Der Gebäuderestwert eines abgerissenen Gebäudes kann zu den nachträglichen Anschaffungskosten des Grund und Bodens gehören

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Mit Urteil vom 27. November 2013 (Az. 7 K 2413/11), veröffentlicht am 3. Februar 2014, hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass der Gebäuderestwert eines abgerissenen Gebäudes bei Unterlassung eines Neubaus an gleicher Stelle als (nachträgliche) Anschaffungskosten dem Grund und Boden zuzurechnen ist.
 
Im vorliegenden Streitfall erwarb der Kläger im Jahr 1992 ein Grundstück mit aufstehendem Gaststättengebäude im Wege einer Zwangsversteigerung. Das Gebäude wurde in der Zeit von Dezember 1993 bis Ende März 1994 abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Gebäuderestwert unstreitig 458.560 EUR. Seit Dezember 1993 plante der Erwerber auf dem Grundstück die Errichtung eines Hotelneubaus, für welchen erst im Oktober 1998 eine Baugenehmigung erteilt wurde. Nachdem vergeblich nach Pächtern für den Hotelneubau gesucht wurde, wurde das Hotelprojekt dahingehend überarbeitet, dass nun ein hochwertiges Fünf-Sterne-Hotel mit Wellnessbereich, großzügiger Lobby und zwei Restaurants entstehen sollten. Angesicht der nun anzustrebenden Größe des Projekts stellte sich letztlich heraus, dass aufgrund des angestiegenen Investitionsvolumens von 10-12 Millionen Euro das Projekt vom Kläger nicht mehr realisierbar war. Aus diesem Grund beschloss dieser Ende 2005, das Hotelprojekt nicht in eigener Verantwortung durchzuführen und das Grundstück zu verkaufen. Seine Vermietungsabsicht gab er damit endgültig auf.
 
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 machte der Kläger einen Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, der auch Werbungskosten in Höhe des Gebäudeabrisswertes von 458.560 EUR enthält.
 
Das Finanzamt (Beklagte) erkannte den Gebäuderestwert in Höhe von 458.560 EUR nicht als Werbungskosten an, da diese Kosten mangels Errichtung eines neuen Gebäudes den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen sei.
 
Der Einspruch des Klägers, in dem er die Berücksichtigung des Gebäudewertes in Höhe von 458.560 EUR weiterhin als Werbungskosten der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung geltend machte, blieb erfolglos. Mit einer Klage begehrt der Kläger weiterhin die Berücksichtigung des Gebäuderestwerts als Werbungskosten.
 
Das zuständige Finanzgericht entschied nun in seinem Urteil, dass die Klage unbegründet ist.
Der Gebäuderestwert zählt nicht zu den abzugsfähigen vorweggenommenen und vergeblichen Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Einkommensteuergesetz im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Gebäuderestwert stellt nicht abzugsfähige (nachträgliche) Anschaffungskosten auf den Grund und Boden dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seit dem Beschluss des Großen Senats vom 12. Juni 1987 (GrS 1/77, BStBl. II 1987, 620) sind beim Abbruch eines im Zeitpunkt des Erwerbs technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes der Gebäuderestwert und die Abbruchkosten zwar grundsätzlich den Herstellungskosten des neuen Gebäudes zuzurechnen, wenn das Gebäude bereits mit Abbruchabsicht erworben wurde und an Stelle des abgerissenen Gebäudes ein neues Gebäude errichtet wird. Um einen Erwerb mit Abbruchabsicht handelt es sich nach Auffassung des Großen BFH-Senats, wenn der Abbruch innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren seit dem Erwerb geschieht.
 
Wenn an der Stelle des abgerissenen Gebäudes ein neues Gebäude bzw. sonstiges Wirtschaftsgut erstellt wird, so ist die Beseitigung des alten Gebäudes die Voraussetzung für die Errichtung des neuen Gebäudes. Damit ist nach Auffassung des Großen BFH-Senats ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Abbruch des Gebäudes und der Herstellung des neuen Gebäudes gegeben, der es rechtfertigt, die Abbruchkosten des alten Wirtschaftsgutes auf die Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsgutes anzusehen. Im Falle des alleinigen Zwecks des Abbruchs für die Herstellung eines neuen Wirtschaftgutes, ist der Abbruch als Beginn der Herstellung zu sehen. Da im vorliegenden Fall der Kläger das Gebäude mit Abbruchabsicht erworben hat, ohne an dieser Stelle ein neues Gebäude zu errichten, stellen die Abbruchaufwendungen Anschaffungskosten des Grund und Bodens dar. Das gilt selbst, wenn das abgebrochene Gebäude objektiv noch einen Wert hatte oder der Steuerpflichtige für den Erwerb des Gebäudes einen Kaufpreisanteil aufwenden musste.
 
Entscheidend für die Aberkennung der Werbungskosten im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung und die Anerkennung als (nachträgliche) Anschaffungsosten des Grund und Bodens ist die Tatsache, dass es letztlich nicht zu einem Neubau gekommen ist, in dessen Herstellungskosten der Gebäuderestwert hätte einfließen können. In seinem Beschluss vom 12. Juni 1987 äußert sich der Große Senat des BFH nicht dazu, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn im Zeitpunkt des Erwerbs und des Abbruchs zwar ein Neubau geplant war, diese Absicht aber später aufgegeben wurde.
 
Das Finanzgericht versteht die oben genannte Entscheidung in dem Sinne, dass die Zuordnung von Gebäuderestwert und Abbruchkosten entscheidend von der Art der späteren Grundstücksnutzung durch den Erwerber abhängt. Da der Erwerber das Gebäude mit Abbruchabsicht erworben hat und nach Abriss kein neues Gebäude an der Stelle errichtet hat, habe das alleinige Ziel des Erwerbs des Grundstücks in dem Erwerb des Grund und Bodens bestanden. Der Erwerber habe wirtschaftlich auch einen Kaufpreisanteil für das Gebäude zum Zwecke des Erwerbs des Grund und Bodens aufgewendet. Durch den Abbruch wird der Boden in einen anderen - baureifen - Zustand versetzt, jedoch kein Beitrag für die Herstellung des Gebäudes geleistet.
 
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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Frank Dißmann

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