Pflichten des Auftraggebers im Arbeitsschutz

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veröffentlicht am 27. August 2014
Grundsätzlich trägt jeder Unternehmer selbst die Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter. Die Verantwortung für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit der eigenen Mitarbeiter bleibt für den Unternehmer aber auch dann bestehen, wenn sie im räumlichen Bereich eines Auftraggebers tätig werden.
 

Allerdings kann sich der Auftraggeber nach erfolgter Vertragsunterzeichnung und damit einhergehender Verlagerung der im Vertrag beschriebenen Aufgaben vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer nicht gänzlich aus der Verantwortung nehmen, sondern trägt in der Schnittstelle zum Auftragnehmer gegenüber den Fremdfirmenmitarbeitern ebenfalls eine gewisse Verantwortung.


Es ist eine alltägliche Situation, dass in Gebäuden Arbeitnehmer beauftragter Fremdfirmen zum Einsatz kommen und dort Wartungs- und Prüftätigkeiten sowie Instandsetzungsmaßnahmen im Auftrag des Eigentümers durchführen, ohne dass der Auftraggeber bei der Leistungserbringung durch die Mitarbeiter des Auftragnehmers beteiligt oder anwesend ist. In der Regel liegt den am Gebäude oder den gebäudetechnischen Anlagen zu verrichtenden Tätigkeiten ein Dienstleistungs- oder Werkvertrag zugrunde. Neben den vertraglich vereinbarten Hauptleistungspflichten der Leistungserbringung, des zu entrichtenden Entgeltes und ggf. zusätzlichen Vertragspflichten stellt sich die Frage, ob dem Auftraggeber bei der Leistungserbringung durch den Auftragnehmer Pflichten aus dem Arbeitsschutz obliegen.

Der Auftraggeber ist Eigentümer oder Betreiber des Gebäudes oder der gebäudetechnischen Anlagen, er ist aber nicht der Arbeitgeber der tätig werdenden Beschäftigten. Und die gesetzlichen Grundlagen des Arbeitsschutzes wie bspw. das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) oder das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) verweisen unmissverständlich auf den Arbeitgeber und nicht auf einen Auftraggeber. Nach gängiger Rechtsprechung ist bei einem Werkvertrag auch der Auftragnehmer als Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass seine Mitarbeiter bei ihrer Tätigkeit in dem Unternehmen des Auftraggebers die Arbeitsschutzvorschriften beachten. So obliegt es auch ausschließlich dem Auftragnehmer, eine Gefährdungsbeurteilung über die auszuführenden Tätigkeiten zu erstellen und seine Mitarbeiter über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechend zu unterweisen (§ 12 ArbSchG).

Etwas anderes gilt nur, wenn bei den auszuführenden Tätigkeiten auch Mitarbeiter des Auftraggebers mitwirken. Denn „werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten. Soweit dies für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit erforderlich ist, haben die Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeiten insbesondere sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen.“ (§ 8 Abs.1 ArbSchG).

Doch auch bei ausschließlicher Ausführung der Tätigkeiten durch den Auftragnehmer kann sich der Auftraggeber nicht gänzlich aus der Verantwortung nehmen, sondern trägt in der Schnittstelle zum Auftragnehmer gegenüber den Fremdfirmenmitarbeitern ebenfalls eine gewisse Verantwortung, die sich in erster Linie in der Pflicht zur Einweisung der Fremdfirma in die betriebsspezifischen Gefahren des Betriebes des Aufraggebers niederschlägt.

Denn die Wahrnehmung der dem Auftragnehmer obliegenden Arbeitsschutzpflichten setzt voraus, dass der Auftragnehmer Kenntnis von den spezifischen Gefahren im Betrieb des Auftraggebers hat. Aus diesem Grund kommt dem Auftraggeber die Pflicht zu, den Auftragnehmer hinsichtlich der dortigen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit zu informieren und in die betriebsspezifischen Verhältnisse einzuweisen (so auch § 5 Abs. 3 DGUV V1). Bei größeren Dienstleistungsverträgen ist oftmals eine Implementierungsphase, auch Start-Up-Phase genannt, vorgesehen, in der sich der Auftragnehmer mit den Objektgegebenheiten, den technischen Anlagen sowie der übergebenen Bestands- und Betriebsdokumentation vertraut macht. Im Rahmen dieser Implementierung muss sich der Auftragnehmer u.a. auch mit den objektspezifischen Besonderheiten und Gefahren vertraut machen bzw. vertraut gemacht werden. Bei kleineren Werk- oder Dienstleistungsverträgen hat die Einweisung in die objektspezifischen Gefahren vor der (erstmaligen) Aufnahme der Tätigkeit am Ort der Einsatzstelle zu erfolgen.

Die Pflicht zur Einweisung betrifft allerdings nur solche Gefahren, die der Auftragnehmer selbst nicht erkennen kann. So bedarf die Unterstützung durch den Auftraggeber neben einer allgemeinen Einweisung in die betrieblichen Gegebenheiten (u.a. Hausordnung) einer Einweisung in die spezifischen Richtlinien des Arbeitsschutzes (u.a. Alarm- und Notfallpläne) sowie die gebäudespezifischen Sicherheitsanforderungen. Bei Ein- und Unterweisungen des Auftragnehmers an gebäudetechnischen Anlagen oder einweisungspflichtigen Betriebsmitteln sollten auch die betreffende Gefährdungsbeurteilung sowie die Betriebsanweisungen angesprochen werden.

Mit erfolgter Einweisung ist der Auftraggeber seiner Verantwortung für die Einhaltung des Arbeitsschutzes der Fremdfirmenmitarbeiter aber noch nicht gerecht geworden, da ihm als Auftraggeber eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht obliegt. Diese Pflichtenstellung verkürzt sich aber, soweit er die Durchführung der Maßnahmen zuverlässigen Fachleuten übertragen hat. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, den Auftragnehmer anzuweisen, für die zu erbringenden Tätigkeiten erforderliche Sicherungsmaßnahmen gegen Gefahren zu ergreifen, die der Auftragnehmer selbst rechtzeitig erkennen und auf die er sich einstellen kann (OLG Hamm, Beschluss vom 21. Februar 2014, 11 W 15/14).

Denn in erster Linie ist der Unternehmer verkehrssicherungspflichtig, wenn es um die Sicherheit der Arbeitsstelle im Hinblick auf seine Mitarbeiter geht. Selbst verkehrssicherungspflichtig bleibt der Auftraggeber nur dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig und zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkennt oder wenn er diese bei gewissenhafter Beachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können. Somit verbleibt ihm eine generelle Überwachungspflicht sowie die Pflicht zur eingehenderen Überwachung, wenn sich bei der generellen Überwachung oder aus sonstigen Gründen Zweifel daran ergeben, ob die Fremdfirma den Gefahren in gebührender Weise Rechnung trägt.

Dabei kann es im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht aber nur um solche Gefahren gehen, die vom Gebäude oder den gebäudetechnischen Anlagen und deren Zuständen ausgehen. Nicht hingegen um solche Gefahren, die von eigenen, im Bewusstsein der Gefährdung gefassten Entschlüssen des Auftragnehmers oder seiner Mitarbeiter und deren Folgen herrühren. Damit bleibt es im Verhältnis zum Auftraggeber zu den in seinem Gebäude tätigen Fremdfirmenmitarbeitern alleine Sache des Auftragnehmers, die Vereinbarkeit ihres fachspezifischen Vorgehens mit den geltenden Sicherheitsanforderungen zu prüfen und zu verantworten, denn die Entscheidung darüber, wie ein bestimmter Auftrag aus fachlicher Sicht auszuführen ist, fällt alleine in die Risikosphäre des Auftragnehmers (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. April 1998, 24 U 61/96).

So hat der Auftraggeber gem. § 8 Abs. 2 ArbSchG stichprobenartig zu prüfen, ob die Fremdfirmenmitarbeiter die vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen hinsichtlich der vom Gebäude oder den gebäudetechnischen Anlagen ausgehenden Gefahren umsetzen und einhalten. Sind die Maßnahmen der Fremdfirma unzureichend, hat der Auftraggeber einzuschreiten, wenn Gefahrenquellen zu erkennen sind und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Fremdfirma hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften unzuverlässig ist und den auch einem Laien einsichtigen Sicherheitserfordernissen nicht ausreichend Rechnung trägt (BGH, Urteil vom 05. November 1992, III ZR 91/91). In diesem Fall ist der Verantwortliche der Fremdfirma zu informieren und ggf. das Einstellen der Arbeiten zu veranlassen. Der Auftraggeber ist aber nicht verpflichtet, die beauftragten Fremdfirmen ohne konkreten Anlass zur Einhaltung der allein ihnen obliegenden Arbeitsschutzvorschriften anzuhalten.

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