Insolvenzantragspflicht - Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften

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veröffentlicht am 13. Oktober 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Deutlich gestiegene Energie- und Personalkosten verschärfen die finanzielle Situation zahlreicher Unternehmen. Daher stand schon lange in Diskussion, wie die Unternehmen geschützt werden können, die aufgrund der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage in eine finanzielle Schieflage geraten. Das gesetzte Ziel der Bundesregierung war es zu verhindern, dass Unternehmen nur deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Energie- und Rohstoffpreise derzeit schwer kalkulierbar sind und damit eine vorausschauende Planung erschweren. Das Kabinett hat deshalb nun die Einführung des Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz (SanInsKG-E) beschlossen, welches dem Bundestag übermittelt wurde.



  

Die geplanten Änderungen im Insolvenzrecht sind Teil des von der Bundesregierung beschlossenen dritten Entlastungspakets. Mit dem geplanten Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungs­gesetz (SanInsKG), das durch Umbenennung aus dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) hervorgeht, sollen die Regelungen zur Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung angepasst werden. Weiterhin soll der Zugang zu einer Sanierung in Eigenverwaltung und zu einem vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG durch Verkürzung der Planungszeiträume erleichtert werden.

   

Die wichtigsten Neuerungen des geplanten Gesetzes sollen daher nachfolgend kurz dargestellt werden:

  

Anpassung des Insolvenzantragsgrund Überschuldung

Eine Überschuldung liegt gemäß § 19 Abs. 2 InsO dann vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Für die Feststellung, ob für die Gesellschaft eine positive oder eine negative Fortführungsprognose abgegeben werden kann, muss nach der derzeitigen Gesetzeslage eine Ertrags- und Finanzplanung für die nächsten 12 Monate erstellt werden. Aus dieser Planung muss ersichtlich sein, ob die Gesellschaft aus den Zuflüssen die bestehenden und zukünftigen Verbindlichkeiten decken kann. Die Fortführung muss wenigstens mittelfristig erwarten lassen, dass Gewinne erzielt werden. Zu prüfen ist daher, ob die Gesellschaft in dem Prognosezeitraum genügend Gelder erwirtschaften kann, um die laufenden Kosten zu tragen. Hieraus ist dann ersichtlich, ob in der Folgezeit noch freie Liquidität zur Verfügung steht, oder ob keine liquiden Mittel mehr verbleiben, um die Verbindlichkeiten zu begleichen.

  

Die Änderungen im geplanten SanINsKG sehen vor diesen Prognosezeitraum von 12 Monaten auf 4 Monate zu verkürzen (§4 SanInsKG-E). Mit dieser Verkürzung soll dem Problem Rechnung getragen werden, dass die derzeitig schwierige wirtschaftliche Lage und die nur schwer kalkulierbaren Energiekosten die Prognose deutlich erschweren. Damit reicht es für die Feststellung einer positiven Fortführungsprognose, wenn die Planung ergibt, dass das jeweilige Unternehmen zumindest in der Lage ist, seinen Zahlungspflichten über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten nachzukommen.

  

Zu erwähnen ist hier aber auch, dass die Regeln auf alle insolvenzantragspflichtigen Unternehmen Anwendung finden sollen. Die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie zu den Folgen der Aussetzung nach dem Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) galten nicht, wenn die die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (Covid-19-Pandemie) beruhte. Eine vergleichbare Einschränkung sieht das SanInsKG-E nicht vor, so dass es nicht maßgeblich ist, ob die Krise aufgrund der gestiegenen Energiepreise bzw. der derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Lage beruht oder vielleicht auf ganz anderen - aus dem Unternehmen selbst resultierenden - Problemen beruht.

  

Keine Anpassung Insolvenzantragsgrund Zahlungsunfähigkeit

Anders als im COVInsAG lässt das SanInsKG die Regelungen zur Zahlungsunfähigkeit völlig unberührt. Die Voraussetzungen für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wurden weder modifiziert, noch wurde eine daraus resultierende Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Liegt Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 InsO vor, so bleibt es dabei, dass die Mitglieder des Vertretungsorgans gemäß § 15 a InsO ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Eröffnungsantrag zu stellen haben.

  

Verlängerung der Antragsfrist

Ein weiteres Anliegen der Bundesregierung war es, überschuldeten, aber noch nicht zahlungsunfähigen Unternehmen mehr Zeit für Sanierungsbemühungen sowie die etwaige Vorbereitung einer Sanierung im präventiven Restrukturierungsrahmen oder auf Grundlage eines Eigenverwaltungsverfahrens zu verschaffen. Die Pflicht zur Insolvenzantragsstellung wurde daher von sechs auf acht Wochen angepasst (§ 4 a SanInsKG-E). Liegt eine Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 InsO vor, so haben die Mitglieder des Vertretungsorgans gemäß § 15 a InsO ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber acht Wochen nach Eintritt der Überschuldung einen Eröffnungsantrag zu stellen.

  

Erleichterungen beim Zugang zu Eigenverwaltung und StaRUG

In Angleich an die verkürzten Planungszeiträume bei der Überschuldungsprüfung wurden auch die Planungszeiträume für die Beantragung eines Eigenverwaltungsverfahrens und bei der Einleitung von Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nach dem StaRUG verkürzt. Nach § 270 a Abs. 1 Nr. 1 InsO bzw. § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG muss der Schuldner bei der Beantragung eines Eigenverwaltungsverfahrens bzw. einer Stabilisierungsanordnung einen Finanzplan beifügen, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll. Dieser Planungszeitraum wurde nunmehr von sechs Monaten auf vier Monate verkürzt, um Planungsunsicherheiten entgegenzuwirken und den Zugang zur Eigenverwaltung und zu Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nach dem StaRUG zu erleichtern.

  

Ausblick

Es ist geplant, dass das SanInsKG schnellstmöglich in Kraft treten und zunächst vorübergehend bis zum 31.12. 2023 gelten soll. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

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