Auswirkungen des Brexit-Referendums auf M&A-Aktivitäten in Großbritannien: Ein erster Erfahrungsbericht

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Am 23. Juni 2016 haben die Briten sich mehrheitlich für den Austritt Großbritanniens aus der EU entschieden. Neben den politischen Aspekten wirft das Referendum die Frage auf, ob die Entscheidung Einfluss auf die Interessen von Käufern und/oder Verkäufern hat. Sollen begonnene Aktivitäten fortgesetzt oder neue Aktivitäten gestartet werden? Oder sollen sie lieber in eine Wartestellung gebracht werden, um auf die weitere Entwicklung Rücksicht zu nehmen?

In der Tat wurden unmittelbar nach dem Referendum die meisten laufenden Transaktionen zunächst einmal auf „Hold” gestellt, um über mögliche Konsequenzen nachzudenken. Es mussten Chancen und Risiken abgewogen werden, denn das Ergebnis war offensichtlich für (fast) alle Beteiligten – insbesondere auch auf britischer Seite – unerwartet.

Nach der Denkpause wurden die meisten Transaktionen fortgesetzt. Dabei waren die Gründe für den Transaktionsbeginn mit entscheidend. Europäische Unternehmen sahen in den UK-Targets entweder gute Ergänzungen für ihr Gruppen-Portfolio, wollten Wettbewerber aus dem lokalen UK-Markt nehmen oder einen besseren Zugang zum UK-Markt erzielen. Diese Motivationsfaktoren haben sich auch aufgrund der Brexit-Entscheidung unmittelbar nicht geändert. Der Einbruch des britischen Pfunds hat zudem Unternehmen in Großritannien wesentlich günstiger werden lassen, sodass kurzfristig sogar ein positiver Effekt besteht. Mit Blick auf eine langfristige Entwicklung war auch das aus M&A-Sicht positive Argument hörbar, dass die Aktivitäten aus Europa sich verstärken werden. Denn im Falle eines tatsächlichen Brexits sei wegen möglicher Handelsbeschränkungen davon auszugehen, dass es umso wichtiger ist, eine eigenständige lokale Vertretung in Großbritannien zu haben. Bei Unternehmen, die ihren Hauptsitz außerhalb der EU haben, ist eine deutliche Zurückhaltung spürbar – insbesondere bei US-amerikanischen und japanischen Unternehmen. Aufgrund der Tatsache, dass sie Großbritannien oft als relativ einfaches Sprungbrett in die EU betrachten, kommt nun eine elementare Bestandsaufnahme hinzu, ob das Land diesen wesentlichen Zweck erfüllen kann. In diesem Zusammenhang erfolgten daher bereits mehrere Ankündigungen von Unternehmen, ihre Infrastruktur in Großbritannien nicht auszuweiten oder Alternativen in Europa zu prüfen.

Konsequenzen hat es aber auch bei den fortgeführten M&A-Aktivitäten gegeben. In nahezu allen Transaktionen gibt es zusätzliche Regelungen über die künftige Ergebnis- und damit Wertentwicklung des UK-Unternehmens, die wiederum den aktuellen Kaufpreis beeinflussen. Hier reichen die Folgen von Formeln für Eventualentwicklungen und entsprechende – zunächst hypothetische – Anpassungen des Kaufpreises bis hin zu bereits jetzt angenommenen Korrekturen der Kaufpreisberechnung. Dabei ist festzustellen, dass in allen Fällen eine eventuelle Korrektur nach unten berücksichtigt wurde. Eine Vorsorge für eine durch den Brexit verursachte überdimensional verbesserte Entwicklung des UK-Targets gab es nicht oder wurde zwar aufgenommen, aber als unrealistisch eingestuft. Die Umsetzung zur Regelung der Zukunftsentwicklung wurde oft im Rahmen von Earn-Out-Regelungen getroffen, wenn es sich um eigentümergeführte Unternehmen handelte, bei denen die Verkäufer weiterhin im Unternehmen tätig sind. In anderen Fällen wurde der Einbehalt großzügiger berechnet und künftige Auszahlungen von den Ergebnissen des UK-Targets abhängig gemacht.

Für die Beurteilung, ob eine Akquisitionstätigkeit mittel- und langfristig abnehmen wird, ist es derzeit wohl noch zu früh. Hier wird die Entwicklung in den kommenden Monaten mit Spannung erwartet. Viel wird sicherlich auch davon abhängen, welche Signale von beiden Seiten des Kanals zu einer künftigen Einigung einer Zusammenarbeit ausgesandt werden.
 
zuletzt aktualisiert am 21.09.2016

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Jan Eberhardt

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