Die unterjährige Verbrauchsinformation (uVI) – Chancen und Herausforderungen

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veröffentlicht am 3. November 2025


 


Die uVI ist eine direkte Folge der europäischen Energieeffizienz-Richtlinie (EED) 2018/2002 und stellt ein zentrales Instrument dar, um den Gebäudesektor in die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für den Klimaschutz einzubinden. Das übergeordnete Ziel der EED ist es, durch die Schaffung von Transparenz das Bewusstsein der Endnutzer (Wohnraum- ebenso wie gewerbliche Mieter) für Einsparpotenziale zu steigern und somit Energieeffizienz zu erzielen.

Die traditionelle Heizkostenverordnung („HKVO“) dient primär der jährlichen, gerechten Kostenverteilung. Die Einführung der uVI markiert jedoch einen fundamentalen Wandel weg von der reinen Abrechnung hin zu einem aktiven, monatlichen Energiemanagement durch den Endnutzer. Die Verordnung verpflichtet zur monatlichen Mitteilung aktueller Verbrauchsdaten für Heizung und Warmwasser an die Endnutzer. Diese monatliche Berichterstattungsfrequenz ist technisch nur durch den Einsatz fernablesbarer Messtechnik realisierbar, wodurch Eigentümer und Messdienstleister zunehmend die Rolle von Datenlogistikern einnehmen müssen.​

Gesetzliche Neuerungen in 2021

Die Umsetzung der uVI-Pflicht ist streng terminiert und betrifft alle fernablesbaren Liegenschaften unmittelbar. Seit Januar 2022 besteht die Pflicht zur monatlichen uVI-Zustellung in allen Objekten, die bereits über fernauslesbare Messgeräte verfügen. Bei Neuausstattung und Geräteaustausch ist die Installation fernauslesbarer Zähler und Heizkostenverteiler bereits seit Dezember 2021 verpflichtend. Die gesetzliche Ausstattungspflicht verlangt, dass bis Dezember 2026 alle Liegenschaften in Deutschland vollständig auf fernauslesbare Technologie umgerüstet sein müssen.

Die Einhaltung dieser Vorgaben ist für Immobilieneigentümer von größter finanzieller Relevanz, da der Gesetzgeber einen scharfen finanziellen Hebel implementiert hat: das Mieter-Abzugsrecht bei Nichterfüllung. Wird die Pflicht zur aktiven monatlichen Zustellung der uVI verletzt (z. B. durch fehlende aktuelle Mieterdaten oder nicht funktionierende Technik), droht Vermietern ein Abzug von 3 bis 6 Prozent auf die gesamte Heizkostenabrechnung.

Chancen: Die quantifizierbaren Potenziale für Energieeffizienz und Klimaschutz

​Die primäre Chance der uVI liegt in ihrer Lenkungswirkung auf das Nutzerverhalten. Durch die monatliche Transparenz erhalten Endnutzer die Möglichkeit, ihren Verbrauch zeitnah zu korrigieren. Studien gehen davon aus, dass durch die unterjährige Information ein zusätzliches Einsparpotenzial von 7 bis 12 Prozent realisiert werden kann.

Die regelmäßigen Einblicke, die es Nutzern ermöglichen, ihren aktuellen Verbrauch mit dem Vormonat, dem Vorjahr oder dem Durchschnitt eines Vergleichshaushalts zu vergleichen, steigern das Bewusstsein für den Energieverbrauch erheblich. Diese Transparenz ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende im Gebäude. Darüber hinaus dient die uVI als Schutzmechanismus für die Mieter, da sie unerwartete und hohe Nachzahlungen bei der jährlichen Abrechnung verhindert, was insbesondere in Zeiten volatiler Energiepreise von Bedeutung ist.

Allerdings hängt die tatsächliche Realisierung des Einsparpotenzials stark von der digitalen Adoption und der Interaktivität der Zustellungsart ab. Obwohl digitale Kanäle eine zeitnahe, interaktive Darstellung ermöglichen, erfolgt die Zustellung derzeit noch zu 69 Prozent postalisch. Hohe Papiermengen stehen dem Klimaschutzziel entgegen und verringern die Wirksamkeit des Instruments. Der volle theoretische Spareffekt kann nur dann erreicht werden, wenn die digitale Adoptionsrate massiv gesteigert wird, um die Nutzung der Vergleichsfunktionen und Echtzeitdaten zu ermöglichen.   

Herausforderung: Umstellungsfrist und „Lücken“ in der Netzabdeckung

​Eine spezifische Herausforderung betrifft die älteren Funk-Systeme (Walk-by und Drive-by). Obwohl diese Messtechnologien per Definition als fernauslesbar gelten, erfordert die uVI in diesen Fällen, dass Ableser monatlich zu den Liegenschaften fahren, um die Daten zu sammeln. Der damit verbundene hohe monatliche Personaleinsatz ist in den meisten Fällen ökonomisch unwirtschaftlich.

Die HKVO 2021 verschärft die Anforderungen an den Datenschutz, was die Notwendigkeit einzelverschlüsselter Messgeräte einschließt. Für die Zukunftssicherheit ist die Anbindung an das Smart Meter Gateway bis 2031 verpflichtend. Das SMGW ist integraler Bestandteil der Sicherheitsarchitektur, da es verschlüsselte Datenflüsse und kryptografische Kernroutinen bereitstellt. Es ist essenziell für die Interoperabilität mit zukünftigen Energiemanagement-Systemen (EMS). Allerdings nutzt das nichts in ländlichen Bereichen, wenn keine Netzabdeckung vorhanden ist.

Die gestaffelten Fristen – Fernablesbarkeit bis 2026 und Anbindbarkeit an das Smart Meter-Gateway bis 2031 – bergen für Eigentümer die Gefahr einer doppelten Investitionswelle. Wenn heute installierte Geräte, die die 2026-Frist erfüllen, nicht bereits SMGW-tauglich oder darauf vorbereitet sind, droht nach 2026 eine erneute, kostenintensive Anpassung oder gar der Austausch der Infrastruktur. Um dies zu vermeiden, ist die strategische Notwendigkeit gegeben, bereits jetzt auf vollständig fernablesbare, interoperable und SMGW-fähige Technologie zu setzen.

Ausblick

Die uVI ist ein entscheidendes Übergangsinstrument auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung des Gebäudesektors. Die Zukunft liegt in der Integration der Verbrauchsdaten in umfassende Energiemanagement-Systeme und Smart Home-Lösungen. Intelligente Thermostate, die KI nutzen, um das Heizverhalten anhand von Wetterdaten und variablen Energietarifen zu steuern, bieten übrigens zusätzlich das Potenzial, den Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent zu senken. Ein Ziel, das deutlich über die reine Lenkungswirkung der uVI hinausgeht.   

Die technische Voraussetzung für diese intelligenten Anwendungen ist die verbindliche Anbindung an das Smart Meter-Gateway bis 2031, das die höchste Stufe der Datensicherheit und Interoperabilität garantiert.

Für Immobilieneigentümer und Verwalter ergeben sich aus den analysierten Chancen und Herausforderungen 3 strategische Empfehlungen:

  • Priorisierung der digitalen Zustellung: Die Maximierung der Adoptionsrate digitaler Zustellungskanäle (App/Portal) ist die wichtigste Maßnahme zur Kostenreduktion, da die Umlagekosten von durchschnittlich 18,75 Euro auf 5,75 Euro pro Jahr gesenkt werden können. Nur durch digitale Kanäle kann die volle Wirksamkeit der uVI im Sinne der Verhaltensänderung erzielt werden.
  • Zukunftssichere Infrastrukturinvestition: Bei anstehender Umrüstung muss sofort in die modernste, vollständig fernablesbare und SMGW-fähige Messtechnik investier​​​t werden. Dies vermeidet die Notwendigkeit einer zweiten, kostenintensiven Umrüstungswelle bis 2031 und stellt die Interoperabilität für künftige, hocheffiziente EMS sicher.
  • Etablierung einer Daten-Governance: Um das signifikante finanzielle Risiko des Mieter-Abzugsrechts (3 bis 6 Prozent) zu minimieren, müssen Eigentümer und Verwalter eindeutige und proaktive Prozesse zur Pflege und Übermittlung aktueller Mieterdaten an die Messdienstleister implementieren. Die aktive Steuerung von Mieterwechseln ist für die Einhaltung der monatlichen Zustellpflicht unerlässlich.


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Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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