Ergebnisse des Fernwärme-Benchmarkings 2024 (Teil 1): Dekarbonisierung und wirtschaftliche Herausforderungen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 25. Juni 2025


Ambitionierte Klimaziele, hohe Energiepreise und wachsende regulatorische Anforderungen stellen die Fernwärmebranche vor tiefgreifende Herausforderungen. Das Fernwärme Benchmarking 2024 (Daten des Jahres 2023) liefert Einblicke in die Erzeugungsstruktur, wirtschaftliche Entwicklungen und die Herausforderungen bei der Preisgestaltung mit starker Aussagekraft.


Rödl & Partner bietet ein umfassendes Fernwärme-Benchmarking für Fernwärmeversorger an. Ziel des Benchmarkings ist es, den teilnehmenden Unternehmen durch einen anonymisierten Vergleich mit anderen, vergleichbaren Versorgern konkrete Hinweise auf wirtschaftliches, technisches und rechtliches Optimierungspotenzial zu geben. Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Herausforderungen im Fernwärmemarkt gewinnt ein fundiertes Benchmarking weiter an Relevanz. Eine Teilnahme am Benchmarking von Rödl & Partner ermöglicht es Fernwärmeversorgern, sich proaktiv auf aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen einzustellen und potenzielle Risiken frühzeitig zu adressieren.


Der vorliegende Artikel beleuchtet zunächst zentrale Ergebnisse des Fernwärme Benchmarkings 2024 zur Entwicklung der Erzeugungsstruktur, wirtschaftlichen Lage und branchenweiten Herausforderungen insbesondere im Bereich der Preisgestaltung. Im Anschluss folgt Teil 2 des Ergebnisberichts mit den Schwerpunkten Transformation, Digitalisierung sowie Handlungsempfehlungen für die strategische Planung.

Energieträger und Erneuerbare Energien

​Die Analyse der eingesetzten Energieträger zeigt, dass Erdgas weiterhin der dominierende Energieträger in den teilnehmenden Wärmenetzen ist. In der aktuellen Benchmarking-Runde weist die Hälfte der teilnehmenden Netze einen Erdgasanteil von über 90 % auf. Der Mittelwert liegt bei knapp 70 %. An zweiter Stelle folgt Biomasse, die in vielen Netzen als ergänzender oder alternativer Energieträger eingesetzt wird. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass trotz politischer Zielsetzungen und rechtlicher Vorgaben zur Dekarbonisierung der Wärmesektor in der Praxis, bei der Transformation weg von fossilen Energieträgern, erst am Anfang steht.

Die Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energien in den Wärmenetzen zeigt einen positiven Trend, allerdings mit deutlichen strukturellen Auffälligkeiten. Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche EE-Anteil bei 36 %, was einen klaren Anstieg gegenüber den Markterhebungen in den Vorjahren darstellt. So wurde beispielsweise im Jahr 2020 nur ein Anteil von 20 % mit regenerativen Quellen gedeckt. Dennoch zeigt Abbildung 1, dass die Kategorie mit dem niedrigsten EE-Anteil (0–5 %) weiterhin am stärksten vertreten ist, gefolgt von der höchsten Kategorie (75–100 %). Diese Daten zeigen die Tendenz zu einer dichotomen Verteilung auf. Viele Netze sind entweder noch stark fossil geprägt oder bereits weitgehend erneuerbar – ein „Mittelweg“ ist selten.



Abbildung 1: Anteil Erneuerbarer Energien

Die Daten zur Fernwärmeerzeugung passen zu den Daten der Transparenzplattform, welche bereits in einem früheren Artikel erörtert wurden (siehe hier).

Unter der Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, die sich aus §29 des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) ergeben, zeigt sich bei der Dekarbonisierung der Wärmenetze noch klarer Handlungsbedarf. Der im WPG vorgeschriebene Anteil von 30 % erneuerbarer Energien oder Abwärme bis zum Jahr 2030, wird aktuell lediglich von einem Drittel der Wärmenetzbetreiber erfüllt.

Entwicklung der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen

​Seit 2020 verzeichnen die Wärmemischpreise einen anhaltenden Anstieg und erreichen im Datenjahr 2023 einen vorläufigen Höchstwert. In der im Juli startenden Benchmarking-Runde 2025 wird sich zeigen, ob sich diese Entwicklung auch in der Datenerhebung zum Jahr 2024 bestätigt.

Dabei ist nicht nur ein genereller Anstieg der Durchschnittspreise zu beobachten, sondern auch eine signifikant zunehmende Streuung. Die Spannweite zwischen den niedrigsten und höchsten Wärmemischpreisen ist deutlich größer geworden, was auf eine zunehmend heterogene Preisstruktur im Markt hindeutet (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Entwic​klung sowie Verteilung der Wärmemischpreise

Ein wesentlicher Treiber für den Kostenanstieg ist die massive Kostensteigerung beim Kauf des Brennstoffs Erdgas (siehe Abbildung 3). Eine statistische Auswertung zeigt zudem eine negative Korrelation zwischen der eingesetzten Brennstoffmenge und den spezifischen Kosten für Erdgas. Somit sind insbesondere kleinere Wärmenetze überproportional von den Preissteigerungen betroffen.

Abbildung 3: Verteilung d​er Erdgaspreise

Im Vergleich dazu überzeugen Netze mit einem höheren Anteil erneuerbarer Energien – insbesondere bei Nutzung von Biomasse – mit deutlich geringeren Endkundenpreissteigerungen und steigern damit in diesem Jahr die Wettbewerbsfähigkeit. Biomasse weist im Mittel ein signifikant niedrigeres Kostenniveau auf und trägt somit zur Stabilisierung der Wärmepreise bei.

Die Weitergabe der stark gestiegenen Beschaffungskosten im Erdgasbereich erfolgt im Betrachtungsjahr flächendeckend über Preisgleitklauseln. Zentrale Bedeutung hat hier, dass der gewählte Erdgasindex der tatsächlichen Beschaffung von Erdgas entspricht (siehe auch hier).

Die Analyse der fixen und variablen Kosten- und Erlösanteile im Rahmen des Benchmarkings zeigt, dass bei einigen Teilnehmenden Beschaffung und Index sowohl bei den Grundpreis- als auch bei den Arbeitspreisgleitformeln oft nicht zusammenpasst. Während die durchschnittliche Kostendeckung der fixen Kosten leicht negativ ausfiel, fällt auch hier eine große Spannbreite der Extremwerte auf. In einzelnen Fällen wurden die fixen Kosten zu über 100 % gedeckt, während andere Netze eine Unterdeckung von fast 70 % verzeichneten.

Bei den variablen Kosten lag der Durchschnittswert des Kostendeckungsgrades bei nur etwas über 40 %, wobei auch hier eine große Spannweite der Ausreißer von einer Unterdeckung von rund 55 % bis hin zu einer Überdeckung von 220 % auf dringenden Handlungsbedarf hinweist. Diese starke Streuung zeigt eine Heterogenität der Preisgestaltung auf und verdeutlicht den bei vielen Teilnehmenden bestehenden Optimierungsbedarf beim Abgleich von Beschaffung und Indizes. Gleichzeitig ist im Vergleich zum Vorjahr eine verringerte Spannweite der Whisker und Quartile in den Boxplots festzustellen, was auf einen Trend zur abnehmenden Streuung der Daten hindeutet (siehe Abbildung 4). Die Einzelanalyse zeigt allerdings, dass eine deutliche Kostenunterdeckung im Vorjahr durch eine Kostenüberdeckung im Folgejahr teilweise ausgeglichen wurde und umgekehrt. Auch dies verdeutlicht, dass Beschaffung und Index nicht angemessen korrelieren. Die Reduktion der Varianz in diesem Jahr ist allerdings ein positives Indiz für eine Normalisierung der Energiemärkte nach der Energiekrise und weist auf entsprechende Anpassungen der teilnehmenden Unternehmen hin.

Abbildung 4: Deckungsgrad der variablen Kosten

Insgesamt machen die variablen Anteile im Durchschnitt einen größeren Anteil sowohl bei den Kosten als auch den Erlösen aus, wobei die Differenz bei den Erlösen noch ausgeprägter ist (siehe Abbildung 5). Im Vergleich zu früheren Analysen ist die Verteilung des fixen und variablen Anteils bei den Kosten annäher​nd konstant, während der variable Anteil bei den Erlösen um mehr als 10 % gestiegen ist. Diese Situation ist bei jenen Netzbetreibern als kritisch zu bewerten, bei denen die fixen Kosten deutlich unterdeckt sind. Hier zeigte die Auswertung der Einzelanalyse häufig eine starke Abweichung zwischen dem Verhältnis von fixen und variablen Kosten im Vergleich zu dem Verhältnis der Einnahmen aus dem Grund- und Arbeitspreis.​


Abbildung 5: Fixe und variable Kosten- und Erlösanteile

Im Rahmen der anstehenden Transformation der Fernwärme wird der Anteil der fixen Kosten weiter steigen. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines Preissystems, das an die tatsächliche Kostenstruktur jetzt und in den nächsten Jahren ausgerichtet ist.

Demnächst beginnt die Datenerhebung für die diesjährige Benchmarking-Runde 2025. Die Datenaufnahme für das Erhebungsjahr 2024 läuft noch bis in den September. Details zur Teilnahme finden Sie auf unserer Website. Die Ergebnisse werden nach Plausibilisierung der Angaben und dem Abschluss der Auswertung jeweils an die Teilnehmenden in Form eines Individualberichts versendet.

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