GoBD für Kommunen – Update 2020

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veröffentlicht am 01. Oktober 2020

 

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E-Rechnung, Online-Zugangsgesetz (OZG), Vergabeplattform … – die Digitalisierung erfasst die Kommunen zunehmend.


Sicherlich beeinflusst die Entwicklung auch erheblich die buchhalterischen und steuerlichen Prozesse in den Verwaltungen. Die Finanzverwaltung hat ihre Anforderungen an die digitalen Buchführungsprozesse aktualisiert. Einzelne Bundesländer, etwa NRW, haben die steuerlichen Regelungen bereits als verpflichtend für die Anwendung in den Kommunen erklärt (§ 28 Abs. 5 KomHVO NRW).


Eine Konsequenz: Kommunen müssen zusammen mit ihrem steuerlichen Berater prüfen, ob die Vorgaben im Einzelfall eingehalten werden – ansonsten drohen bei der nächsten Betriebsprüfung ungewollte Probleme.

 

Kommunale Buchführungsprozesse werden zunehmend digital ausgestaltet – Papierunterlagen werden nach und nach ersetzt. Das OZG und der Einsatz der E-Rechnung werden hier eine Katalysatorfunktion einnehmen. Nur eine ordnungsgemäße Buchführung entfaltet gegenüber der Finanzverwaltung Beweiskraft für steuerliche Zwecke. Deshalb müssen Verwaltungen unbedingt darauf achten, dass ihre digitalisierten Datenverarbeitungsprozesse nicht nur in der Finanzbuchhaltung, sondern auch in den Vor- und Nebensystemen wie der Lohnbuchhaltung oder dem Fachverfahren zur Ermittlung von Ansprüchen in der Sozial- und Jugendhilfe, in Ordnungswidrigkeitsverfahren oder zur Gewerbesteuerermittlung den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten entsprechen.


Die Finanzverwaltung aktualisierte im letzten Jahr mit dem BMF-Schreiben vom 28.11.2019 ihre Auffassung zur „ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff” (kurz: GoBD 2020), und dazu, wie eine elektronische Buchführung ordnungsgemäß ausgestaltet ist. Die Neufassung ersetzt das BMF-Schreiben (GOBD 2015) vom 14.11.2014 und ist ab seit dem 1.1.2020 anzuwenden.


Umsetzung der GoBD in der kommunalen Praxis

Für Kommunen heißt das: Sie müssen weiterhin die strengen Anforderungen an die elektronische Buchführung beachten, bspw. eine zeitgerechte Erfassung von Buchungsvorfällen und eine ordnungsgemäße Archivierung digitaler Daten. Die Einhaltung der Ordnungsvorschriften ist durch ein entsprechendes internes Kontrollsystem, z. B. mit dokumentierten Zugriffs- bzw. Berechtigungskonzepten,
durch die Kommune nachzuweisen. Auch eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation für das Datenverarbeitungs-System (DV) muss zur Vermeidung von formellen Mängeln vorhanden sein.


Die wichtigsten Änderungen der GoBD

 

Unveränderbarkeit

Die GoBD legen fest, dass Informationen, die einmal in den Verarbeitungsprozess eingebracht wurden, nicht mehr ohne Kenntlichmachung geändert bzw. gelöscht werden können.

 

Das kann Kommunen fordern: Viele in Kommunalverwaltungen gängige Buchhaltungssysteme erlauben es, Buchungsvorläufe vorübergehend nicht festzuschreiben, um potenzielle Fehler unterjährig beheben zu können. Vor allem auch in den Vorsystemen ist es teilweise noch möglich, Fälle einfach zu überschreiben oder gar zu löschen.

 

Aus Sicht der Finanzverwaltung ist das nicht regelkonform und kann bei einer steuerlichen Außenprüfung als problematisch angesehen werden. Es kommt vor, dass Prüfer die Beweiskraft der Buchführung anzweifeln, weil die Festschreibung fehlt.

 

Änderungen an Buchungen sind ausschließlich so vorzunehmen, dass sowohl der historische Inhalt als auch die vorgenommenen Änderungen erkennbar bleiben.


Aufbewahrungspflicht

Belege sind stets in ihrer ursprünglichen Form aufzubewahren.

 

Ein elektronisch erstellter Beleg ist auch als solcher elektronisch aufzubewahren. Wenn ein elektronisch eingegangener Beleg ausgedruckt und als Papierbeleg archiviert wird, genügt das alleine nicht den Anforderungen der GoBD. Durch die elektronische Archivierung dürfen Strukturmerkmale des ursprünglichen Belegs nicht verlorengehen. Das kann bereits auftreten, wenn eine PDF- in eine TIFF-Datei umgewandelt wird: Der hiermit einhergehende Verlust der zugrundeliegenden XML-Information kann dazu führen, dass der Beleg nicht mehr maschinell auslesbar ist.


Folglich ist die Umwandlung in ein anderes Format immer dann zulässig, wenn dadurch weder die maschinelle Auswertbarkeit eingeschränkt noch der Inhalt verändert wird.


E-Mails müssen dann nicht aufbewahrt werden, wenn sie lediglich als Transportmittel dienen (z. B. wenn die E-Mail im Anhang eine PDF-Rechnung enthält). Durch die Neuregelungen sind die Verwaltungen aufgefordert, detailliert zu analysieren, welche Unterlagen aufbewahrungspflichtig sind und welche nicht. Es empfiehlt sich, hierzu verpflichtend anzuwendende Dienstanweisungen zu erlassen und den Mitarbeitern zur Kenntnis zu geben.

 

Für den Fall eines Systemwechsels oder einer Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem ist die ursprüngliche Hard- und Software des Produktivsystems grundsätzlich neben den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten für die Dauer der Aufbewahrungsfrist vorzuhalten, um die Ursprungsbelege lesbar machen zu können.


Datensicherheit

Die DV-Systeme sind gegen jegliche Art des Verlusts von steuerlich relevanten Daten zu sichern.


Es sind Zugriffs- und Zugangskontrollen zum Schutz der Systeme vor unberechtigten Eingaben zu installieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Buchführung nicht als formell ordnungsgemäß gilt.


Kommunen und öffentliche Körperschaften haben diese Sicherheitsanforderungen während der gesamten Aufbewahrungsfrist der Daten zu gewährleisten.


Insgesamt bedarf es eines strukturierten Prozesses der Informationssicherheit in der Verwaltung, in dem die Anforderung an die Sicherheit der Systeme kontinuierlich überwacht und angepasst wird.


Cloud-gestützte DV-Systeme

In den GoBD 2015 fanden Cloud-Dienste keinerlei Beachtung und es bestanden erhebliche Zweifel an deren Zulässigkeit.

 

Nunmehr können Cloud-Dienste nicht nur für das Hauptsystem, sondern auch für Vor- und Nebensysteme rechtskonform genutzt werden.


Entscheidet sich eine Verwaltung dazu, Cloud-Dienste in Anspruch zu nehmen, so ist zu beachten, dass für die Verlagerung von Servern ins Ausland ein Antrag beim zuständigen Finanzamt zu stellen ist.


Bildliche Erfassung

Mit den GoBD 2020 besteht neben der Möglichkeit der bildlichen Erfassung durch das Scannen nun auch die Möglichkeit der bildlichen Erfassung durch das Abfotografieren mithilfe von Smartphones, Tablets oder Multifunktionsgeräten.

 

Sofern der Beleg im Ausland entstanden ist, ist es nun möglich, diesen auch im Ausland zu erfassen.


Eine Verbringung von Papierbelegen zur bildlichen Erfassung ins Ausland ist mit Wirkung des GoBD 2020 im Rahmen der Speicherung der Belege auf Servern im Ausland nun aus steuerlicher Sicht ebenfalls möglich.


Die Änderungen können in der Verwaltungspraxis zu Erleichterungen führen.


Bisher mussten bei einer Konvertierung von Daten noch die Originalversionen aufbewahrt werden – jetzt besteht eine Erleichterung:


Es bedarf nur noch der Speicherung der Konvertierung, sofern keine bildliche oder inhaltliche Veränderung vorgenommen wird, bei der Konvertierung keine sonstigen aufbewahrungspflichtigen Informationen verloren gehen, die Konvertierung ordnungsgemäß erfolgt und die maschinelle Auswertbarkeit und der Datenzugriff durch die Finanzbehörden nicht eingeschränkt werden.


Verfahrensdokumentation

Die Buchführung muss grundsätzlich so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage der Kommune vermittelt. Der sachverständige Dritte sollte über einen gewissen IT-Sachverstand verfügen; allerdings kann nicht verlangt werden, dass er sofort ein Verständnis von einem individuell gestalteten Geschäftsprozess ohne weiteres Zutun gewinnen kann.


Vor diesem Hintergrund fordern die GoBD eine Verfahrensdokumentation zur Erfüllung des Grundsatzes der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit.


Diese soll den organisatorisch und technisch gewollten Prozess darstellen.

 

Da man in der Praxis oft auf einen Mix aus manuellen und IT-gestützten Kontrollen in einem Verwaltungsprozess trifft, ist die Bereitstellung der meist vom Software-Hersteller gelieferten Anwender- und technischen Systemdokumentation i. d. R. nicht ausreichend. Zudem ist die Beschäftigung mit unterschiedlichen Dokumentationen für die in den Verwaltungen Anwendung findenden (Sub-)Systeme einem sachverständigen Dritten nicht zumutbar. Zertifikate über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung für die eingesetzte Applikation allein entfalten für die Finanzverwaltung keine Bindungswirkung.


Vielmehr müssen Kommunen den Weg und die Verarbeitung der Belege von ihrer Entstehung bis zu einem eventuellen Aufruf durch einen Betriebsprüfer so darstellen, wie er im Verwaltungsablauf gelebt wird.


Somit besteht die Verfahrensdokumentation aus mehreren Komponenten:

  • Allgemeine Beschreibung des Geschäftsprozesses,
  • Anwenderdokumentation,
  • Technische Systemdokumentation und
  • Betriebsdokumentation.

 

Eine gute Verfahrensdokumentation hält diese Komponenten nicht getrennt voneinander, sondern verknüpft sie mit der Beschreibung der Verwaltungsprozesse. Somit ist das Erfordernis der Nachvollziehbarkeit am besten erreicht.


Da sich sowohl Prozesse an sich als auch die dafür eingesetzten IT-Applikationen über den Zeitablauf ändern können, muss die Verfahrensbeschreibung neben den aktuellen auch die historischen Verfahrensinhalte für die Dauer der Aufbewahrungsfrist nachweisen und dem in der Praxis eingesetzten Prozess entsprechen. Das beinhaltet auch die Beschreibung des im gesamten Prozess implementierten internen Kontrollsystems, das sich aus einem Zusammenspiel von technischen (Plausibilitätskontrollen bei Dateneingabe, Funktionstrennung) und organisatorischen Kontrollen (Erfassungskontrollen, inhaltliche Plausibilitätskontrollen) zusammensetzt. Auch an dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass sich die Anforderungen nicht nur auf das Buchhaltungssystem als solches, sondern auch auf die Vielzahl der in der Verwaltung eingesetzten Nebensysteme beziehen.


Die Verfahrensdokumentation ist bei Änderungen zu versionieren und eine nachvollziehbare Änderungshistorie vorzuhalten. Es empfiehlt sich (spätestens) im Zuge der Erstellung der Verfahrensdokumentation die Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und zu bewerten, ob diese (noch) den Anforderungen an einen digitalisierten Prozess entsprechen oder ob eine reine (teilweise) Automatisierung analoger Prozesse stattgefunden hat. Ganz wichtig ist hier auch der Blick über die Hauptbuchhaltung hinaus, in sämtliche buchungsrelevanten Nebensysteme hinein.

 

Datenzugriff beim Systemwechsel

Wie bisher ist bei Betriebsprüfungen sicherzustellen, dass die zuständigen Finanzbehörden auf Verlangen Zugriff auf aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten haben.


Entscheidet sich eine Kommune für die Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten bzw. zu einem Systemwechsel, muss sie nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf den Systemwechsel oder der Auslagerung folgt, die Daten auf Verlangen der Finanzbehörden nur noch auf einem maschinell lesbaren und auswertbaren Datenträger überlassen, (sog. Z3-Zugriff), sofern noch nicht mit der Außenprüfung begonnen wurde.


Was droht bei Verstössen gegen die GoBD?

Wer gegen die Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten verstößt oder sie nicht vollumfänglich erfüllt, riskiert, dass die materielle Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung beanstandet wird. Die Finanzbehörden schätzen in solchen Fällen nicht selten relativ schnell einen Sicherheitszuschlag von 10 bis 15 Prozent, den es im Laufe der Prüfung aufwändig wegzudiskutieren gilt.


GoBD in Kommunen: Fazit

Die Kommunen stehen im Rahmen der Digitalisierung vor einer Vielzahl von Herausforderungen: Prozesse sind so aufzusetzen, dass sie verwaltungseffizient, ordnungsmäßig, revisionssicher und wirtschaftlich sind; zudem müssen sie den Anforderungen der Finanzverwaltung, kodifiziert in den GoBD, entsprechen. Die GoBD sollen es den Prüfern der Finanzverwaltung u. a. ermöglichen, die Prüfung digitaler Datenbestände in den Kommunen digital vornehmen zu können.

 

Da Kommunen zunehmend in den Fokus der Finanzverwaltung geraten, gilt es, schnell und sorgfältig zu handeln!


Bei der Analyse und Ausgestaltung der Prozesse auf GoBD-Konformität wäre es falsch, sich alleine auf die BGAs einer Kommune zu beschränken; vielmehr wird die bis spätestens 2023 umzusetzende Änderung durch den § 2b UStG dazu führen, dass zukünftig weite Teile der Verwaltungen steuerverstrickt und damit zur Beachtung der GoBD verpflichtet sein werden – und zwar sowohl in Haupt- als auch in Nebensystemen.


Die Verwaltungsführungen sollten im Erfordernis die GoBD-Konformität herzustellen, eine Chance sehen, alle Prozesse in ihren Verwaltungen zu analysieren und mit Blick auf die Digitalisierung und die daraus erwachsenden neuen Steuer- und Kontrollerfordernisse zu optimieren. Der nächste Schritt wäre die Einrichtung eines umfassenden kommunalen Compliance-Managementsystems, das sie in die Lage versetzt, ihre Verwaltungsprozesse vollumfänglich regelkonform zu gestalten und damit Haftungsrisiken zu minimieren.

 

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