen und Ziele: Kennzahlen zur Messung, Überwachung und Steuerung, einschließlich des Fortschritts bei der Erfüllung von Unternehmenszielen  

​Ein zentrales Element des IFRS S2 ist zudem die Berechnung der Treibhausgasemissionen, einschließlich Scope 1, 2 und 3. Für bestimmte Sektoren gibt es darüber hinaus sektorspezifische Vorgaben, wie zum Beispiel im Lebensmittel-, Finanz- oder Dienstleistungssektor. Es ist jedoch zu beachten, dass alle Offenlegungspflichten im IFRS S1 und S2 der Wesentlichkeitsanalyse unterliegen und es somit keine Mindestanforderungen an die Berichterstattung gibt.
 


Anwenderkreis des ISSB  

Die ISSB-Standards selbst sind nicht unmittelbar rechtsverbindlich, sondern müssen von den Gesetzgebern in nationales Recht überführt werden, um verpflichtend zu gelten. Stand Juli 2025 haben bereits 15 Länder die ISSB Standards adoptiert, 16 weitere Länder befinden sich aktuell im Umsetzungsprozess bzw. haben sich zu einer zukünftigen Umsetzung verpflichtet. Zusammen decken diese Länder mehr als 57 % des globalen Bruttoinlandsprodukts ab.1 In der Umsetzung der IFRS S1 und S2 gibt es international einige Unterschiede, beispielsweise im Anwendungsumfang, Geltungsbereich und Prüfungsanforderung. 

Australien verpflichtet große Unternehmen und finanzielle Institutionen ab 1. Januar 2025 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung über klimabezogene Risiken und Chancen in Anlehnung an den IFRS S2.2 Auch in Brasilien wurden die ISSB Standards in das rechtliche Rahmenwerk aufgenommen und machen die Nachhaltigkeitsberichterstattung dort ab dem 1. Januar 2026 verpflichtend.3 Andere Länder, wie Kanada, Großbritannien und Nigeria haben bereits konkrete Schritte zur Einführung angekündigt oder in die Wege geleitet.  

Überwiegend richtet sich die verpflichtende Umsetzung an börsennotierte Unternehmen, wie beispielsweise in Japan, jedoch nicht immer. In China ist ein schrittweiser Ansatz zur verpflichtenden Berichterstattung für alle Firmen geplant, eingeschlossen gelisteter, nicht-gelisteter und SMEs.4 Dort erschien 2024 ein Entwurf für Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, angelehnt an den ISSB. Auch in Nigeria richtet sich die Berichterstattungspflicht an einen großen Anwenderkreis, dort müssen ab 2030 alle kleinen und mittelgroßen Unternehmen verpflichtend nach den IFRS S1 und S2 berichten, PIEs bereits ab 2028.5  

Auch in Hinblick auf die Prüfpflicht der nachhaltigkeitsbezogenen Informationen zeigen sich deutliche Unterschiede: lediglich zwei der Länder planen eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit, die Hälfte der übrigen Länder hat aktuell noch keine Vorgaben zur Prüfpflicht. 


Ausblick – Sozial- und Biodiversität-Standard geplant  

Das ISSB arbeitet derzeit an einer Überarbeitung des IFRS S2, um auf praktische Herausforderungen bei der Anwendung der Anforderungen zur Treibhausgasberichterstattung zu reagieren. Darüber hinaus wurden erste Schritte zur Entwicklung eines möglichen Standards zu Biodiversität und Ökosystem­leis­tungen unternommen, da diese zunehmend als relevante Faktoren für unternehmerische Risiken und Chancen erkannt werden. Parallel dazu untersucht das ISSB das Themenfeld Humankapital – mit Blick auf Aspekte wie Arbeitsbedingungen, Qualifikationen und deren Bedeutung für die langfristige Wertschöpfung von Unternehmen.  

​Die Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung schreitet international weiter voran – trotz der aktuellen Deregulierungsdebatte rund um die CSRD im Zuge der Omnibus-Initiative in Europa. Für Unternehmen weltweit kann es sich daher lohnen, Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterhin strategisch anzugehen und dabei die ISSB Standards als freiwilliges Rahmenwerk zu nutzen.  
 
 
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