Erfolgreich investieren in Polen

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​​​​​zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


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Wie beurteilen Sie die gegenwärtige wirtschaftliche Lage in Polen?

Im 4. Quartal 2024 stieg das BIP im Vergleich zum analogen Zeitraum des Jahres 2023 um 3,2 Prozent – somit ist die Wirtschaft Ende letzten Jahres schnell gewachsen. Vor dem Hintergrund der anderen EU-Staaten konnte Polen ein besonders hohes, vom Konsum angetriebenes Wirtschaftswachstum verzeichnen. 
  
Die Analysten rechnen damit, dass die polnische Wirtschaft 2025 um rd. 3,4 Prozent wachsen wird, also wesentlich schneller als in anderen hochentwickelten westeuropäischen Ländern, was von einem soliden makroökonomischen Fundament sowie von einer wirksamen Fiskal- und Geldpolitik zeugt.
  
Nicht ohne Bedeutung für das anhaltende Wirtschaftswachstum sind die beträchtlichen EU-Mittel, deren effektiver Einsatz weitere Reformen in Polen unterstützen, die Investitionen in innovative Projekte und neue Technologien steigern und die grüne Transformation beschleunigen kann.
   

Wie würden Sie das Investitionsklima in Polen beschreiben? Welche Sektoren haben das größte Potenzial?

Polen verzeichnet weiterhin eine hohe Kennzahl der Auslandsinvestitionen und das Investitionsklima hat sich nach den Parlamentswahlen 2023 sehr verbessert. Nichtsdestoweniger hat die politische und wirtschaftliche Instabilität auf der ganzen Welt dazu geführt, dass der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nach Polen sich 2024 auf 2,1 Prozent belief. Zum Vergleich: 2023 betrug dieser Wert 4,3 Prozent. 
  
Erwähnenswert ist, dass Polen ein großer Binnenmarkt ist – ca. 38 Millionen Verbraucher, mit einfachem Zugang zum Markt der Europäischen Union. Die Gehälter und Grundstückspreise in Polen sind für Investoren im Vergleich zu anderen europäischen Ländern immer noch attraktiv. Deshalb ist Polens führende Position bei Greenfield-Investitionen in der Region Mittel- und Osteuropa weiterhin stabil.
  
Das Investitionsklima in Polen wird sicherlich bis zu einem gewissen Grad von der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit in Europa und weltweit beeinflusst werden, die auf externe Faktoren wie den Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Wirtschaftssanktionen zurückzuführen ist. Wir beobachten, dass die Unternehmen ihre Tätigkeit aus Russland, der Ukraine oder Belarus verschieben. Ein Teil davon wird nach Polen verlagert. Die derzeitige geopolitische Lage wird auch verstärkte Investitionen in bestimmten Bereichen zur Folge haben, insbesondere im Energiesektor – neue Infrastrukturen werden benötigt, um Energie aus neuen, auch umweltfreundlicheren Quellen zu gewinnen. Andere Bereiche, die sich dynamisch entwickeln dürften, sind neue Technologien und Cybersicherheit.
  
In der heutigen Welt nach der Pandemie, in der die künstliche Intelligenz immer häufiger im Alltag genutzt wird, werden die Investoren den menschlichen Faktor so weitgehend wie möglich durch neue Technologien ersetzen wollen. Eben hier liegt das größte Marktpotenzial. Die Konkurrenzfähigkeit auf dem Gebiet der Digitalisierung wird ein wesentlicher Faktor bei Investitionsentscheidungen sein. Der Trend zu Investitionen, die den Klimawandel bekämpfen und Energieeffizienz fördern sollen – es handelt sich um Erneuerbare Energien – setzt sich fort.
  
Ein Mehrwert für Investoren in Polen sind zweifelsohne die staatlichen Beihilfen, die von Unternehmen aus den meisten Branchen beantragt werden können. Investoren, die Investitionsprojekte im Rahmen der Polnischen Investitionszone in ganz Polen umsetzen, können mit einer Ertragssteuerbefreiung von sogar bis zu 15 Jahren rechnen. Die Höhe der Steuerbefreiung wird als Produkt aus der Summe der Investitionsaufwendungen oder der zweijährigen Arbeitskosten und dem Koeffizienten der Intensität der Regionalbeihilfe für den betreffenden Standort berechnet. Die niedrigsten förderfähigen Investitionsaufwendungen hängen jedoch von der Arbeitslosenquote in der Investitionsregion und dem Status des Unternehmens (klein, mittel oder groß) ab. Deshalb sind in diesem Fall kleine und mittlere Unternehmen besonders privilegiert. Von dieser Form der Förderung machen immer häufiger auch Unternehmen Gebrauch, die in Polen Shared Services Centers eröffnen.
 
Eine andere attraktive Form der Förderung für Investoren, die Investitionen von Schlüsselbedeutung für die polnische Wirtschaft umsetzen, ist der sogenannte Regierungszuschuss.
  
Polen ist einer der größten Empfänger von EU-Mitteln. Es handelt sich um einen Betrag von ca. 76 Mrd. Euro aus EU-Strukturfonds für die Jahre 2021 bis 2027 und Milliarden Euro aus anderen Programmen, wie dem Nationalen Wiederaufbau- und Resilienzplan oder dem Modernisierungsfonds, wovon ein Teil für die Projekte von Unternehmen gewährt werden wird. In Polen werden vor allem folgende Bereiche gefördert werden: Innovation, Unternehmergeist, Infrastruktur, Umweltschutz, Energetik, Bildung und soziale Angelegenheiten. Die Unternehmen können mit Zuschüssen und Darlehen zu Präferenzbedingungen für Forschung und Entwicklung, Investitionen in ökologische Veränderungen, darunter den Übergang zu erneuerbaren Energien, sowie die Einführung von Innovation oder Digitalisierung rechnen.
   

Welchen Herausforderungen sehen sich deutsche Unternehmen bei ihren geschäftlichen Unternehmungen in Polen gegenüber?

Die größte Herausforderung, der sich deutsche Unternehmen gegenübersehen, ist das polnische Steuerrecht mit seinen ständigen Novellierungen. Die Aufnahme von Investitionen in Polen ist bereits ganz am Anfang mit einigen Entscheidungen verbunden, die weitreichende Folgen haben, z.B. mit der Wahl der am besten geeigneten Rechtsform. Diese legt die späteren Steuerfolgen und den Umfang der Verantwortlichkeit des Investors fest – durch das Körperschaftsteuergesetz wurde beispielsweise die Pflicht zur Besteuerung von Kommanditgesellschaften eingeführt, was zu einer Doppelbesteuerung der Gewinne, die vom Komplementär und den Kommanditisten erzielt werden, führt. Nicht leichter wird es für die Unternehmer auch durch die Novellierung der Abgabenordnung im Bereich der Zuständigkeit der Steuerbehörden für die Abrechnung der pauschalierten Ertragssteuer (Quellensteuer), welche die Steuerzahler von Gebietsfremden erheben. 

Andererseits darf man auch nicht die vielen Anreize und Erleichterungen für Unternehmer vergessen, wie z.B. die Vorzugsbedingungen für Investitionstätigkeit oder die Möglichkeit zur Anwendung zweier alternativer Besteuerungsvarianten (estnische Körperschaftsteuer oder Investitions-Sonderfonds). 
   

Polen ist unter Deutschlands Handelspartnern mit Abstand der größte in Osteuropa und der fünftgrößte weltweit. Welche Chancen eröffnet dies für die polnisch-deutsche Zusammenarbeit?

Riesige. Zum ersten Mal haben wir eine so hohe Platzierung erreicht. Dabei haben wir sogar so große Volkswirtschaften wie Italien überholt, was davon zeugt, dass die Bedeutung Polens als Außenhandelspartner Deutschlands von Jahr zu Jahr wächst. Die polnischen Unternehmen sehen bereits Chancen zur Anknüpfung fester Kontakte mit dem deutschen KMU-Sektor. Dies eröffnet Entwicklungschancen für viele Wirtschaftssektoren, wie z.B. Energie, digitale Technologien, Autoindustrie oder Pharmazie.  
   

Wie wird sich Polen Ihrer Ansicht nach entwickeln?

Nach dem starken Wachstum der polnischen Wirtschaft im Jahre 2024 erwarten die Analysten für 2025 ein Wirtschaftswachstum von rd. 3,4 Prozent. Die prognostizierte Inflation beträgt für 2025 3,6 Prozent und für 2026 2,8 Prozent. Die Prognosen für Polen sind also gut – auch vor dem Hintergrund der Entwicklung in anderen europäischen Volkswirtschaften. Trotz der weltweiten Instabilität infolge der Geopolitik in der Ära Trump und ihres großen Einflusses auf die globale Wirtschaft scheint in Polen ein relativ stabiler Kurs in Richtung einer niedrigeren Inflation, eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums und der Nutzung strategischer Chancen in der Region zu herrschen.
  
Aufgrund des Krieges in der Ukraine gibt es weiterhin einen Zustrom neuer Arbeitskräfte und eine Verlagerung vieler Unternehmen aus dem Osten nach Polen. Darüber hinaus dürfte das kürzlich eingeführte hohe Budget für die Förderung Polens aus EU-Mitteln die Reform des Landes, größere und kleinere Investitionen im Energiesektor, insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien, erheblich beschleunigen und über die Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten Innovationen im weitesten Sinne anziehen. Erneuerbare Energien und andere ökologische Investitionen, z.B. in emissionsarme Wasserstoffproduktionstechnologien, dürften deutlich an Bedeutung gewinnen. Optimistische Szenarien gehen von einer beachtlichen Beschleunigung der Wirtschaftstätigkeit in manchen Sektoren aus, insbesondere in denjenigen, auf die die Europäische Union setzt, d.h. in den Bereichen Dekarbonisierung, Energie, Forschung und Entwicklung neuer Technologien, Digitalisierung, Robotisierung oder Cybersicherheit. 
  
Eine gute Nachricht für die Zukunft der polnischen Wirtschaft ist die Tatsache, dass die Manager vieler Unternehmen immer größeren Wert auf die digitalen Kompetenzen der Bewerber legen. Hier kann sich Polen mit einer soliden technischen Infrastruktur sowie großen Ressourcen an gut ausgebildeten und talentierten Ingenieuren, Informatikern und Technikern rühmen. Die beobachtete starke Zuwanderung aus der Ukraine kann sich ebenfalls positiv auf die Erhöhung des Arbeitskräfteangebots in Polen auswirken. 
  
Die Herausforderung für die Regierenden wird zweifellos darin bestehen, die Inflation unter Kontrolle zu bringen und den Anstieg der Zinssätze zu stabilisieren, so dass das in den letzten Jahren trotz der vorübergehenden Rezession erreichte Wirtschaftswachstum erhalten bleibt.​

Wirtschaftliche Besonderheiten in Polen

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Renata Kabas-Komorniczak

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