M&A und Joint Venture

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In Zeiten, in denen ein vollständiger Erwerb eines Unternehmens durch eine klassische M&A-Transaktion entweder aufgrund der negativen Folgen der COVID Pandemie auf die Zielgesellschaft noch erhebliche wirtschaftliche Unsicherheiten bergen kann oder aber im Gegenteil aufgrund bestehender Marktchancen zu teuer ist, kann der (zunächst) teilweise Erwerb unter Bildung eines Joint Venture als durchaus vielversprechende Alternative angesehen werden. Jedoch ist auch die Eingehung einer solchen strategischen Partnerschaft mit besonderen Herausforderungen verbunden. Auf einige dieser Fragestellungen möchten wir nachstehend näher eingehen.


Kontrolle des Zielunternehmens

Im Rahmen einer Transaktion erwirbt der Käufer in der Regel die vollständige Kontrolle über das Zielunternehmen. Er ist in der Lage, seine Vorstellungen hinsichtlich der weiteren Geschäftsentwicklung umzusetzen, ohne auf andere Meinungen Rücksicht nehmen zu müssen. Demgegenüber stellt ein Joint Venture immer ein gemeinsames Unternehmen von mehreren an der Zielgesellschaft Beteiligten dar, die sich zumindest über wesentliche Punkte abstimmen müssen. Auch im Falle eines Erwerbs einer Mehrheit von Anteilen durch einen der Partner wird sich der Minderheitsgesellschafter nicht sämtlicher Einflussrechte begeben.


Insofern ist bei einer Transaktion, in der nur ein Teil der Anteile durch den Käufer erworben wird, vielfach der Gesellschaftsvertrag (sowie ggf. ein daneben existierendes Shareholder Agreement) und nicht der SPA das zentral zu verhandelnde Dokument. Denn die Regelung der Corporate Governance ist bei einem Joint Venture von entscheidender Bedeutung. Wird auch unter dem Siegel einer „partnerschaftlichen” Kooperation eine Anteilsverteilung von 50/50 als ausgeglichen und damit gerecht angesehen, birgt doch gerade diese Stimmparität bei unterschiedlichen Meinungen der Partner über das weitere Vorgehen erhebliche Risiken für ein Scheitern des Joint Venture. Daher sind klare Vorgaben zur Auflösung von solchen Pattsituationen ein elementarer Bestandteil einer jeden Joint Venture Vereinbarung. Als Lösungsweg bietet sich die Aufnahme von Regelungen zur Durchführung einer zeitnahe Mediation oder einer Zuweisung der letztendlichen Entscheidungsbefugnis an einen der Partner (ggf. verbunden mit einem Exit-Recht des anderen Partners) in den Joint Venture Verträgen aufgenommen. Wesentlich ist, dass ein langwieriges Paralysieren des Unternehmens vermieden wird.


Etwas ähnliches gilt allerdings auch bei nicht paritätischer Anteilsverteilung, da auch ein Minderheitsgesellschafter sich in einem Joint Venture Veto-Rechte ausbedingen wird, um einem Missbrauch der Mehrheitsrechte durch den Partner vorzubeugen.


Kaufpreis oder Einlage?

Bei der gemeinsamen Bildung eines Joint Venture liegt ein Fokus der Partner auf einer angemessenen Bewertung der beiderseits einzubringenden Werte in die neue Gesellschaft. Hier ist insbesondere im Rahmen einer Bewertung der einzubringenden Vermögensgegenstände und Schulden, häufig in Form von (Teil-)betrieben, von gleichen Bewertungsgrundsätzen und –prämissen vorzugehen, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. Dies betrifft einerseits die Annahmen in der Unternehmensplanung wie Wachstumsraten bei Umsatzerlösen bzw. Aufwandspositionen sowie andererseits auch Annahmen bei Ermittlung des Diskontierungsfaktors.


Auch wenn bei der Bildung eines Joint Venture aufgrund des Erwerbs nur eines Teils der Anteile an der Zielgesellschaft dem Transaktionsaspekt deutlich mehr Gewicht zukommt, stellen sich doch ähnliche Fragen: Denn ein Käufer möchte sein finanzielles Investment natürlich am liebsten der Zielgesellschaft (und damit auch seiner Beteiligung) zukommen lassen, während dem Verkäufer auch daran gelegen ist, dass sein bisheriges Engagement in der Zielgesellschaft in Form eines Kaufpreises vergütet wird.


Dieser Zielkonflikt wird nur in Ausnahmenfällen zu umgehen sein. Sollte die Zielgesellschaft in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sein, kann ein Veräußerer zustimmen, dass der Käufer neben einem geringen Kaufpreis einen wesentlichen Beitrag zur Sanierung der Zielgesellschaft leistet, da er bei seinem endgültigen Exit nach einer solchen Gesundung für die verbleibende Beteiligung einen interessanteren Kaufpreis erzielen kann.

Praktische Eingliederung?

Nicht zu unterschätzen sind auch rein praktische Fragen, die mit einem solchen Teilerwerb unter Bildung eines Joint Venture einhergehen.


So sind die Arbeits- und Geschäftskulturen der beiden Partner nur in Ausnahmefällen völlig kompatibel, allerdings werden beide Partner erwarten, dass die ihnen jeweils bekannte in dem Zielunternehmen zur Anwendung kommen wird.


Sollte die Zielgesellschaft Teil eines größeren Konzerns oder einer Gruppe gewesen sein, ist zu erwarten, dass auch die IT- und Buchhaltungssysteme in die Landschaft des Veräußerers eingegliedert sind. Hier kann durch die Bildung eines Joint Venture dem eintretenden Partner / Mehrheitsgesellschafter faktisch Zugang zu Geschäftsbereichen gewährt werden, die eigentlich nicht Gegenstand des Joint Venture sind.


Partnerschaft auf Zeit

Sofern sich der Käufer bei einer M&A-Transaktion dazu entscheidet, zunächst einen Teil der Zielgesellschaft zu erwerben, so erfolgt dies im Regelfall, um bestehende Unsicherheiten in Hinblick auf den Erwerb des Gesamtunternehmens zu minimieren und über eine bestimmte Zeit vollständig auszuräumen. Insofern sind Joint Venture Lösungen bei diesen Transaktionen grundsätzlich nicht auf Dauer ausgelegt. Daraus folgt, dass bereits der Ankaufvertrag oder zumindest das Shareholder Agreement die Beendigung der Zusammenarbeit, den „Exit” voraussehen und regeln müssen. Um dem Käufer hier eine gewisse Flexibilität zu erhalten, die zur Prüfung der Ausräumung der Unsicherheiten oder Risiken erforderlich ist, wird der Käufer berechtigt, den Verkäufer als Mitgesellschafter aufzufordern, die verbliebenen Anteile an den Käufer zu übertragen und diesen somit zum Alleingesellschafter zu machen („Call-Option”). Dabei wird die Ausübung einer solchen Calloption an die Erfüllung bestimmter, fest vereinbarter Rahmenbedingungen geknüpft, die auch die Grundlagen und die Berechnung des dann noch zu zahlenden Kaufpreises umfassen. Sollte diese Call-Option durch den Käufer nicht innerhalb einer fixierten Zeitspanne genutzt werden, steht dem Verkäufer gewöhnlich eine Put-Option als Pendant zu, um eine Veräußerung des (ggf. für Dritte uninteressanten) Minderheitsanteils zu ermöglichen. Daneben sind Veräußerungsverbote oder Vorkaufsrechte zur Absicherung durchaus üblich.


Ergänzt werden diese Regelungen, die auf die Übertragung der Anteile zwischen den Parteien des ursprünglichen Anteilserwerbs abzielen, durch Vereinbarungen hinsichtlich einer Übertragung an Dritte während der Existenz des Joint Venture. Hier erhält gewöhnlicherweise der Mehrheitsgesellschafter das Recht, bei Interesse eines Dritten am Ankauf der Anteile zu einem bestimmten Mindestpreis den Minderheitsgesellschafter auch zu einem Verkauf der noch von diesem gehaltenen Anteile zu zwingen, sodass der Dritte 100 Prozent der Anteile an der Zielgesellschaft erwerben kann („Drag Along-Recht”). Auch in diesem Falle existiert eine Entsprechung zum Schutz der Interessen des Minderheitsgesellschafters, der – für den Fall, dass der Dritte auch mit dem Erwerb des Mehrheitsanteils zufrieden wäre – berechtigt ist, sich dergestalt in den Kaufprozess zwischen Mehrheitsgesellschafter und Dritten einzuschalten, dass er von dem Dritten auch den Kauf eines entsprechenden Teils der von ihm gehaltenen Anteile verlangen kann. Im Ergebnis würden also drei Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben, da sowohl der bisherige Mehrheitsgesellschafter als auch der Minderheitsgesellschafter jeweils einen verhältnismäßigen Teil ihrer Anteile an den Dritten veräußern würden („Tag Along-Recht”).


Der Exit-Preis

Da die Partnerschaft auf Zeit angelegt ist, sollte auch das Exit-Szenario bereits zu Beginn klar und eindeutig geregelt sein. Grundsätzlich sollte der Exit-Preis den angemessenen Kaufpreis wie unter Fremden Dritten, d.h. zu marktüblichen Konditionen widerspiegeln, d.h. der gesamte Zuwachs an stillen Reserven, der über die gemeinsame Zeit erzielt wurde, wird anteilig gehoben. Hier ist somit ein Discounted-Cash-Flow-Verfahren (gemäß IDW S 1) zu vereinbaren. Dieses Verfahren ist jedoch auch stark Annahmen getrieben sowohl hinsichtlich der zugrundeliegenden Planung für die nächsten drei bis fünf Jahre als auch die Ermittlung des risikoadäquaten Zinssatzes. Hier spielt insbesondere die Ermittlung der sachgerechten Peer-Group an vergleichbaren Unternehmen eine zentrale Rolle. Daher sollte entweder im Joint Venture Vertrag oder in der Gesellschaftervereinbarung zu Beginn eine klare Festlegung erfolgen, um Streitigkeiten zu vermeiden. Es kann auch zu Beginn festgestellt werden, wie und durch wen diese Ermittlung vorzunehmen ist. Zudem können noch Zu- und Abschläge auf den so ermittelten Verkehrswert der Anteile vorgenommen werden, je nachdem, aus welchen Gründen der Ausstieg eines Partners erfolgt. Hat dieser zum Schaden des Joint Venture gehandelt, sollte die andere Partei die Möglichkeit haben, unter Berücksichtigung eines entsprechenden Abschlags die Anteile zu erwerben. Ist z.B. ein Zeitablauf vereinbart, sollte am Ende des Zeitraums der Verkehrswert vergütet werden.


Fazit

Sofern sich die Parteien über die mit einem (wenn auch zeitlich begrenzten) „Miteinander” verbundenen Herausforderungen im Klaren sind, kann die Bildung eines solchen Joint Venture auch eine interessante Alternative zu einem vollständigen Anteilserwerb im Rahmen einer klassischen M&A-Transaktion sein.

Auf die tatsächlichen mit der Bildung eines solchen gemeinsamen Unternehmens zusammenhängenden Fragestellungen ist dabei genauso viel Augenmerk zu richten wie auf die vielfältigen rechtlichen und ökonomischen Themen der gemeinsamen Kontrolle, Entscheidungsfindung und auch der Beendigung des Joint Venture.

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Hans-Ulrich Theobald

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