Spitz gerechnet: Das bringt das Optionsmodell

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veröffentlicht am 1. April 2021 | Lesedauer ca. 10 Minuten

 

Für eine bessere Einschätzung, ob das Optionsmodell für Sie in Frage kommen könnte, haben wir einen Entscheidungsbaum entwickelt. Er ermöglicht Ihnen anhand von vordefinierten Fragen zu prüfen, ob das Optionsmodell für Ihre Personengesellschaft Anwendung finden könnte.

 

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​Am 24. März 2021 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf für eine Modernisierung der Körperschaftsbesteuerung auf den Weg gebracht und damit auch die Möglichkeit in Aussicht gestellt, durch einen bloßen Antrag beim Finanzamt mit einer Personen­gesellschaft in das Regime der Körperschaftsteuer zu wechseln. Einen ersten Über­blick hierzu finden Sie in unserem Beitrag „Per Antrag zur Körperschaftsbesteuerung – Das neue Optionsmodell nach dem KöMoG”. Jetzt rechnen wir nach: was „bringt“ das Optionsmodell, wer sollte über die Ausübung nachdenken?

 

  

  
 

Vorab ein wichtiger Hinweis: jeder Steuerbelastungsvergleich muss die individuellen Gegebenheiten berück­sichtigen, um eine solide Grundlage für die Optionsentscheidung im Einzelfall zu bieten. Und so legen wir unseren Überlegungen den folgenden – zwar vereinfachten, aber durchaus der üblichen Unternehmenspraxis entlehnten - Fall zugrunde:

  • Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG
  • Alle Gesellschaftsanteile werden vom Gesellschafter A gehalten
  • Das Unternehmen weist einen Gewinn von 1 Mio. Euro p.a. aus.
  • Im Gewinn enthalten sind Vergütungen für Leistungen, die der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft auf schuldrechtlicher Grundlage erbringt (annahmegemäß alle fremdüblich):
    • Tätigkeitsvergütung für Geschäftsführung: 300.000 Euro p.a.
    • Verzinsung für Gesellschafterdarlehen, Nominalbetrag 2,5 Mio. Euro, Zinssatz 2 Prozent p.a.: 50.000 Euro p.a.
    • Miete für ein zur Nutzung überlassenes Grundstück (keine wesentliche Betriebsgrundlage): 150.000 Euro p.a.
    • Ausgaben in Zusammenhang mit den Vergütungen sollen nicht bestehen.
  • A bestreitet seinen Lebensunterhalt aus den Vergütungen. Die Gewinne des Unternehmens werden im Unter­nehmen thesauriert und dort reinvestiert (soweit sie nicht für Steuerzahlungen auf den Gewinn verwendet werden müssen).
  • A befindet sich mit seinen Einkünften in der obersten Progressionsstufe („Reichensteuer“), weshalb mit einem Einkommensteuersatz von 45 Prozent zuzüglich SolZ 5,5 Prozent zu rechnen ist.
  • Für die Gewerbesteuer wird ein Hebesatz von 400 Prozent angenommen.

 

 

  

 

Überblick über die steuerlichen Belastungen

Für eine größere Darstellung bitte klicken »

 

 

Besteuerung auf Gesellschaftsebene

In der Mitunternehmerbesteuerung fällt auf Gesellschaftsebene lediglich die Gewerbesteuer an. Die Bemes­sungsgrundlage umfasst nicht nur den Gewinn auf Gesellschaftsebene, sondern auch die Gesellschafter­ver­gütungen. Die Steuerbelastung beträgt 210.000 Euro.

 

Bei Optionsausübung steigt die Gesamtsteuerbelastung auf Gesellschaftsebene an. Denn nun wird der Gewinn bei der GmbH & Co. KG nicht nur der Gewerbesteuer, sondern auch der Körperschaftsteuer (158.000 Euro) unterworfen. Die Gewerbesteuerbelastung selbst sinkt auf 144.000 Euro. Hier kommen zwei gegenläufige Effekte zusammen: einerseits werden die Gesellschaftervergütungen nicht mehr in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer einbezogen, andererseits sind für die Darlehenszinsen und Mietzahlungen partielle Hinzu­rechnungen zum Gewerbeertrag nach § 8 GewStG zu berücksichtigen (Annahme: Freibetrag wird bereits durch andere Sachverhalte ausgenutzt). Insgesamt beträgt die Steuerbelastung 303.000 Euro.

 

Besteuerung auf Gesellschafterebene

Die Mitunternehmerbesteuerung rechnet den Gewinn der Gesellschaft dem Gesellschafter als Einkünfte nach § 15 EStG zu. Zusätzlich sind als solche auch die Gesellschaftervergütungen zu versteuern. Die Gewerbesteuer der Gesellschaft kann von A auf seine Einkommen-steuer angerechnet werden. Die Steuerbelastung beträgt 502.000 Euro. Sie fällt unabhängig davon an, dass der Gewinnanteil des A im Unternehmen thesauriert wird und dem A nur die Gesellschaftervergütungen tatsächlich zufließen.

 

Und hierin liegt auch der deutliche Unterschied zur Besteuerung nach Optionsausübung. A hat in diesem Modell nur die Gesellschaftervergütungen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Der Gewinnanteil bleibt bei der Einkommensteuer zunächst unberücksichtigt. Das gilt, wenn – und solange – der Gewinnanteil thesauriert und nicht entnommen, d.h. nicht an den Gesellschafter ausgezahlt oder ihm auf ein Konto gutgeschrieben wird, über das er jederzeit verfügen kann. Die Steuerbelastung auf Ebene des A sinkt auf 237.000 Euro.

 

Erst wenn Gewinnanteile tatsächlich entnommen werden, kommt es zu einer höheren Steuerbelastung auf Ebene des A. Die Entnahme wird als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert und unterliegt daher grund­sätzlich der Abgeltungssteuer (25 Prozent zzgl. SolZ 5,5 Prozent). Dabei wird unterstellt, dass die Beteiligung an der optierenden Gesellschaft steuerlich als Privatvermögen behandelt wird (annahmegemäß keine Betriebs­aufspaltung durch die Grundstücksüberlassung) und der A kein Wahlrecht zur Normalbesteuerung ausübt. Es fällt eine zusätzliche Einkommensteuer von 184.000 Euro an, die Gesamtsteuerbelastung des Gesellschafters steigt auf 421.000 Euro.
 

Gesamtbelastung

Ein Vergleich der Gesamtsteuerbelastung ergibt folgendes Bild1:

 

 

Daraus lässt sich die erste Grundaussage zur Ausübung der Option zur Körperschaftsteuer ableiten: Sie führt zu einer deutlichen Senkung der Gesamtsteuerbelastung in solchen Konstellationen, bei denen Gewinnanteile vollständig oder zu großen Teilen im Unternehmen thesauriert werden. Der Steuereffekt der Option ist umso geringer, je höher die Entnahmequote ist. Bei Vollentnahme stellt sich die Mitunternehmerbesteuerung unter den vorliegenden Annahmen als geringfügig vorteilhafter dar. Unternehmen mit hohen Thesaurierungsquoten, die sich vielleicht auch schon einmal mit der Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 34a EStG ausein­andergesetzt haben, wird mit dem Optionsmodell eine interessante Möglichkeit zur Steueroptimierung an die Hand gegeben, die auf jeden Fall sorgfältig geprüft werden sollte.

 

Die zweite Grundaussage bezieht sich auf die persönliche Einkommensteuerbelastung2, der ein Gesellschafter unterliegt. Während bei der Mitunternehmerbesteuerung der persönliche ESt-Satz auf die Gewinnbesteuerung des Unternehmens durchschlägt, ist diese im Optionsmodell durch feste Steuersätze bei Körperschaftsteuer und Abgeltungssteuer geprägt. Eine hohe Progressionsstufe beim Gesellschafter lässt das Optionsmodell eher vorteilhaft erscheinen, ein niedriger individuelle ESt-Satz des Gesellschafters spricht für ein Verbleiben in der Mitunternehmerbesteuerung. Dabei kann sich die geringere Belastung des Gesellschafters aus vielerlei Gründen ergeben: geringer Gewinn des Unternehmens, geringe zusätzliche Einkünfte des Gesellschafters oder Verluste, negative Einkünfte und Verlustvorträge, die verrechnet werden können. Die Grenze ist fließend, sie liegt bei einem ESt-Satz von um die 30 Prozent. Jedenfalls lässt sich sagen: je höher die Einkommensteuer­be­lastung der Gesellschafter ist, desto deutlicher sind mögliche Steuereffekte aus dem Optionsmodell und desto intensiver sollten sich Gesellschafter und Unternehmen mit dieser Gestaltungsmöglichkeit auseinandersetzen.

  

Beide Grundaussagen zeigen aber auch, dass bei differenzierteren Gesellschafterverhältnissen Interessen­gegensätze bzgl. der Ausübung der Option auftreten können. Je nach ihren persönlichen Lebensverhältnissen – der „Klassiker“: im Unternehmen tätiger Gesellschafter, der den Lebensunterhalt aus der Tätigkeitsvergütung bestreitet, versus rein kapitalmäßig beteiligte Gesellschafter, die auf Entnahmen angewiesen sind – kann die Option für sie von Vor- oder Nachteil sein. Da die Option nur einheitlich für die Gesellschafter und damit für und gegen alle Gesellschafter und nur auf Grundlage eines qualifizierten Gesellschafterbeschlusses mit (mindestens) 75 Prozent erfolgen kann, können solche Gegensätze die Optionsausübung auch dann blockieren, wenn sich in der Gesamtbetrachtung steuerlich durchaus ein Vorteil ergibt.

 

Der Einfluss von Gesellschaftervergütungen auf die Vorteilhaftigkeit der Optionsausübung ist nicht so ein­deutig zu bestimmen. Einerseits steigt die Gewerbesteuerentlastung im Optionsmodell mit dem Umfang von Gesellschaftervergütungen. Andererseits unterliegen diese auf Ebene des Gesellschafters immer der persönlichen Einkommensteuer und mindern die Steuerersparnis aus der Körperschaftsbesteuerung. Daher muss die Steuersituation in diesen Fällen immer individuell betrachtet werden, auch unter Berücksichtigung der Behandlung etwaigen Sonderbetriebsvermögens beim Übergang von der Mitunternehmer- in die Körperschaftsbesteuerung. Steuerlich interessant können Vergütungsbestandteile mit einem längerfristigen Aufschub der Besteuerung, insb. steuerlich anzuerkennende Pensionszusagen für Gesellschafter sein.

 

Der Belastungsvergleich weist auch eine Verschiebung der Steuerbelastung von der Ebene der Gesellschafter auf die Ebene der Gesellschaft aus. Während im Mitunternehmermodell die Gesellschaft rund 30 Prozent der Gesamtsteuerbelastung trägt, steigt dieser Anteil im Optionsmodell auf rd. 42 Prozent bei Vollentnahme und rund 56 Prozent bei 100-prozentiger Thesaurierung. Dies sollte bei Liquiditätsbetrachtungen und ggf. auch der Anpassung von Entnahmeregelungen im Optionsmodell berücksichtigt werden.

 

Es gibt eine Vielzahl weiterer Faktoren, die die Vorteilhaftigkeit einer Option im Einzelfall deutlich beeinflussen können. Zum Beispiel:

  • der anzuwendende Gewerbesteuerhebesatz: Wegen der gedeckelten Gewerbesteueranrechnung beim Gesellschafter erfolgt bei hohen Hebesätzen keine vollständige Kompensation in der Mitunternehmerbe­steuerung;
  • die Zuordnung der Beteiligung an der optierenden Personengesellschaft: Werden bereits die Anteile an der Personengesellschaft in einem Betriebsvermögen gehalten oder wird durch die Option eine Betriebs­auf­spaltung durch vorhandenes Sonderbetriebsvermögen begründet, kommt keine Abgeltungssteuer, sondern das sog. Teileinkünfteverfahren (teilweise Steuerfreistellung der Entnahmen auf Ebene des Gesellschafters nach § 3 Nr. 40 EStG, aber tariflicher Einkommensteuersatz) zur Anwendung;
  • Kapitalgesellschaft als Gesellschafter: Hier werden die Entnahmen unter bestimmten Voraussetzungen nach § 8b KStG zu 100 Prozent steuerfrei gestellt, allerdings ist die Besteuerung der sog. Schachtelstrafe zu beachten;
  • die Fremdfinanzierung der Beteiligung auf Gesellschafterebene: In der Mitunternehmerbesteuerung können Finanzierungskosten mit den Gewinnen aus der Beteiligung verrechnet werden; bei Option kommt eine Verrechnung nicht mehr mit Gewinnen auf Ebene der Gesellschaft in Betracht, die Verrechnung auf Gesellschafterebene (Besteuerung der Entnahmen) hängt vom anzuwendenden Besteuerungskonzept ab und kann eingeschränkt sein (Abgeltungssteuer mit Optionsmöglichkeiten, Teileinkünfteverfahren oder Schachtelfreistellung).

 

Deswegen: Rechnen und gestalten Sie selbst, was Ihnen das Optionsmodell bringen kann, wir unterstützen Sie gern. 

 

 

[1] Es handelt sich um eine Nominalwertbetrachtung. Je länger die Thesaurierung der Gewinnanteile währt und damit die Besteuerung einer Entnahme in die Zukunft verschoben wird, desto weniger belastend wirkt sie aus Sicht des Zeitpunkts der Gewinnerzielung. Diesen Effekt könnte man durch den Einbezug von Zinsen und Betrachtung der Barwerte von Steuerzahlungen berücksichtigen, worauf wir aus Vereinfachungsgründen hier verzichtet haben.
[2] Gemeint ist der Durchschnittssteuersatz.

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