Bestimmung des Inhalts einer Dienstbarkeit

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veröffentlicht am  12.04.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

BGH, Urteil vom 17. Dezember 2021, Az.: V ZR 44/21

Der wesentliche Inhalt einer Grunddienstbarkeit muss zumindest schlagwortartig im Grundbuch selbst gekennzeichnet sein. § 874 BGB lässt zur Entlastung des Grundbuchs eine Bezugnahme auf die Eintragsbewilligung nur zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts zu.


Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Das Flurstück der Beklagten wird als Grünfläche genutzt, auf welchem eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks der Kläger lastet. Im Grundbuch wird die Grunddienstbarkeit als Geh-, Fahr- und Leitungsrecht bezeichnet. In der in Bezug genommenen Eintragsbewilligung heißt es, dass die Eigentümer der herrschenden Grundstücke berechtigt sind, das dienende Flurstück zum Verweilen, Gehen und Befahren und zum Verlegen, Haben und Unterhalten von Ver- und Entsorgungsleitungen mitzubenutzen. Die Beklagte beabsichtigt, auf ihrem Flurstück Reihenhäuser zu errichten. Die Kläger, die die Grünfläche auf diesem Grundstück weiter zur Erholung und Entspannung nutzen wollen, verlangen von der Beklagten, es zu unterlassen, das Grundstück ganz oder teilweise zu bebauen. Das Berufungsgericht meint, den Klägern stehe ein vorbeugender Unterlassungsanspruch zu, da die Grunddienstbarkeit den Klägern das Recht zum Verweilen gewähre und damit das Bauvorhaben der Beklagten die Ausübung der zu ihren Gunsten bestellten Grunddienstbarkeit beeinträchtige.


Nach dem BGH steht den Klägern ein Anspruch auf Unterlassen hingegen nicht zu, da es an einer hierfür erforderlichen Beeinträchtigung der Dienstbarkeit fehlt. Zwar kann das Recht zum Verweilen zulässiger Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein. Danach kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks es in einzelnen Beziehungen benutzen darf, sog. Benutzungsdienstbarkeit. Durch das Recht zum Begehen und Verweilen wird auch kein umfassendes Nutzungsrecht des Berechtigten begründet, das nur als Nießbrauch eingeräumt werden könnte, da dieses Recht gegenüber den Befugnissen des Eigentümers zurück bleibt. Auch verstößt der Inhalt nicht gegen § 1019 BGB, der einen Vorteil für die Benutzung des herrschenden Grundstück fordert. Für die Benutzung des herrschenden Grundstücks ist es ein den Wohnwert beeinflussender Vorteil, wenn die auf dem dienenden Grundstück vorhandene Grünfläche umfassend zum Gehen und Verweilen zum Zwecke der Erholung genutzt werden kann. Allerdings ist ein Recht zum Verweilen im Sinne eines Aufenthalts und eines beliebigen Hin- und Hergehens nicht Inhalt der Grunddienstbarkeit. Ausgehend davon, dass sich aus der Eintragsbewilligung ein solches umfassendes Recht der Kläger zum Verweilen auf dem gesamten dienenden Grundstück ergibt, hätte dieses Recht, um zur Entstehung zu gelangen, zumindest schlagwortartig in das Grundbuch selbst eingetragen werden müssen. § 874 BGB aber lässt zur Entlastung des Grundbuchs eine Bezugnahme auf die Eintragsbewilligung nur zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechtes zu. Der wesentliche Inhalt des Benutzungsrechts muss zumindest schlagwortartig im Grundbuch selbst gekennzeichnet sein. Eingetragen ist hier im Grundbuch aber nur ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht. Mit der Bezeichnung als Gehrecht ist das Recht zum Verweilen nicht schlagwortartig angegeben. Ebenso wie mit einem Wegerecht verbindet der unbefangene Betrachter mit einem Gehrecht nur das Recht, das dienende Grundstück zu überqueren, nicht hingegen die Befugnis, sich auf der gesamten Fläche aufzuhalten und beliebig hin- und herzugehen. Die Eintragsbewilligung, die das Recht zum Verweilen gewährt, hat einen weitergehenden Inhalt als das Grundbuch. Insoweit ist die Bezugnahme auf die Eintragsbewilligung nach § 874 BGB unzulässig, womit der weitergehende Inhalt (Recht zum Verweilen), nicht als Eintragung wirkt.

 

Fazit:

Damit es nicht nur bei einer bloß schuldrechtlichen Wirkung bleibt, ist bei der Eintragung darauf zu achten, dass das einzutragende Recht zumindest schlagwortartig angegeben wird, da nur die Grundbucheintragung eine dingliche Sicherung herbeiführen kann.

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