Geothermie - ThinkGeoEnergy hakt nach

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Quelle: ThinkGeoEnergy, 21. Juli 2015
 
 
Als eine der führenden Nachrichtenplattformen im Bereich Geothermie informiert ThinkGeoEnergy wöchentlich über akutelle Geschehnisse rund um die Thematik der Geothermie.
 
Unser Berater und Wirtschaftsingenieur Kai Imolauer stand ThinkGeoEnergy hinsichtlich Markteinschätzung und zukünftiger Branchenentwicklung Rede und Antwort.
 

 
Rödl & Partner berät bei Geothermie-Projekten nicht nur in Europa, sondern auch weltweit. Welche Schlüsselprojekte im Bereich Geothermie verdeutlichen die Tätigkeiten von Rödl & Partner?

Die Schlüsselprojekte im Bereich Geothermie beziehen sich auf Risikomanagement und strukturierte Finanzierung. Neben unseren normalen Beratungsdienstleistungen zu rechtlichen oder wirtschaftlichen Fragestellungen haben wir die erste private Unternehmensversicherung für das Erkundungsrisiko entwickelt, die erstmals mit der Munich Re für das Geothermie-Projekt in Unterhaching, Deutschland, bei welchem uns die Projektleitung übertragen wurde, unterzeichnet wurde. Darüber hinaus haben wir die Strukturen für landesweite Risikofonds-Lösungen in Deutschland, Indonesien, Südamerika (Geothermal Development Facility (GDF)) und sogar EU-weit für die Europäische Kommission (GEOFAR) ausgearbeitet.
 
 

Zusammen mit dem isländischen Unternehmen Mannvit leitet Rödl & Partner die Geothermal Risk Mitigation Facility for East Africa (GRMF), ein von der Afrikanischen Union ins Leben gerufenes Programm. Welche Rolle spielt Rödl & Partner bei diesem Projekt?

Rödl & Partner übernahm die Führungsrolle als Fondsmanager. Wir sind für die Bewertung der Interessensbekundungen und der Anträge bis zur Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Gewährung von Zuschüssen verantwortlich und auch für die Überwachung der Projekte sowie die Liquiditätsplanung des Fonds selbst. Mannvit aus Island steuerte die gesamte erforderliche geotechnische Sachkompetenz für den Betrieb der GRMF bei.
 
 

Die Risikominderung bei der Erschließung von Geothermie und insbesondere die Projektfinanzierung sind von zentraler Bedeutung. Fonds wie GRMF gelten als ein hervorragendes Instrument, um Projekte in einem frühen Stadium zu fördern, und so die Projektfinanzierung zu erleichtern. Was sehen Sie bei der Entwicklung solcher Fonds als Schlüsselelemente an, auf die das Augenmerk zu richten ist? 

Das Konzept des Fonds muss so differenziert wie die Märkte sein. Die Reife der Märkte spiegelt sich in den regulatorischen Rahmenbedingungen und in dem politischen Willen, diese Märkte für z.B. private Investoren zu öffnen. Ohne eine Analyse dieser regulatorischen Aspekte und natürlich der geologischen Ressourcen ist es unmöglich, eine maßgeschneiderte Lösung für ein Land oder eine Region zu entwickeln.
 
 

Welche Akteure investieren zur Zeit in Geothermie-Projekte und wer käme als potentieller Investor in Frage, gesetzt den Fall, es gäbe ausreichende Instrumente zur Risikominderung? 

Das ist ebenfalls von Region zu Region unterschiedlich. In Ostafrika sind es überwiegend öffentliche Einrichtungen, es gibt aber auch einige private Projektentwickler. In Südamerika engagieren sich mehrheitlich private Entwickler, weil es dort einfacher ist, sich als IPP [Independent Power producer - Unabhängiger Stromerzeuger] Zutritt zum Energieerzeugungsmarkt zu verschaffen. 
 
 

Welches sind Ihrer Ansicht nach die ausschlaggebenden Fähigkeiten, die ein Entwickler besitzen muss, um sich für Förderung im Bereich Risikominderung zu qualifizieren, die Bestandteil von Instrumenten wie GRMF ist? 

Professionalität. Die Entwickler müssen die Antragsstellung auf die gleiche Weise wie den Umgang mit einem Co-Finanzierer angehen. Auf die gleiche gewissenhafte Art und Weise müssen das Projekt, dessen Verlauf und die Dokumentation ausgearbeitet und vorgelegt werden, und das wird letztlich der Antragsstellung zum Erfolg verhelfen.
 
 

Es gibt verschiedene internationale Bestrebungen, um Instrumente zur Risikominderung zur Verfügung zu stellen, z. B. durch Zuschüsse, speziellen Kreditfazilitäten, Versicherungssystemen und andere Maßnahmen. Welche entscheidenden Elemente sind diesen Bestrebungen gemein? Inwieweit müssen diese Programme auf die länderspezifischen Besonderheiten wie Gesetzgebung, Energiemarkt etc. zugeschnitten sein?  

Das Grundprinzip, das allen Anteilseignern klar sein muss, ist Folgendes: Vorhandene Risiken werden auf eine öffentliche Stelle übertragen – welches Instrument auch immer zum Einsatz kommt, sei es Zuschuss, Kontingent, Garantie oder Versicherung, am Ende wird das Scheitern des Projekts öffentliche Kosten verursachen. Die Instrumente können revolvierend sein und über Leverage-Effekte verfügen, aber entscheidend wird die Frage sein: Passt das Instrument zu der Reife des Marktes und wird das Programm die erwartete Wirkung zeigen? Folglich muss es auf den Markt und auf die Anforderungen des Geldgebers zugeschnitten sein.
 
 

Was sind für Investoren die Schlüsselelemente bei derartigen Programmen zur Risikominderung? Sind sie unterschiedlich je nach Akteur, z.B. Bank, Eigenkapitalfonds, größeres Energieunternehmen?

Gewöhnlich richten sich die Vorteile an das Projektentwicklungsunternehmen (öffentlich oder privat); es ist sowieso dessen Aufgabe, die frühen Entwicklungsstadien durch Eigenkapital zu finanzieren. Banken sind normalerweise nur dann involviert, wenn eine Versicherung (z.B. mit der Munich Re) abgeschlossen wird. Aber grundsätzlich hängt nicht so viel vom Hintergrund ab, denn wenn Risikokapital zur Verfügung steht, werden alle Akteure dies in ihre strukturierte Finanzierung einbauen. Entweder ist es wichtig, um das Projekt durchzuführen, oder es kann eine Art „schön, aber nicht notwendig"-Anreiz für die Eigenkapitalrentabilität.
 
 

Manche Programme zur Risikominderung finanzieren Projekte zu einem früheren Zeitpunkt als andere. Was wirkt sich Ihrer Ansicht nach am stärksten positiv auf die Gewinnung von Investitionen und der Förderung des Ausbaus aus?  

Alle Instrumente haben ihre Auswirkung: Zuschüsse für Oberflächenstudien bewirken, dass sich Ideen zu marktfähigen Projekten entwickeln und das wiederum könnte zu Bohrungsprogrammen führen. Subventionen für Bohrungen unterstützen die Finanzierung in einem kritischen Stadium und ermöglichen es daher dem Entwickler, die Ressourcen zu bestätigen und wahrscheinlich ein Projektstadium zu erreichen, das die Projektfortsetzung erlaubt. Mit Sicherheit wirkt sich das Zweitgenannte stärker positiv aus, wenn es das Ziel ist, Kraftwerke ans Netz zu bekommen, da ein bestätigter Rohstoff früher oder später erschlossen werden wird.
 
 

Einige Länder, wie Kenia, ziehen gerade in Erwägung, die Erschließung der Ressourcen vollständig zu übernehmen und Investoren nur zur Anlagenentwicklung hinzuzuziehen. Könnte dies ein gutes Modell für andere Länder, z.B. in Ostafrika, sein? Oder wieweit/bis zu welcher Phase sollte die Regierung an der Erschließung beteiligt sein?  

Das ist eine politische Frage: Soll ein Land die Nutzung seiner geologischen Ressourcen der Kontrolle durch den Markt "offen" zur Verfügung stellen oder sie kontrollieren, z.B. indem die Erschließung (Upstream-Prozesse) selbst durchgeführt wird. Ich bin Deutscher und habe den Boom in Deutschland im letzten Jahrzehnt gesehen; das lässt mich glauben, dass eine schnelle Energiewende möglich ist, wenn den Märkten die passenden Rahmenbedingungen für Privatkapitalinvestitionen geboten werden. In bestimmten Fällen könnte dies die falsche Lösung sein, wenn die Gefahr besteht, dass die Kosten (z.B. Einspeisevergütungen) explodieren, aber letztlich hängt es von der nationalen Energiepolitik ab und welchen Weg sie einschlagen, um ihre Ziele zu erreichen.
 
 

Welches Programm ist Ihrer Meinung nach bislang das erfolgreichste, oder ist es für eine solche Aussage noch zu früh? 

Wahrscheinlich ist es zu früh, aber ich bin überzeugt, dass GRMF zu der beschleunigten Entwicklung des Marktes für Geothermie beigetragen hat und in der kommenden Antragsrunde 3 auch neue Akteure auf den Markt holen wird. GDF wird sich auch als hervorragendes Programm erweisen und mit Sicherheit den südamerikanischen Markt wesentlich unterstützen.
 
 

Öffentliche Akteure, wie kleine Gemeinden, könnten oft von Geothermie-Projekten profitieren, z.B. über Fernwärme, haben aber nicht die nötige Finanzkraft. Welche Anreize könnten diesen Gemeinden helfen, ihre eigenen Projekt zu entwickeln oder private Akteure anzulocken? 

So wie wir es bereits bei GEOFAR für die Europäische Kommission gemacht haben, denken wir, dass in erster Linie Zuschüsse für die Förderung von Machbarkeitsstudien und Oberflächenuntersuchungen wichtig sind, um eine Projektidee zu entwickeln und die Basis für weitere Schritte zu schaffen. Die zweite Phase ist viel komplizierter. Jedes Konzept, das dazu führt, dass die Gemeinde die Bohrungsarbeiten fortsetzen kann, ist gut; wahrscheinlich wird es eine Kombination verschiedener Instrumente, wie Zuschüsse, Versicherungen oder Garantien sein. Und sicherlich können auch PPP–Modelle eine wichtige Rolle spielen, wenn die Gemeinde nicht über das Wissen im Bereich Projektentwicklung verfügt oder das Projekt nicht finanzieren kann. Geothermie ist der Hidden Champion unter den Erneuerbaren Energien – jede Förderung ist willkommen!

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Kai Imolauer

Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH)

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