Erkenntnisse aus dem Urteil des Pariser Gerichtshofs vom 28. Februar im Fall „TotalEnergies“

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veröffentlicht am 15. März 2023 | Lesedauer ca. 9 Minuten


Das im einstweiligen Rechtsschutz ergangene Urteil des Gerichts im Fall „TotalEnergies Uganda“ wurde von den Unternehmen, die nach dem Gesetz „Sorgfalts­pflicht“ vom 28. März 2017 zur Umsetzung und Veröffentlichung eines Vigilanzplans verpflichtet sind, mit großer Aufmerksamkeit erwartet. 

   
 
Zur Zur Erinnerung: Das Entwicklungsprojekt von Total in Uganda („Tilenga“) sieht den Bau einer gigantischen, 1440 km langen Pipeline bis zum Hafen Tanga in Tansania an der kenianischen Grenze vor (East African Crude Oil Pipeline oder „EACOP“).
 
Verschiedene Verbände in Frankreich und Uganda, die gegen das Projekt waren, forderten TotalEnergies ab Juni 2019 auf, „seinen Sorgfaltspflichten nachzukommen in Anbetracht sowohl der Unzulänglichkeiten seines Sorg­faltsplans als auch seiner tatsächlichen Umsetzung sowie seiner Veröffentlichung.“ Sie kritisieren, dass die Gefahr von Menschenrechts- und Umweltverletzungen groß ist, insbesondere durch die Vertreibung der Bevöl­kerung, die Treibhausgasemissionen, die durch die Ausbeutung des Ölkomplexes verursacht werden, sowie die Auswirkungen auf den Zugang der Anrainergemeinschaften zu Wasser und die Ökosysteme. Nach mehreren Urteilen zur Bestimmung des zuständigen Gerichts hatte der Kassationsgerichtshof den Fall an das Gericht für einstweilige Verfügungen in Nanterre verwiesen, das sich zugunsten des Gerichts für einstweilige Verfügungen des Pariser Gerichts für gerichtliche Verfahren für unzuständig erklärt hatte. Dessen Urteil wurde umso mehr erwartet, als andere Unternehmen von Verbänden wegen unzureichender Umsetzung ihrer Wachsamkeitspläne verklagt wurden und weitere Vorladungen in Kürze folgen könnten.
 
Auch wenn das Gericht nicht in der Sache selbst entscheidet, da es sich um ein einstweiliges Verfügungsver­fahren handelt, können nützliche Erkenntnisse über die Konturen der Verpflichtungen gewonnen werden, die auf den dem Gesetz über die Sorgfaltspflicht unterliegenden Unternehmen lasten. Diese Verpflichtungen dürf­ten in den nächsten Jahren nach dem Inkrafttreten der Richtlinie über die Sorgfaltspflicht im Bereich der Nach­haltigkeit, deren Verabschiedung in den nächsten Monaten erwartet wird, aufgrund der niedrigeren Schwellen­werte erheblich zunehmen.[1]
 

Die wichtigsten Erkenntnisse des Gerichtsurteils

1. Notwendigkeit eines vorherigen Dialogs zwischen dem Unternehmen und den Stakeholdern

Das Urteil wies die Klage der Verbände mit der Begründung ab, dass sie TotalEnergies erneut hätten auffordern müssen, seinen Sorgfaltspflichten nachzukommen, da die erste Mahnung vom Juni 2019 auf dem 2018 erstellten Sorgfaltsplan basierte. Seitdem und unter Berücksichtigung der Irrungen und Wirrungen des Gerichtsverfahrens zur Bestimmung des zuständigen Gerichts sind jedoch mehr als drei Jahre vergangen, in denen TotalEnergies seinen Wachsamkeitsplan angepasst und aktualisiert hat. Daher ist der Richter der Ansicht, dass die Verbände ihre Abmahnung auf den letzten bekannten Vigilanzplan hätten stützen müssen, nämlich den von TotalEnergies im Jahr 2022 für das Jahr 2021 veröffentlichten Vigilanzplan. TotalEnergies hat also drei Wachsamkeitspläne veröffentlicht, nachdem der ursprüngliche Plan als Grundlage für die Mahnung diente.

Das Argument ist insofern logisch, als es für den Richter schwierig gewesen wäre, sich zu den angeblichen Mängeln des Wachsamkeitsplans von 2018 zu äußern, obwohl das Wachsamkeitsgesetz erst im März 2017 in Kraft getreten war und es klar war, dass sich der Plan mit der Entwicklung der Projekte von TotalEnergies weiterentwickeln würde.

Darüber hinaus erinnert das Urteil daran, dass das Gesetz die Notwendigkeit einer dreimonatigen Vorabstim­mung vorsieht, damit sich die Parteien treffen können. Es handelt sich also um eine obligatorische Phase des Dialogs und des gütlichen Austauschs, in der das Unternehmen auf die Kritik an seinem Wachsamkeitsplan reagieren kann.

Im vorliegenden Fall hatten die Verbände diese Konzertierung als nicht sinnvoll erachtet, da sie davon über­zeugt waren, dass ihre Forderungen von TotalEnergies nicht gehört würden, und sich daher trotz der Anordnung des Richters für einstweilige Verfügungen in Nanterre vom 1. Juni 2022 geweigert, in die Mediation einzutreten.

In der Tat sind sie der Ansicht, dass die Sorgfaltspflichten kontinuierlich sind und nicht bei jedem neuen Plan erneut abgemahnt werden müssen, da sonst das Gesetz seiner Tragweite beraubt würde, da jedes Jahr ein neuer Plan veröffentlicht wird und sie verpflichtet sind, eine Frist von drei Monaten einzuhalten, bevor sie recht­liche Schritte einleiten können. Angesichts der verfahrensrechtlichen Mittel, die von der verklagten Gesell­schaft in Anspruch genommen werden können, könnte die vorherige Pflicht zur Mahnung auf der Grundlage des zuletzt veröffentlichten Plans daher in einigen Fällen dazu führen, dass es nahezu unmöglich ist, innerhalb einer angemessenen Frist eine Entscheidung in der Sache zu erwirken.

Dieser Argumentation folgte der Richter nicht.
 
Die erste Lehre aus dieser Entscheidung bleibt dennoch, wie wichtig es ist, diese Dialogphase nach einer Abmahnung zu respektieren, um eine echte kontradiktorische Debatte zwischen den Parteien zu führen und nicht nur über Pressemitteilungen.
 

2. Unmöglichkeit für den Richter für einstweilige Verfügungen, sich über den Inhalt des Wachsamkeitsplans zu äussern 

Die Vereinigungen waren der Ansicht, dass die drohenden schweren Schäden für die Menschenrechte und die Umwelt es rechtfertigten, beim Richter für einstweilige Verfügungen die Aussetzung der Arbeiten zum Beginn der Tilenga- und EACOP-Projekte zu beantragen.

Auch hier ist der Richter der Ansicht, dass es ihm mangels Feststellung eines drohenden Schadens nicht zu­steht, die Angemessenheit der im Wachsamkeitsplan angenommenen Maßnahmen zu beurteilen, da dies eine eingehende Prüfung der Sache erfordern würde, die allein in den Zuständigkeitsbereich des Richters in der Hauptsache fällt. Er fügte hinzu, dass der Richter für einstweilige Verfügungen nicht, ohne seine Befugnisse zu überschreiten, eine Handlung auslegen kann, sondern nur die Konsequenzen einer klaren Handlung ziehen kann. Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht zu bestreiten, dass TotalEnergies über einen Wachsamkeitsplan verfügt, dass die Rubriken des Plans nicht summarisch sind, was an die Nichtexistenz des Plans grenzen würde, und dass keine offensichtliche Rechtswidrigkeit vorliegt.

Zweite Lehre aus dem Urteil: Der Rückgriff auf den Richter für einstweilige Verfügungen ist nur dann gerecht­fertigt, wenn ein Element des Wachsamkeitsplans offensichtlich fehlt, was angesichts der Reife der betroffenen Unternehmen sehr unwahrscheinlich ist.
 

 

3. Beurteilung des Inhalts der Wachsamkeitsmassnahmen

Auch wenn der Richter für einstweilige Verfügungen nicht über den Inhalt des Wachsamkeitsplans, sondern nur über dessen Existenz entscheiden kann, enthält das Urteil interessante Überlegungen zur Natur der Verpflich­tung zur Erstellung eines Wachsamkeitsplans nach dem Gesetz vom 28. März 2017.
 
In der Tat wird festgestellt, dass:
  • der Inhalt der gesetzlich vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten bleibt allgemein, da das im Gesetz vorgesehene Dekret, das den Inhalt der Sorgfaltspflichten näher erläutern könnte, nicht veröffentlicht wurde
  • das Gesetz erwähnt keinen Text, der den Richter bei der Beurteilung der Übereinstimmung des Sorgfaltsplans mit „Leitprinzipien, internationalen Normen, Nomenklaturen, Klassifizierungen der Sorgfaltspflichten“ unterstützen könnte, und das positive Recht sieht „keine Bezugsgrößen, Typologie der betroffenen Maßnahmen modus operandi, Leitplanken, Überwachungsindikatoren, Messinstrumente...“ vor
 
Ebenso stellt das Urteil fest, dass es keine Kontrollinstanz gibt, da dem Richter allein die Aufgabe übertragen wurde, diese Kontrolle auf der Grundlage des Standardbegriffs der „Angemessenheit der im Sorgfaltsplan ent­haltenen Sorgfaltsmaßnahmen – ein ungenauer, unscharfer und flexibler Begriff“ durchzuführen.  
 
Bei der Lektüre dieses Urteils wird deutlich, wie einsam der Richter bei der Umsetzung der vom Gesetzgeber festgelegten Ziele zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt ist.
 
Es ist schwer vorstellbar, dass ein oder mehrere Richter in der Lage sind, selbst mit der Unterstützung von Exper­ten und anderen Amicus Curiae zu beurteilen, ob ein Sorgfaltsplan präzise und robust genug ist, um schwere Verstöße gegen die Menschenrechte, die Grundfreiheiten, die Gesundheit und Sicherheit von Personen und die Umwelt im Rahmen seiner Aktivitäten und seiner Kette von Subunternehmern zu erkennen und zu ver­hindern, vor allem, wenn die betreffenden Projekte von den betroffenen Staaten, in diesem Fall Uganda und Tansania, unterstützt werden.
 
Dritte Lehre aus dem Urteil: Indem einem Richter die Aufgabe übertragen wird, festzustellen, ob ein Wachsam­keitsplan nicht nur vorhanden, sondern auch wirksam ist, und mangels eines Anwendungsbezugs, die ein Dekret hätte vorsehen können, erscheint das Gesetz sehr schwer anwendbar.
 

Unsere Analyse

Bedingungen für die Wirksamkeit des Gesetzes: Vergleich mit dem Sapin-II-Gesetz

Im Gegensatz zum Sorgfaltspflichtgesetz hat das einige Monate zuvor (November 2016) verabschiedete Sapin-II-Gesetz eine Regulierungsbehörde (die FFA) eingesetzt, die ein sehr genaues Referenzsystem (Empfehlungen und Leitfäden) festgelegt hat, sodass dieses Gesetz effektiv angewendet werden konnte und die Praktiken der betroffenen Unternehmen im Hinblick auf die Einhaltung der Antikorruptionsvorschriften wesentlich verändert hat.
 
Es ist auch anzumerken, dass die FAA nicht die Befugnis hat (auch wenn sie manchmal versucht ist, dies zu tun), die Relevanz der Risikokartierung zu beurteilen, was die Identifizierung, Bewertung und Priorisierung von Korruptionsrisiken oder Zwangsmaßnahmen betrifft, die im Rahmen von Aktionsplänen zur Reduzierung ihrer Nettorisiken umgesetzt wurden. Es wird allgemein anerkannt, dass diese Verantwortung beim Unternehmen selbst und nicht bei der Regulierungsbehörde liegt.
 
Das Sapin-II-Gesetz wird jedoch durch einen Bezugsrahmen präzisiert, der die Unternehmen bei der Umsetzung des Gesetzes anleiten soll. Dazu gehören Kontrollen der FFA, Empfehlungen, die gegebenenfalls mit Verwar­nungen einhergehen, Folgekontrollen nach Verwarnungen und die Möglichkeit der Berufung auf den Sanktions­ausschuss der FFA.
 
Erste Feststellung: Das Gesetz zur Sorgfaltspflicht ist weitgehend wirkungslos, da es an einem Regulator und einem relevanten Referenzsystem mangelt.
 
 

Vergleich mit dem deutschen „Lieferkettengesetz“ (zu Ungunsten des französischen Gesetzes)

Dieses deutsche Vigilanzgesetz, das Anfang 2021 in Kraft tritt, ähnelt inhaltlich im Wesentlichen dem französi­schen Gesetz vom 28. März 2017, von dem es sich im Übrigen weitgehend inspirieren ließ.
 
Es ist jedoch sehr interessant, dass der deutsche Gesetzgeber, die im Urteil vom 28. Februar festgestellten Mängel nicht reproduziert hat, insbesondere:
  • Weil es eine Regulierungsbehörde (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – „BAFA“) einsetzt, um die Umsetzung des Gesetzes zu kontrollieren. Diese Behörde untersteht der Aufsicht des Wirtschaftsministe­riums und hat auch die Befugnis, Verwaltungssanktionen zu verhängen, wenn das Gesetz nicht umgesetzt wird. Diese Sanktionen können bis zu 2 Prozent des weltweiten Umsatzes des betreffenden Konzerns betra­gen, was für die Unternehmen einen starken Anreiz darstellt, das Gesetz effektiv umzusetzen.
  • Weil das deutsche Gesetz einen präzisen Bezugsrahmen internationaler Normen vorsieht (ein Anhang listet 14 internationale Übereinkommen auf), auf deren Grundlage die Regulierungsbehörde und letztlich der Richter beurteilen müssen, inwieweit ein bestimmtes Sorgfaltsprogramm die Anforderungen des Gesetzes und diesen Bezugsrahmen erfüllt. Dazu gehören das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schad­stoffe (POPS, 2019), das Minamata-Übereinkommen über Quecksilber (2013), das Basler Übereinkom­men über die Kontrolle der internationalen Beförderung gefährlicher Abfälle, die Übereinkommen der Internationa­len Arbeitsorganisation, das Internationale Übereinkommen der Vereinten Nationen über soziale, wirtschaft­liche und kulturelle Rechte (2009) oder auch der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte der Vereinten Nationen (1966).
  • Weil das BAFA die Aufgabe hat, Leitfäden zur Anwendung des Gesetzes zu veröffentlichen, um den betroffe­nen Unternehmen bei der Umsetzung zu helfen. So hat das BAFA, ähnlich wie die AFA in Frankreich im Bereich der Korruptionsbekämpfung, auf seiner Website mehrere Anwendungstexte veröffentlicht, darunter einen Leitfaden für die Umsetzung der Kartierung der Risiken von Menschenrechts- und Umweltverletzungen in der Zulieferkette von Unternehmen (August 2022). Dieser Leitfaden bietet eine Methodik zur Umsetzung des Gesetzes, im Gegensatz zum Vigilanzgesetz, das mangels eines Durchführungsdekrets und einer speziel­len Regulierungsbehörde den Unternehmen die Wahl der Methodik überlässt und sie so der Kritik der Stakeholder aussetzt.
 
Zweite Feststellung: Zwar hat sich der deutsche Gesetzgeber stark am französischen Vigilanzgesetz orientiert, doch hat er darauf geachtet, ihm die Mittel für eine wirksame Anwendung durch die betroffenen Unternehmen zu verleihen, was beim französischen Gesetz nicht der Fall ist, wie das Urteil vom 28. Februar deutlich zeigt.
 
 

Kann die EU-Richtlinie die Mängel des Gesetzes zur Wachsamkeit beheben?

Der Entwurf einer Richtlinie vom 23. Februar 2022 sollte, wenn sie angenommen wird, die Mängel des Gesetzes zur Wachsamkeit beheben. Nach der Annahme durch das Parlament und den Rat, voraussichtlich im Frühjahr 2023, müsste sie innerhalb von zwei Jahren in das innerstaatliche Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden, um 2025 in Kraft treten zu können.
 
Dieses Projekt sieht Folgendes vor:
  • rigorose Definitionen
  • Aufnahme einer Klimastrategie, die auf das Pariser Abkommen abgestimmt ist
  • Schaffung einer unabhängigen Behörde, die für die Einhaltung der Gesetze zuständig ist
  • administrative Sanktionen
  • eine obligatorische Einbeziehung von Interessengruppen
  • eine Haftungsvermutung im Schadensfall
 
Diese Richtlinie würde eine viel größere Anzahl von Unternehmen betreffen als die vom französischen (und deutschen) Gesetz erfassten, da die Schwellenwerte für die Anwendung auf 500 Beschäftigte und 150 Mio. Euro Umsatz (bzw. 250 Beschäftigte und 40 Mio. Euro für Hochrisikosektoren) gesenkt werden würden. Auch nichteuropäische Unternehmen, die auf dem Gebiet der Union tätig sind, wären betroffen.
 
Wir werden Gelegenheit haben, ausführlich auf den Text der Richtlinie einzugehen, sobald er verabschiedet ist.
 
Dritte Feststellung: Die europäische Vigilanzrichtlinie sollte die Lücken des französischen Vigilanzgesetzes schließen und es im Interesse der betroffenen Unternehmen, aber auch der Stakeholder, effektiver machen und die Berücksichtigung von Menschenrechtsüberlegungen und des ökologischen Wandels in ihren Geschäftsmo­dellen beschleunigen.
 
 

Schlussfolgerung

Wie bereits vom Ausschuss der Nationalversammlung in einem am 15. Dezember 2021 veröffentlichten Bericht über die Sorgfaltspflicht multinationaler Unternehmen festgestellt wurde, ist das Gesetz aufgrund der mangeln­den Klarheit des Gesetzes sowie des Fehlens von Anwendungsleitlinien und Bezugsrahmen und einer für die Umsetzung des Gesetzes zuständigen Behörde weitgehend unwirksam. Dies ist auch die Feststellung, die das Pariser Gericht in seinem Urteil vom 28. Februar getroffen hat, und es ist anzunehmen, dass sich die Richter in der Hauptsache ebenfalls dieser Feststellung anschließen werden.
 
Die EU-Richtlinie sollte diese Lücken schließen, wobei jedoch zu hoffen ist, dass sie den Unternehmen keine zu strengen Verpflichtungen auferlegt. In dieser Hinsicht könnte das Inkrafttreten der CSRD-Richtlinie zur nicht­finanziellen Berichterstattung die Belastung (und die damit verbundenen Kosten) für die Unternehmen erhöhen, insbesondere für diejenigen, die bisher nicht betroffen waren.[2]
 
Bis 2025 sollten Unternehmen jedoch nicht warten, um die erwarteten Änderungen der EU-Richtlinie und der CSRD-Richtlinie zu antizipieren und Aktionspläne umzusetzen, die der Vorbereitung auf diesen Übergang gewidmet sind. Dies gilt umso mehr für Unternehmen, die bislang nicht unter das Gesetz zur Sorgfaltspflicht fallen.
 
Besteht der Fehler des französischen Gesetzgebers nicht darin, dass er zu früh richtig lag und nicht in der Lage war, seine Bemühungen fortzusetzen, indem er das Gesetz mit einer Autorität, Mitteln und Werkzeugen aussta­ttete, um es wirksam werden zu lassen? Ungeachtet des Fehlens solcher Instrumente kann man sich jedoch trotzdem freuen, dass dieses Gesetz, so unvollkommen es auch sein mag, den Weg für ehrgeizigere Projekte (deutsches Gesetz, EU-Richtlinie) geebnet und die großen französischen Unternehmen dazu veranlasst hat, oftmals ehrgeizige Vigilanzpläne zu erstellen und so die Herausforderungen der Achtung der Menschenrechte und der Umwelt in ihrer Lieferkette in den Mittelpunkt ihrer Strategien und Geschäftsmodelle gerückt zu haben.
 


[1] Zur Erinnerung: Das französische Gesetz zur Sorgfaltspflicht gilt für große Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten in Frankreich oder 10.000 Beschäftigten im Ausland. Der Entwurf der EU-Richtlinie sieht vor, dass die Schwellenwerte für die Anwendbarkeit der Richtlinie weltweit 500 Mitarbeiter und 150 Mio. Euro Umsatz betragen würden, wobei diese Schwellenwerte auf 250 Mitarbeiter und 50 Mio. Euro Umsatz gesenkt werden, wenn mehr als 50 Prozent der Geschäftstätigkeit in sogenannten Hochrisikosektoren, insbesondere Textilien, Landwirtschaft oder Rohstoffe, erfolgt. Darüber hinaus sieht das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene deutsche Lieferkettengesetz Schwellenwerte von 3.000 Mitarbeitern und ab dem 1. Januar 2024 von 1.000 Mitarbeitern vor.
[2] Zur Erinnerung: Die CSRD-Richtlinie wird ab 2024 schrittweise eine wachsende Zahl von Unternehmen betreffen (schätzungs­weise 50.000 Unternehmen). Sie wird für alle börsennotierten Unternehmen sowie für große Unternehmen gelten, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: (i) 250 Mitarbeiter, (ii) 40 Mio. Euro Nettoumsatz, (iii) 20 Mio. Euro Bilanzsumme.
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