Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung – Auswirkungen auf die Versorger

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​veröffentlicht am 16. Juni 2020


Am vergangenen Mittwoch hat die große Koalition ihre Wasserstoffstrategie vorgestellt. Der aufgrund seiner hohen Verfügbarkeit, Flexibilität und Energiedichte im Fokus stehende Brennstoff gilt als unverzichtbar für die Umsetzung der Energiewende, jedoch ist es bis zur breiten Praxisanwendung noch ein langer Weg. Die Wasserstoffstrategie soll in Form von 38 Maßnahmen wesentliche Anwendungshürden identifizieren und abbauen, Investitionsanreize setzen und auf breiter Front Forschung ermöglichen um letztlich Deutschland zu einem Weltmarktführer im Bereich der Erzeugung, des Transportes und der Nutzung von Wasserstoff zu machen.

 

Mit mehreren Monaten Verspätung hat die Bundesregierung in der vergangenen Woche die nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. Darin enthalten sind Ziele und Maßnahmen, wie der Wasserstofftechnologie eine zentrale Rolle in der Dekarbonisierungsstrategie zukommen kann. Konkret zielt der Beschluss darauf ab, Deutschland als Weltmarktführer für Wasserstofftechnologie zu etablieren. Zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie wird mittels dem neu zu gründenden „Wasserstoffrat” eine neue Governance-Struktur geschaffen. Der Erzeugung und Nutzung sowie der Verteilung wird dabei die Bedeutung einer Schlüsseltechnologie für die Energiewende zuteil, in welcher Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen soll.

 

 

Je nach Ursprung erhält Wasserstoff einen unterschiedlichen Namen. Die Farben in der Bezeichnung geben dabei eine Auskunft über die Art der Produktion:
Grauer Wasserstoff: Basiert auf dem Einsatz fossiler Kohlenwasserstoffe. Maßgeblich für die Produktion ist die Dampfreformierung. Seine Erzeugung ist – abhängig vom eingesetzten fossilen Ausgangsstoff – mit erheblichen CO2-Emissionen verbunden.
Blauer Wasserstoff: Bezeichnet Wasserstoff, dessen Erzeugung mit CO2-Abscheidungs- und –Speicherungsverfahren gekoppelt wird. Das erzeugte CO2 gelangt somit nicht in die Atmosphäre und die Produktion kann somit als CO2-neutral betrachtet werden.
Grüner Wasserstoff: Wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei für die Elektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbarer Energie zum Einsatz kommt. Unabhängig von der gewählten Elektrolysetechnologie erfolgt die Produktion somit CO2-frei.
Türkiser Wasserstoff: Bezeichnet Wasserstoff, der über die thermische Spaltung von Methan hergestellt wird. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff. Voraussetzungen für die CO2- Neutralität des Verfahrens sind die Wärmeversorgung des Hochtemperaturreaktors aus erneuerbaren oder CO2-neutralen Energiequellen sowie die dauerhafte Bindung des Kohlenstoffs.

 


Bereits heute ist Wasserstoff in verschiedenen chemischen und industriellen Prozessen unabdingbar. Die hierbei genutzte Energiemenge von rund 55 TWh basiert dabei weiterstgehend auf fossilen Erzeugnissen. Lediglich 7 Prozent des Bedarfs werden aktuell über Elektrolyseverfahren gedeckt. In den Sektoren Elektrizität, Wärme und Verkehr spielt der Energieträger aktuell eine noch untergeordnete Rolle. Vor dem Hintergrund des Übereinkommens von Paris und dem Bekenntnis der Bundesregierung zum Ziel der Treibhausgasneutralität 2050 sind hierbei jedoch weitreichende Entwicklungen zu erwarten. Der Aktionsplan der Bundesregierung teilt die Entwicklung des Wasserstoffmarktes in zwei Phasen. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 erfolgt der Markthochlauf, zwischen 2023 und 2030 die Stärkung dessen.


Die konkreten Ziele sind dabei unter anderem die Entwicklung eines Heimatmarktes für Wasserstofftechnologie. Hierzu soll bis zum Jahr 2030 Elektrolyseurleistung von 5 GW und bis spätestens 2040 10 GW installiert werden. Da dies allerdings nicht zur Deckung des Bedarfs ausreichen wird, bleibt der Import zwingend erforderlich.


Importe und die Entwicklung von Absatzmärkten für Wasserstoff und seine Folgeprodukte setzen die Entwicklung und Verfügbarkeit einer entsprechenden Transport- und Verteilinfrastruktur voraus. Hierzu plant die Bundesregierung den regulatorischen Rahmen und die technischen Gegebenheiten für die Gasinfrastruktur auf ihren Anpassungsbedarf zu überprüfen und weiterzuentwickeln.


Im Verkehrssektor soll Wasserstoff langfristig eine Alternative in Anwendungsbereichen, die für Elektromobilität nicht sinnvoll oder technisch nicht machbar sind, darstellen und auch im Wärmebereich sieht der Beschluss zukunftspotential für die Technologie.


Das zentrale Instrument zur Umsetzung und Überwachung der Ziele bildet der nationale Wasserstoffrat.

 

Aktionsplan des Beschlusses

Wie bereits erwähnt gliedert sich der Aktionsplan in zwei Phasen. Die konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Ziele teilen sich dabei in 38 Punkte auf, die für Versorgungsbetriebe teils mehr und teils weniger relevant sind. Die in unseren Augen wichtigsten Punkte sind die folgenden:

 

  • Maßnahme 1 - Verbesserte Rahmenbedingungen: Neben der Einführung des BEHGs und der Senkung der EEG-Umlage im Rahmen des kürzlich veröffentlichten Konjunkturpakets plant die Bunderegierung weitere Reformen der staatlich induzierten Preisbestandteile zu prüfen, ob diese für die Erzeugung von Wasserstoff nicht ganz oder Teilweise entfallen könnten.
  • Maßnahme 2 – Neue Geschäfts- und Kooperationsmodelle: Ansätze, bei denen eine signifikante Netzentlastung zu angemessen Preisen gewährleistet ist, sollen im Rahmen von ein bis zwei Modellprojekten getestet und gefördert werden. 
  • Maßnahme 5 – Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtlinie: Eine zeitnahe und ambitionierte Umsetzung der RED II soll den Einsatz von grünem Wasserstoff bei der Kraftstoffherstellung und als Alternative zu konventionellen Kraftstoffen verankern. Zudem soll eine einheitliche Berechnungsmethodik zur Bestimmung von CO2-Faktoren für Energieträger im europäischen und weltweiten Handel entwickelt werden. 
  • Maßnahme 6 - Fördermaßnahme im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie: Zur Marktaktivierung werden umfangreiche Zuschüsse zur Unterstützung von Investitionen im Wasserstoffbereich, sowie für Forschung und Entwicklung und für Modellregionen bereitgestellt.
  • Maßnahme 8 – Aufbau bedarfsgerechter Tankinfrastruktur: Für den Aufbau einer bedarfsgerechten Tankinfrastruktur für ÖPNV, Schienen- und Schwerlastverkehr sollen Fördermittel bereit gestellt und Konzepte entwickelt werden, die den Aufbau von Wasserstofftankstellen ermöglichen und koordinieren.
  • Maßnahme 18 – Förderprogramm zur Anschaffung von Brennstoffzellenheizgeräten: Die bestehende Förderung von Brennstoffzellenheizgeräten soll weitergeführt und ausgebaut werden.
  • Maßnahme 19 – Förderung von Wasserstoff-readiness-Anlagen: Die Bundesregierung prüft, ob insbesondere KWK-Anlagen, die auf Wasserstoff umgestellt werden können besonders gefördert werden sollen.
  • Maßnahme 20 – Feststellung des Handlungsbedarfs im Bereich Infrastruktur: Im Rahmen eines Berichtes sollen die langfristigen Handlungsbedarfe für den Transformationsprozess der Gasinfrastruktur ermittelt werden. 
  • Maßnahme 21 – Verzahnung von Strom-, Wärme-, und Gasinfrastruktur: Es soll die Sektorkopplung und der hierfür erforderliche Rahmen entwickelt werden (Studie bereits in Arbeit 2.HJ 2020)
  • Maßnahme 25 – Forschungsoffensive „Wasserstofftechnologie 2030”: Mit Reallaboren, Modellregionen, Machbarkeitsstudien, Netzwerkgründungen, Potentialatlanten und weiteren großangelegten Forschungsvorhaben soll die Wasserstoffnutzung in aller Breite weiter erforscht und entwickelt werden.
     

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die nationale Wasserstoffstrategie durchaus geeignet ist, die Grundlagen zu schaffen, der Wasserstoffnutzung zum Durchbruch zu verhelfen. An den meisten Stellen ist die Maßnahmenformulierung noch vage und unkonkret – die Werkzeuge und das Volumen mit welchen die Ziele erreicht werden sollen, sind jedoch beachtenswert. Stadtwerke und Energieversorger sollten daher die neuen Entwicklungen genauestens analysieren und die Auswirkungen auf die eigenen Geschäftsfelder prüfen.

 

 

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