Homeoffice: Eignung zur Begründung einer steuerlichen Betriebsstätte

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aktualisiert am 5. März 2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Die Begründung einer ertragsteuerlichen Betriebsstätte ist sowohl im deutschen Steuer­recht als auch im internationalen Kontext von entscheidender Bedeutung. Mit ihr gehen für Unternehmen sowohl Compliancepflichten als auch die Verteilung von Besteuerungsrechten einher. Im Zuge der modernen Arbeitswelt werden immer mehr Arbeitnehmer nicht in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers tätig, sondern arbeiten aus den eigenen vier Wänden heraus. Die Finanzverwaltung hat für das Arbeiten aus dem Homeoffice neue Hinweise veröffentlicht.



Nationaler Betriebsstättenbegriff

Am Vorliegen oder Nichtvorliegen einer ertragsteuerlichen Betriebsstätte hängen bedeutende steuerliche Konsequenzen: Unternehmen mit einer Betriebsstätte in Deutschland sind verpflichtet, sich in Deutschland steuerlich zu registrieren und unterliegen der Einkommen- oder Körperschaftsteuer sowie regelmäßig der Ge­werbe­steuer. Weiter sind sie zum Lohnsteuerabzug für ihre im Inland beschäftigten Mitarbeiter verpflichtet.


Nach § 12 der Abgabenordnung (AO) ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient, eine Betriebsstätte. Eine feste Geschäfts­ein­richtung bedingt neben Ortsbezogenheit und Dauerhaftigkeit auch eine Verfügungsmacht über die Einrichtung. Wird nun ein Arbeitnehmer in seinem Home­office für den Arbeitgeber tätig, stellt sich die Frage, inwieweit hierdurch eine Betriebsstätte begründet werden kann.


Die deutsche Finanzverwaltung hat sich hierzu durch eine Aktualisierung des Anwendungserlasses zur Ab­gaben­ordnung (AEAO) geäußert (BMF-Schreiben vom 5. Februar 2024) und erfreulicherweise einige Prä­zi­sie­run­gen und Klarstellungen veröffentlicht. Demnach soll die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in dessen häus­lichem Homeoffice in der Regel keine Betriebstätte des Arbeitgebers begründen. Das gelte selbst in den folgenden Fällen:

  • Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten für das Homeoffice und dessen Ausstattung
  • Der Arbeitgeber schließt mit dem Arbeitnehmer einen Mietvertrag über häusliche Räume des Arbeitnehmers (Ausnahme: Dem Arbeitgeber wird ein tatsächliches Betretungsrecht eingeräumt oder der Arbeitgeber darf andere Mitarbeiter ebenfalls in diesen Räumen einsetzen)
  • Der Arbeitgeber stellt dem Mitarbeiter keinen anderen Arbeitsplatz (z.B. in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers) zur Verfügung.

 

Demnach wird in der ganz überwiegenden Zahl der Homeoffice-Fälle keine Betriebsstätte aus Sicht des deutschen Fiskus begründet werden. Vorsicht sei jedoch bei der Wohnung eines Geschäftsführers geboten: Ist keine andere feste Geschäftseinrichtung vorhanden, so ist regelmäßig die Wohnung des Geschäftsleiters als Geschäftsleitungsbetriebstätte anzusehen, wenn dort die geschäftliche Planung vorgenommen wird.


Abkommensrechtlicher Betriebsstättenbegriff

Der Musterkommentar der OECD nahm bereits 2017 das erste Mal Bezug auf die wachsende Beliebtheit des Homeoffice in der Wirtschaft. An der Handreichung der OECD orientieren sich viele Länder bei der Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen. Auch die OECD geht davon aus, dass das Tätigwerden im Homeoffice nicht automatisch zur Begründung einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte führe.

 

Das gilt insbesondere, wenn das Homeoffice lediglich sporadisch genutzt wird. Wird jedoch ein häusliches Arbeitszimmer ständig für die Ausübung von Geschäftstätigkeiten für ein Unternehmen genutzt und verlangt das Unternehmen vom Arbeitnehmer, das Homeoffice für die Ausübung der Geschäftstätigkeit des Unter­nehmens zu nutzen (z.B. indem einem Arbeitnehmer kein Büro zur Verfügung gestellt wurde, obwohl die Art der Beschäftigung eindeutig ein Büro erfordert), kann die nötige Verfügungsgewalt des Arbeitgebers über das Homeoffice angenommen werden. In diesen Fällen wäre zu prüfen, ob die Tätigkeiten des Arbeitnehmers Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten darstellen, die nicht zur Begründung einer Betriebsstätte führen.


Folgen für die Praxis

Die Verlautbarung der deutschen Finanzverwaltung zum Homeoffice wird zur Folge haben, dass in vielen Fällen keine ertragsteuerliche Betriebsstätte begründet wird. Diese Auffassung soll explizit auch für die Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen gelten. Andererseits legen viele Staaten – auch unter Verweis auf den OECD-Musterkommentar – den Begriff der Betriebsstätte zunehmend flexibler aus. Somit kann es dazu kommen, dass Deutschland das Vorliegen einer Betriebsstätte ablehnt, während der ausländische Staat das anders sieht.

Im Fall eines ausländischen Unternehmens mit Mitarbeitereinsatz in Deutschland werden sich aus deutscher Sicht hieraus regelmäßig keine besonderen Probleme ergeben: Deutschland dürfte keine Besteuerung vor­nehmen, da aus seiner Sicht keine Betriebsstätte vorliegen sollte. Im umgekehrten Fall (deutsches Unter­nehmen mit Mitarbeitereinsatz im Ausland) besteht jedoch ein erhöhter Complianceaufwand (Anzeige einer Betriebsstätte, Einrichtung eines separaten Buchungskreis, Ermittlung des Betriebsstättengewinns) sowie die Gefahr der Doppelbesteuerung: Der ausländische Staat möchte den Gewinn der Homeoffice-Betriebsstätte besteuern, den Deutschland aber mangels Betriebsstätteneigenschaft nicht freistellen möchte. Betroffenen Unternehmen sei daher geraten, sich vor Tätigkeitsaufnahme in beiden Hoheitsgebieten über die steuerlichen Folgen des Homeoffice zu informieren.
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