Erfolgreich investieren in Singapur

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​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 23. Juli 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

 

   

​​​​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Singapur ein?

Singapur verfügt über eine hochentwickelte und exportorientierte Marktwirtschaft, deren Struktur sich auf zentrale Industriesektoren wie Elektronik, Chemie und Dienstleistungen stützt. Wesentliche Standortvorteile des Stadtstaates bestehen in seiner politischen Stabilität, einem unternehmensfreundlichen Regulierungsrahmen sowie der innovationsgetriebenen Wirtschaftspolitik, die gezielt auf Freihandel, Investitionsförderung und digitale Transformation ausgerichtet ist.

Im Zuge globaler Bestrebungen zur Diversifizierung von Lieferketten gewinnt Singapur als regionales Logistik- und Steuerungszentrum für multinationale Unternehmen an Bedeutung. Vor allem der Vermögensverwaltungssektor wächst seit ein paar Jahren erheblich. Die Zahl der Single-Family Offices stieg von rund 400 im Jahr 2020 auf mehr als 2.000 bis Ende 2024.

Innovation und Digitalisierung sind weitere Treiber der Wirtschaft Singapurs. Die Regierung investiert viel in digitale Transformation und die Steigerung der Produktivität. Insbesondere die verarbeitende Industrie, die 2024 einen Anteil von 17,3 Prozent am BIP hatte, bleibt ein zentraler Bestandteil der Wirtschaftskraft. Halbleiter, Elektronik und chemische Erzeugnisse sollen auch weiterhin in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle spielen.

Nach Angaben des Ministeriums für Handel und Industrie verzeichnete Singapur 2024 ein Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent. Für 2025 wird eine Wachstumsrate von 1 bis 3 Prozent vorausgesagt. In der Vergangenheit konnte das Land stark von der Globalisierung und dem Anstieg des weltweiten Handelsvolumens profitieren.

Wie vergangene Wirtschaftskrisen gezeigt haben, erholt sich die sehr offene Wirtschaft Singapurs schnell von globalen Wachstumseinbrüchen. Die jüngsten politischen Entwicklungen zeigen jedoch eine weltweite Tendenz zum Protektionismus und eine geringere Bereitschaft für internationalen Handel. Ein deutliches Beispiel ist die volatile Haltung der US-Regierung im Rahmen der global verhängten Zölle auf alle US-Importe, was für Singapur zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt. Das bestehende Freihandelsabkommen sowie ein bilaterales Handelsdefizit mit den USA können direkte bilaterale Konflikte zwar verhindern. Dennoch sind mittelbare Effekte auf die globalen Lieferketten und Handelsflüsse nicht auszuschließen, zum Beispiel durch eine mögliche Eskalation des Handelskriegs zwischen China und den USA, wovon die exportabhängige Wirtschaft Singapurs betroffen wäre.

Wie würden Sie das Investitionsklima in Singapur beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Im „World Competitiveness Ranking 2024“ des International Institute for Management Development (IMD) belegt Singapur den ersten Platz und liegt damit um drei Plätze weiter vorne als im Jahr zuvor. Deutschland fiel im Vergleich von Platz 22 auf 24 zurück.

2023 beherbergte Singapur rund 4.200 regionale Hauptquartiere multinationaler Unternehmen. Das günstige Investitionsumfeld basiert auf einem stabilen politischen System, einer exzellenten Infrastruktur, guter globaler Anbindung sowie einem leistungsfähigen Bildungssystem. Im regionalen Vergleich hebt sich Singapur insbesondere durch ausgeprägte Rechtsstaatlichkeit und einer konsequenten Politik zur Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche ab. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2024 von Transparency International belegt Singapur Platz 3 von 180 Staaten.

Zu den besonders zukunftsträchtigen Branchen, die von der Regierung im Rahmen ihrer Innovations- und Wachstumsstrategie gefördert werden, zählen:
  • Hightech-Industrie (z.B. Feinmechanik, Elektronik, Chemie, Halbleiter und Robotik)
  • Gesundheitswesen und Biomedizin (z.B. Medizintechnik und Pharmaindustrie)
  • Stadtplanung und -entwicklung (einschließlich Umwelt- und grüne Technologien)
  • Logistik, Verkehrstechnik sowie Luft- und Raumfahrttechnik
  • Regionale und globale Finanzdienstleistungen (einschließlich Finanztechnologien)
  • Forschung, Entwicklung und Bildung
  • Innovation und digitale Lösungen (z.B. durch Singapurs „National Artificial Intelligence Strategy 2.0“)

Durch die Verlagerung der industriellen Basis hin zu höherwertigen Wertschöpfungstätigkeiten will der Stadtstaat seine Position als führender Industriestandort festigen. Das hervorragende Produktions- und Dienstleistungsökosystem begünstigt nicht nur den Aufbau von Fertigungsanlagen, sondern auch die Ansiedlung regionaler Steuerungsfunktionen, R&D-Zentren und Supply-Chain-Management-Strukturen, um die ASEAN-Region effizient zu bedienen.

Singapur ist weltweit der fünftgrößte Exporteur von High-Tech-Gütern. Wachstumspotenziale bestehen insbesondere im Bereich IT-Dienstleistungen und -Technologien (einschließlich Cybersicherheit, Datenzentren, Finanztechnologie und Cloud-Infrastrukturen) sowie im Ausbau Erneuerbarer Energien und grüner Technologien. Pharmazeutische und Biotechnologie-Unternehmen profitieren vom Talentpool und dem R&D-Ökosystem in Singapur. Singapur entwickelt sich zunehmend zu einem regionalen Zentrum für biomedizinische Forschung und Produktion.

Aktuell wird mit der neuen Sonderwirtschaftszone Johor-Singapur (JS-SEZ) eine grenzüberschreitende Wirtschaftszone zwischen Singapur und der Region Johor in Malaysia geschaffen, die zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten bietet. Insgesamt sollen neun Vorzeigezonen für elf Wirtschaftszweige eingerichtet werden, darunter für verarbeitendes Gewerbe, Tourismus, Finanzdienstleistungen und Gesundheitswesen. Die JS-SEZ soll komplementäre Standortvorteile für Unternehmen kombinieren: Singapur als globaler Finanzstandort und Talentpool mit einem verlässlichen regulatorischen Rahmen und Innovationsanreizen sowie Johor als Produktions- und Lagerstandort mit niedrigeren Kosten und mehr Platz.

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Singapur gegenüber?

Unternehmen und Privatpersonen haben schon immer von den niedrigen Steuersätzen in Singapur profitiert. Inzwischen verfolgt der Stadtstaat das Ziel, sein Image als Steuerparadies loszuwerden. Die Übernahme des OECD-Rahmens zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung („Base Erosion and Profit Shifting“) wirkt sich auf die Möglichkeiten zur internationalen Steuerstrukturierung und Verrechnungspreisgestaltung aus. Darüber hinaus werden die strengen Compliance-Vorschriften, einschließlich Sorgfaltspflichten wie „Know Your Customer“, die Banken und anderen Dienstleistern auferlegt werden, von den Behörden genau überwacht. Dies kann zu Verzögerungen in Geschäftsabläufen führen. 

Unternehmen sind auch mit einer zunehmend restriktiven Verwaltungspraxis in Bezug auf Arbeitsgenehmigungen für Ausländer konfrontiert. Zwar wurden vor kurzem neue Visumstypen für hochqualifizierte Arbeitskräfte eingeführt, dennoch gibt es in einigen Industriezweigen nach wie vor Beschränkungen für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeitenden. 

Steigende Lebenshaltungskosten stellen eine weitere Herausforderung dar. Faktoren wie hohe Wohnungspreise, steigende Transportkosten und höhere Kosten für Waren und Dienstleistungen treiben Ausgaben in die Höhe. Nach dem „Cost of Living City Ranking 2024“ von Mercer ist Singapur die zweitteuerste Stadt der Welt für internationale Arbeitnehmer.

Könnten Sie Singapurs „Smart Sustainable CIty“ Initiative genauer erläutern?

Singapurs Initiative „intelligente, nachhaltige Stadt" zielt darauf ab, branchenübergreifende Lösungen zu nutzen, um letztendlich grüne, digitale und effiziente städtische Räume zu schaffen. 
 
Singapur agiert als urbanes lebendiges Labor, wo Unternehmen Smart-City-Technologien testen und entwickeln, die dann als nachhaltige Lösungen für Asien kommerzialisiert werden sollen. Die Regierung von Singapur fördert fünf wichtige Säulen: Infrastruktur, bebaute Umwelt, saubere Energie, Wasser und Umwelt sowie urbane Mobilität, die zusammen den Sektor urbane Lösungen und Nachhaltigkeit bilden, der sowohl für die Region als auch für Singapur ein zunehmend wichtiger Wachstumsbereich ist.
   
Singapur plant den Bau von 42.000 Wohnungen in einem neu erschlossenen Wohnviertel als „Öko-Smart-City" und strebt an, bis 2030 80 Prozent seiner Gebäude zu „begrünen". Da 80 Prozent der Einwohner in Sozial­wohnungen leben, könnte das Engagement der Regierung für eine nachhaltige Stadtgestaltung viele Möglichkeiten eröffnen. 
  
Stadtplaner, die sich für grüne Gestaltungsprinzipien und „intelligente" Technologien einsetzen, werden Sensoren und Datenanalysen benötigen, um eine intelligente und grüne Stadt zu betreiben. Die Nutzung von Daten und digitalen Technologien, einschließlich künstlicher Intelligenz, wird zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs, zur Verbesserung der Abfallwirtschaft und zur Senkung des Energieverbrauchs eingesetzt werden. Singapur dient bereits als Prüfstand für selbstfahrende Fahrzeuge und Verkehrsleitsysteme und könnte diese Rolle auch für viele andere grüne und „intelligente" Lösungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung übernehmen.
   

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Singapur weiterentwickeln?

Singapur verzeichnet seit vielen Jahren ein bemerkenswertes Wirtschaftswachstum und erfindet sich immer wieder erfolgreich neu. Die Regierungsstrategie „Singapore Economy 2030“ verfolgt das Ziel, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in vier Schlüsselsektoren auszubauen: Handel, Unternehmen, Fertigung und Dienstleistungen. Der Stadtstaat investiert in Industrie 4.0 und treibt die digitale Transformation seiner Volkswirtschaft systematisch voran. Singapur will seine Funktion als regionales Zentrum für High-End-Fertigung, Forschung und Entwicklung, Logistik und Dienstleistungen weiter festigen und als Modell für eine intelligente, ressourcenschonende und resiliente Metropole in Asien dienen. Mittel- bis langfristig zeichnen sich jedoch auch Herausforderungen ab. Der demografische Wandel sowie die Auswirkungen des Klimawandels erfordern neue politische und wirtschaftliche Antworten. Vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Unsicherheiten und knapper Ressourcen werden Resilienzfähigkeit, Innovationsförderung und nachhaltiges Wachstum maßgeblich über die ukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Standorts entscheiden.​

Kulturelle Besonderheiten in Singapur

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Dr. Paul Weingarten

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