Brennstoffemissionshandel: Regierungsbeschluss zur Carbon-Leakage-Verordnung beseitigt Hürden für Contracting- und Fernwärmeversorgung

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​veröffentlicht am 13. April 2021

 

Mit dem Beschluss der Bundesregierung zur Carbon-Leakage-Verordnung befindet sich das für energieintensive Produktionsunternehmen und deren Energieversorger wichtige Verordnungsgebungsverfahren zur Entlastung von den Kosten des BEHG auf der Zielgeraden. Dabei kommt auf die Branche ein weiteres – teilweise mit der Strompreiskompensationsbeihilfe und der besonderen Ausgleichsregelung des EEG vergleichbares – Entlastungsverfahren hinzu. Immerhin konnte durch die Berücksichtigung von Wärmelieferungen von Contracting- und Fernwärmeversorgungsunternehmen bei der Ermittlung der Beihilfenhöhe eine dem Dekarbonisierungsziel des BEHG widersprechende Benachteiligung der Wärmeversorgung ausgeräumt werden.

 

Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wurde die CO2-Bepreisung in Deutschland durch ein nationales Emissionshandelssystem auf bisher nicht erfasste Branchen, insbesondere auf den Wärme- und Verkehrssektor, ausgedehnt. Danach werden alle fossilen Brennstoffe mit den Kosten der Emissionszertifikate belastet. Die hiermit verbundenen Kostensteigerungen führen im internationalen Wettbewerb zur Verdrängung oder Abwanderung besonders betroffener energieintensiver Unternehmen (sog. „Carbon-Leakage”). Das BEHG sieht deshalb eine Verordnungsermächtigung vor (§ 11 Abs. 3 BEHG), um Regelungen zur Entlastung der Carbon-Leakage-gefährdeten Unternehmen zu treffen.

 

Verordnungsgebungsverfahren auf der Zielgeraden

Die Bundesregierung hat nach einer umfassenden Anhörung der beteiligten Kreise zum Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums vom 10.02.2021 am 31. März 2021 die „Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel” beschlossen (BT-Drucksache 19/28163). Die Carbon-Leakage-Verordnung (CLVO) bedarf zum Inkrafttreten noch der Zustimmung durch den Deutschen Bundestag. Soweit dieser sich nicht innerhalb von sechs Sitzungswochen mit ihr befasst, gilt die Zustimmung jedoch als erteilt.

 

Zudem darf die Bundesregierung die Verordnung wegen ihres Beihilfecharakters erst nach Genehmigung durch die Europäische Kommission anwenden. Gleichwohl befindet sich das Verordnungsgebungsverfahren mit dem Regierungsbeschluss auf der Zielgeraden, sodass trotz der erheblichen Kritik der Verbände und Bundesländer im Anhörungsverfahren, der die Bundesregierung nur teilweise Rechnung getragen hat, weitere inhaltliche Veränderungen eher unwahrscheinlich sind.

 

Neues Entlastungsverfahren für energieintensive Unternehmen

Mit der Carbon-Leakage-Verordnung wird energiekostenintensiven Unternehmen vergleichbar mit der Stromkostenkompensation ein Anspruch auf eine Beihilfe gewährt, mit dem die Kostenbelastungen aus dem BEHG nachträglich ausgeglichen werden sollen. Voraussetzung ist zunächst die Zugehörigkeit zu einer energieintensiven Branche, die im Anhang 1 zur CLVO aufgelistet sind. Darüber hinaus muss das Unternehmen für eine Entlastung von mehr als 60 Prozent in der Regel nachweisen, dass es einen je nach Branche und Umfang der Entlastung unterschiedlichen Emissionsintensitätsschwellenwert überschreitet. Dabei wird die Emissionskostenintensität aus dem Verhältnis der Emissionsmenge zur Bruttowertschöpfung ermittelt. Ähnlich wie bei der Besonderen Ausgleichsregelung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) ist die Emissionskostenintensität durch einen Wirtschaftsprüfer zu bescheinigen.

 

Der Umfang der Entlastung (sog. „Kompensationsgrad”) ist wiederum nach Branche und Emissionsintensität unterschiedlich. Als Grundentlastung sieht die Carbon-Leakage-Verordnung jetzt eine alleine an die Branchenzugehörigkeit geknüpfte Entlastung von 60 Prozent der BEHG-Kosten vor. Gelingt dagegen der Nachweis der Überschreitung des je nach Branche unterschiedlichen Emissionskostenschwellenwerts, besteht in der Regel ein Anspruch auf je nach Branche unterschiedlicher Entlastung von 65 Prozent bis zu 90 Prozent der BEHG-Kosten. Besonders emissionskostenintensive Unternehmen können schließlich – branchenunabhängig - sogar eine Entlastung von 95 Prozent der BEHG-Kosten in Anspruch nehmen.

 

Grundsätzlich wäre es zur Ermittlung der BEHG-Kosten vor allem in der Festpreisphase wohl einfacher und transparenter gewesen, Brennstofflieferanten zur Ausweisung des BEHG-Preisaufschlags zu verpflichten. Da dies jedoch dem handelssystemtypischen Erfordernis von Gewinnchancen und -Risiken aus einer Emissionspreisfestsetzung widersprochen hätte, sieht die Carbon-Leakage-Verordnung eine Ermittlung hypothetischer BEHG-Kosten auf der Grundlage der Brennstoffmenge, eines brennstoffspezifischen Emissionsfaktors für typische CO2-Emissionen beim Verbrauch des Brennstoffs (sog. „Brennstoff-Benchmark”) und einem durchschnittlichen Emissionszertifikatepreis vor.

 

Schließlich ist die Gewährung der Carbon-Leakage-Beihilfe mit der Auflage verbunden, ein Energiemanagementsystem zu betreiben und bestimmte Anteile der Beihilfe für Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. Dabei sind sowohl Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz (z.B. Energieeinsparung durch Kraft-Wärme-Kopplung) als auch Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Produktionsprozesses (z.B. durch regenerative Eigenstromerzeugung) geeignet, um die Mindestinvestitionsvorgaben von 50 Prozent des gewährten Beihilfebetrags (2023 und 2024) bzw. 80 Prozent des gewährten Beihilfebetrags ab 2025 zu erfüllen. Die Erfüllung dieser Auflagen ist durch eine Bestätigung des Zertifizierers des Energiemanagementsystems nachzuweisen.

 

Anträge auf Gewährung der Carbon-Leakage-Beihilfe sind jeweils bis zum 30. Juni des auf die Abrechnung der Jahre 2021 bis 2030 folgenden Jahres bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHST) als zuständige Behörde zu stellen. Damit müssen beihilfefähige Unternehmen erstmals bis zum 30.06.2022 einen Antrag zur rückwirkenden Entlastung für das Jahr 2021 stellen.

 

Hürden für Wärmeversorgung beseitigt ?

Immerhin hat die Bundesregierung mit der aktuellen Fassung der Carbon-Leakage-Verordnung die Benachteiligung der Wärmeversorgung beseitigt. Bisher konnten energiekostenintensive Unternehmen nur für die von ihnen selber eingesetzten Brennstoffe eine Beihilfe zur Entlastung beantragen. Die Belieferung durch ein Contractingunternehmen als Betreiber einer Erzeugungsanlage oder durch einen Fernwärmeversorgungsunternehmen aus einem Fernwärmenetz wäre danach für beihilfeberechtigte Unternehmen unwirtschaftlich geworden.

 

Die Carbon-Leakage-Verordnung sieht deshalb jetzt ausdrücklich die Anrechenbarkeit des Bezugs von Wärme vor, soweit sie mit BEHG-Kosten belastet ist (sog. „importierte Wärme”). Zur Ermittlung der hypothetischen BEHG-Kosten stellt sie einen eigenen Emissionsfaktor für typische Wärmeerzeugungsanlagen (sog. „Wärme-Benchmark”) zur Verfügung. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nur die zur Herstellung von Produkten des beihilfeberechtigten Unternehmens verwendete Wärme beihilfeberechtigt ist. Dies umfasst nach Auffassung des Verordnungsgebers zwar auch die Beheizung von Produktionsräumen, nicht aber die Verwendung für Tätigkeiten oder Unternehmensbereiche, die nicht dem beihilfefähigen Sektor zuzurechnen sind. Insofern müssten Wärmelieferanten eine Erfassung nach Zweck der Wärmeverwendung sicherstellen.

 

Damit kündigt sich auch hier ein – wie bei der sog. „Drittmengenabgrenzung” für die EEG-Umlagebefreiung - vollkommen unverhältnismäßiger Aufwand an. Insofern bleibt zu hoffen, dass die DEHST in ihrer Verwaltungspraxis keine vergleichbar hohen bürokratische Anforderungen an die Carbon-Leakage-Kompensation stellen wird. Jedenfalls müssen Wärmelieferanten beihilfeberechtigten Unternehmen die entlastungsfähigen Wärmemengen bestätigen.

 

 

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