Steuerlicher Wegzug – Praxishinweise für vermögende Privatpersonen

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Nicht nur Vermögenswerte sind heutzutage mobil, sondern auch Steuerpflichtige. Viele Mandanten treibt daher die Frage um, ob sie durch den persönlichen Wegzug in das Ausland einen besonderen steuerlichen Vorteil erlangen können. Dies ist aber nur in Ausnahmefällen möglich.
 
Zunächst ist die „Art” des Wegzugs zu untersuchen: Scheidet der Steuerpflichtige ganz aus der deutschen Steuerpflicht aus oder bleibt eine beschränkte deutsche Steuerpflicht auch nach dem Wegzug bestehen? Letzteres ist der Fall, wenn der dann im Ausland lebende Steuerpflichtige inländische Einkünfte bezieht, d.h. Einkünfte aus inländischen Vermögensquellen (z.B. Dividenden von einer inländischen Kapitalgesellschaft oder Mietzinsen aus einem inländischen Grundstück). Im Fall der beschränkten Steuerpflicht wird im Inland nach den allgemeinen Regeln weiterhin besteuert.
 
Ein Ausscheiden aus der unbeschränkten Steuerpflicht kommt nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige im Inland weder über einen Wohnsitz, noch über einen gewöhnlichen Aufenthalt verfügt. Insbesondere bei der Wohnsitzfrage wird bspw. auch auf die Familie abgestellt. Bleibt danach eine inländische unbeschränkte deutsche Steuerpflicht bestehen und begründet der Steuerpflichtige nach dem Recht des Zuzugsstaates ebenfalls eine unbeschränkte Steuerpflicht, ist bei Bestehen eines Doppelbesteuerungsabkommens nach dem sog. Mittelpunkt der Lebensinteressen zu entscheiden, wo der Steuerpflichtige künftig seine steuerliche Ansässigkeit hat. Dies hat nach den Regeln des Abkommens dann auch unterschiedliche Konsequenzen für die Besteuerung aus bestimmten Vermögenswerten in den beteiligten Staaten oder in Drittstaaten.
 
Beim Wegzug in sog. Niedrigsteuerländer ist zusätzlich zu bedenken, dass die Steuerpflicht bzgl. bestimmter Einkünfte aus inländischen Quellen für den Zeitraum von 10 Jahren nach dem Wegzug u. U. erweitert wird, obwohl diese Einkünfte nach den Regeln der beschränkten Steuerpflicht nicht im Inland steuerpflichtig wären. Dies betrifft bspw. Zinsen aus unbesicherten Darlehen.
 
Weiterhin problematisch sind Fälle, in denen der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt des Wegzugs Anteile an in- oder ausländischen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 17 EStG (d.h. Beteiligung innerhalb der letzten 5 Jahre vor Wegzug zu irgendeinem Zeitpunkt mindestens 1 Prozent) innehatte. In diesem Fall wären im Zeitpunkt des Wegzugs sämtliche stillen Reserven in den Anteilen einer fiktiven Besteuerung zu unterwerfen (sog. Wegzugsbesteuerung). Bei einem Wegzug in das Ausland der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums kann die Steuer zwar u.U. gestundet werden. Da es hierfür auf die Bewertung im Zeitpunkt des Wegzugs ankommt, kann dies bei einem später fallenden Wert für den Steuerpflichtigen schnell zu einem ökonomischen Desaster führen.
 
Auch wenn Steuerpflichtige rechtzeitig die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden suchten und etwa ihre Kapitalgesellschaft in eine inländische, gewerblich geprägte KG eingebracht hatten, führt die Neuregelung des § 50i EStG in vielen Fällen zu einer Sicherung des deutschen Besteuerungsrechts. Einzelheiten hierzu sind noch umstritten. Ebenso ist noch umstritten, ob der Wegzug in das beliebte Zuzugsland Schweiz insoweit nicht steuerlich neutral vollzogen werden könnte. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 28. Februar 2013 (C-425/11) scheint erstmals in diese Richtung zu deuten.
 
Ob durch einen Wegzug ein echter steuerlicher Vorteil erzielt werden kann, hängt maßgebend auch von dem Recht des Zuzugsstaates sowie von dem Inhalt eines etwaigen Doppelbesteuerungsabkommens ab. Dies kann nur durch eine Einzelfallprüfung und eine rechtzeitige Einbindung des steuerlichen Beraters ermittelt werden. Das deutlichste Bekenntnis zum Wegzug, nämlich die Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit, erbringen vergleichsweise nur wenige Steuerpflichtige.
 
Die Grundregeln für den steuerlichen Wegzug lauten:
  • Rechtzeitig planen und das persönliche Umfeld über die Konsequenzen informieren.
  • Eine realistische Bewertung der relevanten Vermögenswerte vornehmen.
  • Das Finanzamt über den Wegzug informieren und die eigene Rechtsposition darlegen.
  • Steuerliche Informationen über den Zuzugsstaat einholen.
  
zuletzt aktualisiert am 12.08.2015

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Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater

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