Early Tax Birds 29/2025: Oh, wie schön ist Panama…

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 29/2025 (21. – 27. Juli 2025)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Juli 2025 | Lesedauer ca. 5​ Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

„Oh, wie schön ist Panama…“ – wer Kinder hat, kennt diesen Klassiker von „Janosch“. Zwar sind wir in Deutschland, obwohl Panama im steuerlichen Sinne für viele offenbar durchaus interessant erscheint (die „Panama Papers“ lassen grüßen) und einer der größten Bananenexporteure weltweit ist, von einer „Bananenrepublik“ weit entfernt, aber auch bei uns muss man sich hier und da wundern. Kennzeichen einer Bananenrepublik ist ja u.a. die fehlende Transparenz im Staatswesen, und da sind wir hierzulande absolut natürlich vorbildlich, insbesondere im Steuerwesen – oder? Da hat doch nun tatsächlich ein pfiffiger Steuerpflichtiger versucht, nach dem sog. Informationsfreiheitsgesetz seinen Anspruch auf Informationen hinsichtlich derjenigen Unterlagen geltend zu machen, die der Erstellung der sog. amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen. Wer Letztere nicht kennt: Die amtliche Richtsatzsammlung ist ein Hilfsmittel, das von den Betriebsprüfern der Finanzämter als Hilfsmittel für die Verprobung von Umsätzen und Gewinnen von Steuerpflichtigen herangezogen wird. Sie wird jährlich in Form eines Schreibens vom BMF auf dessen Homepage veröffentlicht. Und was macht der BFH in seinem Urteil Az. IX R 1/24 vom 9.5.2025? Er versagt doch tatsächlich den Informationsanspruch, denn die Sitzungen der für die Ermittlung der Richtsätze zuständigen Gremien erforderten angeblich einen allein an der Sache orientierten freien und vertrauensvollen Austausch von Argumenten und eine unbeeinflusste Abstimmung. Die Sitzungsinhalte und zugehörigen Unterlagen (zum Beispiel Protokolle, Entwürfe) seien daher grundsätzlich vertraulich und nicht zur Weitergabe an Empfänger außerhalb der Finanzverwaltung bestimmt. Ja warum denn eigentlich, fragen sich die Early Tax Birds? Hat man da etwas zu verbergen? Es wird aber noch besser: Wer etwas weiter gräbt, und darauf stützt sich auch der BFH, stößt auf eine „Dunkelnorm“ (Anm. der Early Tax Birds: Juristenjargon für wenig bekannte Nomen), nämlich § 21a Abs. 1 Satz 4 und 5 des Finanzverwaltungsgesetzes. Danach besteht generell, auch abseits der Richtsatzsammlung, eine gesetzlich angeordnete Vertraulichkeit hinsichtlich des Zustandekommens von Schreiben des BMF. Was soll man dazu sagen? Das muss dringend geändert werden! Jeder, der sich mit Steuerpolitik beschäftigt, weiß, dass es teilweise meinungsstarke Einzelpersonen innerhalb der Finanzverwaltung sind, die die „großen Linien“ bestimmen. Es wäre doch für die Transparenz und auch die sachliche Diskussion nur förderlich, wenn zumindest die Fachöffentlichkeit wüsste, wer sich da wie positioniert, auch im Verhältnis der Bundesländer untereinander. Und gegen die o.g. „Argumente“ kann doch nun wirklich keiner etwas sagen! Aber gut, nehmen wir das fürs Erste so zur Kenntnis und konzentrieren uns auf das Wesentliche im Leben: „Wenn man einen Freund hat“, sagte der kleine Bär, „der Pilze finden kann, braucht man sich vor nichts zu fürchten! Nicht wahr, Tiger?“ 

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​

    

Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Vordruck zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung

Das BMF hat mit Schreiben vom​ 22. Jul​i 2025 den überarbeiteten Vordruck für die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung veröffentlicht. Das BMF weist in seinem Schreiben zudem noch darauf hin, dass der Vordruck bei der Anwendung von IT-Programmen in verkürzter Form a​usgegeben werden kann und aus organisatorischen und technischen Gründen auch von dem Vordruck abgewichen werden kann.
   
Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
OECD aktualisiert die Länderinformationen zu Verrechnungspreisen

Die OECD hat am 22. Juli 2025 eine Reihe überarbeiteter Länderprofile zu Verrechnungspreisen veröffentlicht, die die aktuellen Verrechnungspreisvorschriften und -praktiken von zwölf Ländern widerspiegeln, darunter Österreich, Belgien, Kanada, I​rland, Lettland, Litauen, Mexiko, die Niederlande, Neuseeland, Singapur, Südafrika und Spanien. Diese aktuellen Länderprofile enthalten neue Informationen zu den länderspezifischen Rechtsvorschriften und Praktiken hinsichtlich der Verrechnungspreisbehandlung von schwer zu bewertenden immateriellen Vermögenswerten sowie zum vereinfachten Ansatz für grundlegende Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Sie sind das Ergebnis der Arbeiten zu Amount B im Rahmen der Zwei-Säulen-Lösung zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben. Es ist bemerkenswert, dass diese Aktualisierungen gegenwärtig noch gepflegt werden, da es ungewisser denn je ist, ob es überhaupt zur Umsetzung der ersten Säule kommt.

VN veröffentlichen Agenda zur weiteren Arbeit am steuerlichen Rahmenübereinkommen

Die Vereinten Nationen haben das Arbeitsprogramm für die „August Session“ zur weiteren Arbeit an einer „United Nations Framework Convention on International Tax Cooperation“ bekanntgegeben. Ein großer Wurf ist dies bislang nicht. Die derzeitige Struktur der Agenda birgt die Gefahr, dass die politische Relevanz dieser ehrgeizigen Initiative untergraben wird – und die ersten Anzeichen sind nicht ermutigend. Das Fehlen substanzieller Beiträge von Interessengruppen deutet auf eine nachlassende Dynamik hin. Außerdem umgeht die Agenda die eigentliche Herausforderung: den Aufbau eines Governance-Rahmens, der breite internationale Unterstützung finden könnte. Bemerkenswert ist daher, dass kein einziger Tag der ersten Sitzungen der Governance gewidmet ist.


EU verabschiedet vorbereitende zollrechtliche Vergeltungsmassnahmen gegen Trump

Die EU hat am 24. Juli 2025 auf nicht weniger als 250 Seiten ein vorbereitendes Maßnahmenpaket für zollrechtliche Vergeltungsmaßnahmen gegen die US-amerikanischen Strafzölle verabschiedet. Zölle von bis zu 30 % werden erhoben – und Zollvergünstigungen ausgesetzt – für eine breite Palette von Produkten, darunter Personenkraftwagen und Autoteile, Flugzeuge, Maschinen und andere Industriegüter, Chemikalien und Kunststoffe, medizinische Geräte und Ausrüstung, elektronische Geräte sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel. Sollten die noch andauernden Verhandlungen mit den USA scheitern, treten diese Gegenmaßnahmen ab dem 7. August 2025 schrittweise in Kraft. Darüber hinaus wird die EU ab dem 7. September 2025 ein Ausfuhrverbot für Stahl- und Aluminiumschrott mit Bestimmungsort USA verhängen. Diese Gegenmaßnahmen sind eine direkte Reaktion auf die von Präsident Trump verhängten Zölle auf Stahl, Aluminium, Personenkraftwagen, Autoteile und die sogenannten „Reziprokzölle".

  

    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Klagebefugnis nach Vollbeendigung einer Personengesellschaft - Verstoss gegen Grundordnung des Verfahrens

Der BFH befasst sich in unserem Urteil der Woche vom 26. März 2025 (I R 4/24) mit der Frage der Klagebefugnis nach der Vollbeendigung einer Personengesellschaft infolge einer Verschmelzung auf eine Kapitalgesellschaft sowie mit einem Verfahrensfehler des FG Baden-Württemberg​.​

Im Entscheidungsfall übertrug eine GmbH & Co. KG (nachfolgend F1‑KG) mit steuerlicher Rückwirkung zum 1. Januar 2001 ihr gesamtes Vermögen auf die Klägerin, eine GmbH, die bis dahin als persönlich haftende Gesellschafterin der F1‑KG fungiert hatte. Noch vor Eintragung der Verschmelzung veräußerte die F1‑KG zwei Grundstücke zu Buchwerten an eine Schwester‑KG (F2‑KG), an der dieselben Gesellschafter zu identischen Quoten beteiligt waren. In den für das Streitjahr 2001 abgegebenen Steuererklärungen unterließ die Klägerin deshalb die Erfassung des in der Zeit vom 1. Januar bis 27. August 2001 erzielten Gewinns, weil sie sich diesen wegen § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG selbst zugerechnet hatte. Das Finanzamt behandelte jedoch die Buchwertübertragung zwischen den Schwestergesellschaften als unzulässige Vorgehensweise, löste die in den Grundstücken liegenden stillen Reserven auf und erließ daraufhin geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie den Gewerbesteuermessbescheid für 2001.

Hiergegen klagte die GmbH als Rechtsnachfolgerin der F1‑KG und begehrte die Aufhebung der geänderten Feststellungsbescheide, hilfsweise die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG. Das Finanzamt hielt dagegen in der ersten Instanz die Aufdeckung stiller Reserven für zwingend und zog zwar seine Revision im Hinblick auf den Gewerbesteuermessbescheid zurück, verteidigte jedoch die Auflösung der stillen Reserven im Rahmen der Gewinnfeststellung.

Die von der Klägerin gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2001 der F1-KG erhobene Klage ist nach Auffassung des BFH wegen fehlender Beschwer unzulässig. Als Begründung stellte dieser klar, dass durch die zivilrechtliche Vollbeendigung der F1‑KG mit Eintragung der Verschmelzung deren Befugnis erlischt, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen Feststellungsbescheide einzulegen. Vielmehr erlangen nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO a.F. allein die ehemaligen Gesellschafter und nur insoweit, als sie in eigenen Rechten betroffen sind, wieder ihre Klagebefugnis. Eine als nicht gewinnbeteiligte Komplementärin fungierende GmbH war für die Feststellung der Höhe des zu versteuernden Gewinns jedoch nicht in eigenen Rechten betroffen, sodass ihre Klage unzulässig war. Das Urteil der Vorinstanz konnte zudem auch deshalb keinen Bestand haben, weil das FG nur die Klägerin, nicht aber auch die Kommanditistin der vormaligen F1-KG als (weitere) Klägerin angesehen hat. Darin liegt ein von Amts wegen zu beachtender Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens, der unmittelbar zur Aufhebung des Urteils führen musste. ​​

 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
XI R 24/23
14. Mai 2025
Zur Steuerbefreiung der vertretungsweisen Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes gegen Entgelt
III R 30/24
21. Mai 2025
Passive Prozessführungsbefugnis im Fall des Wechsels der Zuständigkeit zur Familienkasse Zentraler Kindergeldservice
IV S 10/23
25. Mai 2023
​Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anhörungsrüge
IV B 35/22
​8. März 2025
​Voraussetzungen für eine erfolgreiche Rechtsprechungsdivergenz
VII B 46/24
3. Juli 2025
Anforderungen an einen Antrag auf Beweiserhebung durch Zeugen
VII R 4/24
​8. April 2025
​Einreichung von elektronischen Dokumenten mit einfacher Signatur
XI B 13/25​
​25. Juni 2025
​Mandatsniederlegung nach Verzicht auf mündliche Verhandlung

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