Lieferkettengesetz: Kontrolle der Arbeitsstandards und des Umweltschutzes in Thailand

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zuletzt aktualisiert am 5. Mai 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten



Welche Lieferketten-Risiken gibt es in Thailand?

Nachstehend finden Sie eine Übersicht der häufigen Risiken, die in Bezug auf Lieferketten in Thailand auftreten können:

  • Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass die thailändische Fischereiindustrie in Zwangsarbeit und Menschen­handel verwickelt sein kann.
  • Kinderarbeit, Menschenhandel und Zwangsarbeit sind auch ein Problem in der Lebensmittelindustrie (v.a. bei Meeresfrüchten und Obst) sowie bei der Bekleidungsherstellung.
  • Ebenso traten Zwangsarbeit und ungleiche Behandlung von Arbeitnehmern in der Vergangenheit  in der Bauindustrie auf. Die Branche scheint besonders anfällig für die Ausbeutung von Staatenlosen zu sein. Staatenlose sind eine besonders schutzbedürftige Personengruppe (ca.  440.000 registrierte Personen, schätzungsweise bis zu 2 Mio. Menschen). Während das allgemeine Gesetz Diskriminierung verbietet, werden Staatenlose de facto benachteiligt und haben nur sehr begrenzte Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.
  • Nichtregierungsorganisationen (NRO) berichten ferner über Probleme im Zusammenhang mit Hausan­gestellten, die sich auf illegale Arbeitsbedingungen und die Beschäftigung von Minderjährigen beziehen. Das könnte für Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit Agenturen zur Arbeitnehmerüberlassung problematisch sein.
  • Unternehmen, die in Thailand tätig sind, sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass in verschiedenen Branchen Minderjährige beschäftigt werden. Obwohl das thailändische Gesetz die Beschäftigung von unter 15-Jährigen verbietet, gehen NROs davon aus, dass etwa 1,3 Mio. Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren in irgendeiner Form einer Arbeit nachgehen.
  • Darüber hinaus ist Thailand mit Umweltrisiken konfrontiert – insbesondere mit der illegalen Abholzung von Wäldern zu verschiedenen Zwecken. Illegaler Holzeinschlag und der Handel mit tropischen Hölzern auf dem Schwarzmarkt sowie die illegalen Waldbrände für landwirtschaftliche Zwecke und zur Gewinnung geeigneter Bauflächen sind ein schwieriger Aspekt.
  • Ein zunehmendes Umweltrisiko ergibt sich außerdem aus der Verschmutzung des Bodens und der Wassernutzung – besonders in Gebieten mit umfangreicher industrieller Entwicklung, wie dem „Eastern Economic Corridor“ (EEC) in den Provinzen Chachoengsao, Rayong und Chonburi. In letzter Zeit gab es mehrere Berichte (hauptsächlich über chinesische Investitionen), die auf Probleme mit der Umwelt­verschmutzung hinweisen.


Welche Branchen scheinen in Thailand besonders anfällig für negative Auswirkungen auf Menschen-/Arbeitsrechte oder Umweltfragen zu sein?

Menschenrechte

 

​BrancheRisiko
​Fischerei​Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Menschenhandel
​Lebensmittelverarbeitung (Obst, Geflügel, Schweinefleisch)​Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Menschenhandel
​Bekleidungsindustrie​Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Menschenhandel
​Baugewerbe​Zwangsarbeit, Arbeitsbedingungen staatenloser Arbeiter, Beschäftigung illegaler Einwanderer
​Hausangestellte (Agenturen)​Zwangsarbeit, Menschenhandel


Umweltschutz

Branche Risiko
​Holzindustrie ​Abholzung der Wälder Thailands, Vertreibung von Menschen
​Bergbau ​Umweltbelastungen Vertreibung von Menschen


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Gibt es in Thailand Rechtsvorschriften, die sich mit diesen Risiken befassen? In welchem Umfang werden sie in der Praxis durchgesetzt?

Thailand hat verschiedene internationale Abkommen und Richtlinien unterzeichnet sowie zahlreiche Gesetze verabschiedet, um die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten. Die Unternehmen sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es bei der Durchsetzung Probleme wie mangelnde Effizienz und Korruption gibt – insbesondere in abgelegeneren Provinzen. Im Folgenden finden Sie einen allgemeinen Überblick über die wichtigsten Rechtsvorschriften:


Arbeitsrecht

  • Thailändisches Arbeitsschutzgesetz:
  • Verbot der Beschäftigung von Minderjährigen unter 15 Jahren sowie weitere Einschränkungen;
  • Allgemeines Verbot der Diskriminierung;
  • Arbeitnehmern in Arbeitnehmerüberlassung ist ein Zugang zur Arbeit unter ähnlichen Bedingungen wie für Arbeitnehmer mit Arbeitsvertrag zu gewähren.
  • Thailändisches Gesetz zum Arbeitsschutz in der Schifffahrt: Regelt die Arbeitsbedingungen auf Schiffen im Sinne des Gesetzes.
  • Mindestlöhne: Thailand schreibt Mindestlöhne vor, die von Provinz zu Provinz variieren und im Allgemeinen zwischen 310 und 340 Thai Baht pro Tag liegen.
  • Sozialversicherungsgesetz: Obligatorische Sozialversicherung für Arbeitnehmer sowie andere Leistungen.
  • Gesetz über Gesundheit und Umwelt am Arbeitsplatz: Pflichten der Arbeitgeber zur Gewährleistung eines sicheren Arbeitsplatzes.
  • Gesetz zur Vereinigungsfreiheit:

 

‒    Recht auf Gründung von Gewerkschaften/Verbänden;

‒    Recht auf Streik/Aussperrung;

‒    Recht auf die Bildung von Arbeitnehmerausschüssen.


Umweltschutz

 

  • Gesetz zur Verbesserung und Erhaltung der nationalen Umweltqualität (Enhancement and Conservation of National Environmental Quality Act): Allgemeine Pflichten zum Schutz der Umwelt.
  • Fabrikgesetz (Teile des Gesetzes): Teile des Gesetzes enthalten Vorschriften zur Verringerung der Umweltauswirkungen von Fabriken (einschließlich der Entsorgung von Industrieabfällen, der Wasser­ableitung, der Boden- und Grundwasserüberwachung, der Lärmstandards, des Brandschutzes usw.).
  • Industrial Estate Authority Act von Thailand: Deckt Umweltfragen in Industriegebieten ab.
  • Hazardous Substance Act (Gesetz über Gefahrenstoffe): Bezieht sich auf kontrollierte Stoffe, z.B. gefährliche Chemikalien usw.


Die Regierung kündigt regelmäßig Maßnahmen zur Bekämpfung bestimmter Probleme an, z.B. den „National Policy and Plan to Eliminate the Worst Forms of Child Labour” oder die „Cyber Tipline”.


Durchsetzung

Die Ministerien und Behörden des Königreichs sind mit der Durchsetzung der verschiedenen Gesetze und Vorschriften betraut. Wie bereits erwähnt, sollten sich die Unternehmen darüber im Klaren sein, dass die Durchsetzung zuweilen besser sein könnte, v.a. aufgrund mangelnder Effizienz – besonders in abgelegenen Provinzen sowie aufgrund bestimmter Korruptionsprobleme auf lokaler Ebene.

Angelegenheit Zuständige Behörden
​Kinderarbeit, Menschenhandel, Zwangsarbeit ​Abteilung für Arbeitsschutz und Wohlfahrt, Arbeitsministerium
​Kinderarbeit, Zwangsarbeit ​Ministerium für soziale Entwicklung und menschliche Sicherheit
​Menschenhandel ​Königlich Thailändische Polizei, Einheiten zur Bekämpfung des Menschenhandels
​Verstöße durch thailändische Fischereiindustrie ​Thai Maritime Enforcement Command Center


(Für eine optimale Darstellung der Tabelle empfiehlt sich die Nutzung eines Desktop-PC.)

Im Jahr 2019 wurden bspw. 260 Verstöße gegen Kinderarbeit registriert (10 im Jahr 2020; der Rückgang könnte jedoch mit der Covid-19-Pandemie zusammenhängen).

Im Allgemeinen führen die zuständigen Abteilungen sowohl routinemäßige als auch unangekündigte Inspektionen durch. Die meisten Abteilungen haben einen Beschwerdemechanismus eingerichtet. Es gibt Verfahren, bei denen die Behörden Informationen austauschen, z.B. zwischen den Arbeits- und Sozial­abteilungen sowie der Königlich Thailändischen Polizei.


Können Sie ein Fallbeispiel (z.B. aus der lokalen Medienberichterstattung) nennen, in dem ein ausländisches oder einheimisches Unternehmen mit solchen negativen Auswirkungen konfrontiert war?

Es gibt mehrere gut dokumentierte Fälle von Zwangsarbeit in der thailändischen Fischereiindustrie. Ein wichtiger Fall im Jahr 2014 waren Anschuldigungen gegen die CP Group, die Garnelen von Lieferanten aus der thailändischen Fischereiindustrie bezog, die eindeutig Sklavenarbeit praktizierten.

Ein weiterer berühmter Fall war die Anschuldigung des britischen Journalisten Andrew Hall gegen die Arbeitsbedingungen bei der Natural Fruit Company (NFC). Hall zufolge erhielten die Arbeiter unrechtmäßig niedrige Löhne und wurden gezwungen, Überstunden zu machen. Außerdem behauptete Hall, dass es Kinderarbeit gebe und persönliche Dokumente der Arbeiter beschlagnahmt worden seien. NFC verklagte Hall daraufhin wegen Verleumdung und anderer Straftaten. Im Jahr 2018 wurde Hall vom Berufungsgericht freigesprochen. Im Jahr 2021 wies der Oberste Gerichtshof Thailands die letzte Klage von NFC gegen Hall ab.

Ein Fall, der kürzlich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregte, betraf den Präsidenten der Italian-Thai Development Plc. Er wurde verhaftet, weil er in einem zum Weltnaturerbe erklärten Nationalpark Wildtiere gejagt hatte. Die Parkwächter stellten fest, dass die Jagdgesellschaft mehrere Waffen sowie Kadaver geschützter Tiere bei sich hatten, darunter ein schwarzer Panther. Der Präsident wurde daraufhin von einem Gericht der Wilderei (und später der Bestechung) für schuldig befunden.

Über den Fall wurde in den lokalen Medien ausführlich berichtet. Graffiti-Künstler sprühten mehrere Wand­bilder mit schwarzen Panthern in Bangkok. Es gibt jedoch keinen guten Maßstab, um die Auswirkungen des Falles auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens zu bewerten.

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